Kalter Krieg wird im Museum aufgearbeitet

Brauchtum & Geschichte

,

Im Museum Burg Zug hat Christoph Tschanz eine Sonderausstellung zum Kalten Krieg zusammengestellt.

Zug – Zwei kurzweilige und aussagestarke Stunden schenkte Kurator Christoph Tschanz den Mitgliedern des Historischen Vereins des Kantons Zug mit Rundgang durch die Sonderausstellung «Ernstfall! Die Schweiz im Kalten Krieg» im Museum Burg Zug. Hierbei handelt es sich um eine global wirkende, fundamentale, ideologische Auseinandersetzung zwischen zwei rivalisierenden Lagern unter der Ägide der Supermächte USA und Sowjetunion. Das «Gleichgewicht des Schreckens» prägte auch die schweizerische Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur.

Tschanz und seinem Team gelang es, beide Pole zu thematisieren und deren jeweilige Feindbilder in Rot und Blau zu inszenieren. So stehen sich die Reaktionen der Schweiz auf die atomare Bedrohung unversöhnlich gegenüber: die militärische Aufrüstung, die Modernisierung der Armee, die Errichtung von Zivilschutzunterkünften für die gesamte Bevölkerung, zum andern die sich formierenden neuen sozialen Bewegungen wider starre gesellschaftliche Strukturen sowie die enge Verquickung von Armee, Wirtschaft und Politik, die sich für Frieden und politische Reformen einsetzten.

Christoph Tschanz gebührt das Verdienst eines Pioniers, welcher den Kalten Krieg erstmals landesweit umfassend und facettenreich erforschte und zu einer Schau mit teils raren Objekten, Dokumenten und Hörstationen verarbeitete. Seinen Explorationsdrang begünstigten sicherlich auch Glück und Zufälle; so gelang ihm etwa die Präsentation des Originalpults einschliesslich des Füllfederhalters, womit John F. Kennedy 1963 den Vertrag zum Verbot von Kernwaffenversuchen signierte.

Relikte aus verschiedenen Lagern werden gezeigt

Des Weiteren gibts auch Interessantes zu hören, so die wegweisende Rede Sir Winston Churchills 1946 an der Universität Zürich. Nach dem Ende der archivischen Sperrfristen vermochte der Kurator Dokumente zur Kader- und Ausbildungsorganisation P-26, die «Vorbereitungen für den Widerstand im feindbesetzten Gebiet» traf, zu beschaffen. Hierbei stösst Titus Meier auf Josef Lang, welcher am Tisch einer WG auftritt und über die Revolutionäre Marxistische Liga und die Gesellschaft Schweiz ohne Armee referiert.

Auf der Gegenseite verkörpert ein Luftschutzbunker das Überleben im Atomkrieg. Nichts entgeht Tschanz: Weder die bitterbösen Karikaturen Hans Ulrich Stegers noch Hans von Dachs «Der totale Widerstand – Kleinkriegsanleitung für jedermann», weder der Osteuropa-Handel mit rüstungsrelevanten, verbotenen Gütern via Tarnfirmen noch der Friedensapostel Max Dätwyler auf dem Roten Platz, weder Gustav Dänikers Atomwaffen-Strategien noch die Schmähschriften gegen Friedens- und Nationalrat Hansjörg Braunschweig – und schon gar nicht das Zivilverteidigungsbüchlein, Ernst Cinceras Privatarchiv, Max Frischs Fiche oder Hanspeter Roths «Maiglöggli».

Kalter Krieg wirkt bis in die Gegenwart hinein

Als direkte Auswirkungen des Kalten Kriegs bezeichnet Tschanz den Fall der Berliner Mauer, die «Armee 91», den Zerfall der UdSSR, die aufgekündigte atomare Abrüstung. Denn das Erbe des Kalten Kriegs erkenne man in der Nachkriegsordnung, und dem Ausbruch neuer Rivalitäten, der politischen wie militärischen Neuorientierung, der Stellung Chinas und des politischen Islams.

Für den Historischen Verein des Kantons Zug: Jürg Johner