«Mich spricht dieses Verlebte und Melancholische an»
Kunst & Baukultur
Im Rahmen einer Ausstellung zum Thema Street-Food zeigt Jürgen Birchler seine Werke. Der Fotograf weicht dabei von seiner Linie ab.
Zug – Jürgen Birchler ist in der Stadt Zug wohl alles andere als ein Unbekannter. Mit Fotografie würden ihn aber die Mehrheit der Leute nicht in Verbindung bringen. Jürgen Birchler ist Inhaber des Blumengeschäfts Belle Fleur am Kolinplatz. Dass er auch eine Leidenschaft für Bilder hegt, hat er dank der Pflanzen festgestellt. «Ich habe vor etwa sechs Jahren mal ein Fotoshooting des Fotografen Patrizio di Renzo als Blumenexperte begleitet», erinnert sich Birchler. Das sei die Initialzündung gewesen. Als dann vor fünf Jahren noch ein in Vergessenheit geratenes Sparkonto aufgetaucht sei, war der Fall klar. «Ich habe mich entschieden, einen Teil des Geldes in eine richtig gute Spiegelreflexkamera zu investieren. Seither ist die Fotografie meine grosse Leidenschaft», berichtet der Stadtzuger weiter.
Blüten erhalten Persönlichkeit
Inzwischen hat sich Birchler einen Grossteil des fotografischen Handwerks selbst beigebracht «mittels Tutorials und mit ganz viel Ausprobieren», wie er berichtet. Dabei ist er seiner grossen Leidenschaft treu geblieben. Denn Birchler fotografiert in erster Linie Blüten – und zwar solche, die schon leicht welk sind. «Ich finde die Veränderungen, die Blumen und Blüten durchleben, sehr interessant», begründet er die Wahl seiner Motive. Dabei lichtet er sie immer auf einem schwarzen Hintergrund ab, wodurch die Fotos wie ein Stillleben wirken. «Die Blüten erhalten in den Bildern fast schon eine Persönlichkeit und wirken irgendwie abstrakt. Sie haben mit einer klassischen Blume nur noch wenig zu tun», erklärt der 59-Jährige.
Als sei gerade gegessen worden
Ausgestellt hat der leidenschaftliche Fotograf seine Werke bisher in Zuger Galerien sowie an der «Photo 14» und der «Photo 15», einer grossen Ausstellung in Zürich, bei der rund 130 nationale und vereinzelt internationale Fotografen ihre Werke zeigen. Und nächste Woche stellt Birchler erneut in Zug aus. Diesmal jedoch werden die Blumen nicht im Fokus stehen. Im Rahmen des Genuss-Film-Festivals, das vom 2. bis 9. Mai in der Stadt Zug stattfindet, wird auf dem Landsgemeindeplatz auch eine Street-Food-Fotoausstellung durchgeführt (siehe Box). Dort zeigen ausgewählte Zuger Fotografen ihre Lieblingsbilder zum Thema Kulinarik. «Als mich die Organisatoren angefragt haben, war ich sehr überrascht und gleichzeitig erfreut», berichtet Birchler. Als man ihm dann das Thema mitgeteilt habe, habe er sofort gewusst, was er dort zeigen wolle. «Ich habe Situationen arrangiert, die so wirken, als habe gerade noch jemand dort gegessen», erklärt er. Zu sehen ist dabei etwa ein fast leerer Teller, auf dem einst ein Frühlingssalat war, oder die Überreste eines Fisches. «Mich spricht dieses etwas Verlebte und Melancholische ähnlich wie bei den Blüten – an. Darum habe ich mich für diese Motive entschieden», erklärt der Fotograf.
Neben Jürgen Birchler stellt auch die Food-Still-Life-Fotografin Tina Sturzenegger ihre Werke aus. Michel Gilgen zeigt eine Serie zu Essen und Trinken in New York, Laurent Burst präsentiert seine Werke über die Wildschweinjagd, und Pit Bühler zeigt eine Serie zur Kirschenernte im Kanton Zug. Birchler freut sich auf die Ausstellung: «Ich bin der einzige Nicht-Profi und bin darum umso gespannter, was mich erwartet.» (Samantha Taylor)
Genuss-Film-Festival
WETTBEWERB. Die Street-Food-Fotoausstellung ist vom 2. bis 9. Mai täglich von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Die Ausstellung wird im Rahmen des Genuss-Film-Festivals auf dem Zuger Landsgemeindeplatz gezeigt. Der Eintritt in das Zelt ist kostenlos. Neben den fünf Fotografen aus dem Kanton Zug Tina Sturzenegger, Michel Gilgen, Laurent Burst, Pit Bühler und Jürgen Birchler – erhalten auch die übrigen Zugerinnen und Zuger sowie andere begeisterte Fotografen die Möglichkeit, ihre Werke zu zeigen. Im Rahmen eines Wettbewerbs können Bilder zum Thema «Essen, Trinken, Genuss» noch während dieser Woche eingeschickt werden. Ausgestellt werden schliesslich die 100 besten Einsendungen. Auf die besten drei warten zudem attraktive Preise. Wer noch ein Bild zum Thema einschicken möchte, der kann dies tun, und zwar per Post an: Blofeld, Genuss-Film-Festival, Alexandra Zumsteg, Langstrasse 94, 8004 Zürich. Ausserdem können die Fotos auch direkt über Facebook hochgeladen werden unter www.facebook.com/Streetfood-Photography. (Redaktion)