Das Meisterwerk einer Morgartenführung

Dies & Das

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Tief prägte sich die Morgartenführung Roland Martys ein, ohne dass der historische Fundus hintanstehen musste – ein bühnenreifer Auftritt für das Geschichtsbuch.

Morgarten – Die 1501 erstmals genannte, 1603 neu gebaute und 1865 um eine Vorhalle erweiterte Schlachtkapelle auf der Schornen mit Abbildungen der 14 Nothelfer sowie Wandbildern des Goldauer Künstlers Hans Schilter von 1957 eignete sich trefflich als Kulisse für die bildhaften Ausführungen des Experten, welcher voller Herzblut das Zusammenspiel auslösender Faktoren des Morgartenkrieges herausschälte. Zunächst stellte er die Chronisten vor. Abt Peter von Zittau schreibt 1316 in seiner «Königssaaler Chronik» in Böhmen: «Habsburger fielen in Schwyzerland ein und erlitten eine Niederlage.» Abt Johannes von Victring bei Klagenfurt erläutert 1344 sprachmalerisch: «Die Schwyzer kamen wie Steinböcke die Hänge hinunter und bewarfen die Feinde mit Steinen!» Der Franziskaner Johannes von Winterthur ortet 1348 die Schlacht mit 20000 Habsburgern an einem «gewissen Berge beim Egerersee».

Leidenschaftlich führte Marty die geopolitische Situation mit dem «Heiligen Römischen Reich deutscher Nation», dessen Gliedstaaten und den regierenden Königen vor Augen, welche bei Kniefällen und Ländereiversprechungen vor den Päpsten noch zur Kaiserwürde aufzusteigen vermochten! Kaiser Friedrich II. verlieh den Schwyzern für wertvolle Kriegsdienste 1240 das Reichsprivileg mit ausschliesslichem Gehorsam ihm gegenüber unter Ausschaltung von Grundherren. Das leitet über zu Faktor 1, dem Thronstreit. 1313 starb Kaiser Heinrich VII., ein Luxemburger, worauf die Kurfürsten mit dem Wittelsbacher Ludwig dem Bayern (4 Stimmen) und dem Habsburger Friedrich dem Schönen (3 Stimmen) eine Doppelwahl vornahmen. Die Schwyzer unterstützten den Bayern, was die Habsburger erzürnte. Faktor 2 stellte der Marchenstreit dar: Die Veränderungen in der Landwirtschaft Richtung Grossviehhaltung erforderten mehr Weideflächen, was die Schwyzer in einen Dauerkonflikt mit dem Kloster Einsiedeln verwickelte, kulminierend 1314 in einem brutalen Überfall auf den Konvent, welcher unter dem Schutz der Habsburger stand. Als rechtmässiger Schirmherr sah sich aber ebenso Graf Werner von Homberg, Sohn des 2. Ehegatten der Elisabeth von Rapperswil, die zuvor einen Habsburger geheiratet hatte. Homberg rief, Faktor 3 = Adelsstreit, die ihm von ennetbirgischen Feldzügen her bestens geläufigen Schwyzer zu Hilfe, um die Konkurrenz «Habsburg» abzuweisen.

Theatralisch inszeniert

Mit unnachahmlicher Theatralik inszenierte Roland Marty den mutmasslichen Schlachtverlauf: Das Ritterheer Herzog Leopolds mit gut 3000 Mann, worunter ein Drittel Adelige, geriet zu Füssen der Figlenfluh im Hohlweg Richtung Schafstetten in einen Engpass. Marty wörtlich: «Wie ein Schwarm Hornissen stürzten sich die kampferprobten Bauern in Hirtenhemden und mit Fusseisen mit wildem Geschrei von oben herab auf die in 30 kg schweren Panzerhemden reitenden Feinde, scheuchten mit Steinen die Pferde auf und hieben mit Halbarten, Schwertern und Dolchen so gründlich auf die Ritter ein, bis diese wie Käfer auf dem Boden lagen!» Dem hinteren Teil mit dem Herzog gelang durch sumpfiges Gelände die Flucht; die Wahl dieser Route bedingte nicht zuletzt der gegenüber heute gut 2 m höhere Pegelstand des Ägerisees. Die unsichere Anzahl Gefallener beziffert Marty auf 500 bis 1000 bei den Habsburgern, deutlich weniger bei den Schwyzern. Als Folge siegelten die Sieger am 9. Dezember 1315 ein Bündnis mit Uri und Unterwalden in Brunnen. Den Waffenstillstand mit Habsburg schlossen alle 3 Orte erst 1318. Der Kenner verabsäumte auch nicht, den «+100-jährigen Morgartenkrieg zwischen Schwyz und Zug» Revue passieren zu lassen, endend mit der gemeinschaftlichen Begehung der 700-Jahr-Feier und dem Sattler Gemeindeschreiber Pirmin Moser als entscheidende Friedensfigur.

Frisches Informationszentrum

In der etwas angejahrten Tonbildschau im benachbarten Schwyzer Bauernhaus von 1819, seit der durchgreifenden Renovation von 1994/95 Morgartenhaus genannt, verfestigten sich teils gewonnene Erkenntnisse, zu anderen wartete Roland Marty mit einschlägigen Korrekturen auf. Zuletzt öffnete er noch das knallfrische Informationszentrum mit Objekten und Installationen mit einem Schwerpunkt «Gedenkkultur», so mit Kurzfilmen, etwa jenem von der Gruppe betrachteten über die geistige Landesverteidigung und deren glühendstem Verfechter, Bundesrat Rudolf Minger. Der tief ergriffene Präsident des organisierenden Vereins für aktive Senioren des Kantons Zug, Ernst Merz, beglückwünschte namens sämtlicher Teilnehmenden den «richtigen Eidgenossen Roland Marty» ganz herzlich zu dessen «aufschlussreicher und fesselnder Geschichtslektion».

Jürg Johner, Aktive Senioren Zug