Wie das Casino einheimisch wurde
Brauchtum & Geschichte
Die Kursaal-Casino AG Luzern feiert ihr 125-Jahr-Jubiläum. Bei der Gründung spielte auch Carl Spitteler eine Rolle.
Zug – Am 24. März 1896 wurde die «Kurhausgesellschaft Luzern», die heutige Kursaal-Casino AG, gegründet. 2021 war die 125- Jahre-Jubiläumsfeier geplant. Sie fiel der Covid-Pandemie zum Opfer und wird jetzt, zwei Jahre später, nachgeholt. Der grosse interne Jubiläumsanlass, unter anderem mit Pepe Lienhard und seinem Orchester, findet am Freitag, 16. Juni, statt.
1982 hat der damalige Alt-Kursaal-Direktor Paul Wyss die Vorgeschichte und den Werdegang des Kursaals Luzern in einer Broschüre anschaulich dargestellt. Demnach wurde der erste Kursaal, der den behördlichen Vorschriften in der Schweiz entsprach, 1859 in Interlaken im Berner Oberland eröffnet.
Ein Kursaal war damals ein Ort, wo in erster Linie musikalische, theatralische und tänzerische Darbietungen stattfanden. Ein angegliederter Spielsalon war – obwohl man auf dessen Reingewinn angewiesen war – nur ein weiteres Glied im Unterhaltungsangebot. Und zwar vor dem Hintergrund, dass das Glücksspiel um Geld politisch umstritten war, da es schwer zu regulieren war.
Zunächst unter französischer Leitung
Bald darauf, so Wyss, entstand auch in Luzern der Wunsch nach einem solchen «zentralen, gesellschaftlichen Unterhaltungspalais, wo sich Kurgäste unter sich, aber auch Einheimische treffen könnten». Die Initiative dazu ging von einheimischen Hotelpionieren aus, darunter Oberst Alphons Pfyffer vom 1870 eröffneten Hotel National und Oscar Hauser vom Hotel Schweizerhof (Eröffnung 1845). Sie blitzten mit ihrer Idee bei potenziellen Geldgebern in Luzern aber ab. Daraufhin fand Pfyffer bei einem Besuch in Paris französische Investoren, die sich bereit erklärten, einen Kursaal in Luzern zu finanzieren.
Anfang 1882 startete der Bau auf einer Liegenschaft östlich des Hotels National, die Pfyffer 1881 von der Einwohnergemeinde Luzern erworben hatte. Das vom französischen Architekten François Higonnet errichtete Gebäude, ein neobarocker Prachtbau nach dem Vorbild der französischen Renaissance, war bereits im Spätherbst 1882 betriebsbereit.
«Oft überbordender Spielsaalbetrieb»
Die ersten zwölf Jahre stand der Kursaal Luzern unter französischer Leitung. Das Veranstaltungsprogramm war beachtlich, mit Stars wie der französischen Schauspielerin Sarah Bernhardt oder der italienischen Tragödin Eleanore Duse. Das Hauptaugenmerk der französischen Pächter galt aber dem Spielsaal, «und bald einmal gehörte das Überschreiten der Maximaleinsätze zur Tagesordnung», schreibt Wyss. Der «oft überbordende Spielsaalbetrieb» habe zu vielerlei Klagen geführt. Weil eine präzise Finanzordnung fehlte, kam es «trotz erheblicher, aber nicht korrekt kontrollierter Spieleinnahmen» zu Defiziten.
Carl Spitteler scharte Investoren um sich
Kein Geringerer als der in Luzern wohnhafte Schweizer Schriftsteller und spätere Nobelpreisträger Carl Spitteler setzte sich massgebend dafür ein, dass der Kursaal Luzern schliesslich in Schweizer Besitz überging. Spitteler scharte Luzerner Investoren um sich, mit denen er 1895 das «Luzerner Konsortium für Erwerb und Reorganisation des Kursaals» gründete. «Wenn einer die Crème der Gesellschaft einlädt, soll er auch dafür sorgen, dass diese nicht sauer wird», schrieb Spitteler in einem viel beachteten Artikel in der «Neuen Zürcher Zeitung» und kritisierte so die Misswirtschaft der französischen Pächter.
Die konstituierende GV der «Kurhausgesellschaft Luzern» 1896 wurde mehrheitlich von Hoteliers, Bank- und Geschäftsleuten beschickt. Erster Verwaltungsratspräsident war Bankier Josef Gut-Schnyder, erster Vizepräsident Schweizerhof-Hotelier Oscar Hauser. Bereits anfang Mai 1896 konnte nach einigen Umbauten die erste Kursaal-Saison unter schweizerischer Flagge gestartet werden. Vorübergehend erhielt das Luzerner Stadttheater, das damals gerade umgebaut wurde, Gastrecht im eben fertiggestellten Kursaal-Theatersaal.
In den Folgejahren war der Kursaal-Betrieb sowohl künstlerisch als auch finanziell erfolgreich. Im Kursaal Luzern traten italienische Sängerinnen und Sänger in Bellini-, Bizet-, Donizetti- und Verdi-Opern auf. Es gab Tanzpantomimen, und in der Sommersaison 1900 begeisterte ein aus Musikern der berühmten Mailänder Scala besetztes Orchester «das stets zahlreiche Auditorium». Neben täglichen Nachmittagskonzerten fand einmal wöchentlich ein grosses Abendkonzert statt.
Konzertbesuch für 40 Rappen
Die Eintrittspreise wirken für heutige Verhältnisse bescheiden: 40 Centimes für Konzerte, 2 bis 4 Franken für Theateraufführungen. Die Gründe für dennoch stets positive Jahresergebnissen waren eine seriöse Betriebsführung, aber natürlich auch die Einnahmen aus dem Spielbetrieb. «Zwischen den einzelnen Programmteilen wurden absichtlich grössere Pausen eingeschaltet und die Gäste zur Teilnahme am Spiel animiert», schreibt Wyss dazu. «Es kam öfter vor, dass ein intensiver Spieler seine ihn begleitende Dame allein zur Programmfortsetzung in den Saal zurückgehen liess, währenddem er am Spieltisch weiter sein Glück versuchte.» (Text von Hugo Bischof)