1458 Ausleihen in nur zwei Stunden

Literatur & Gesellschaft

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Die Mitarbeiter der Zuger Bibliotheken machten während des rund zweimonatigen Coronalockdowns unterschiedliche Erfahrungen.

  • Vor Beginn des Lockdowns war in der Bibliothek Baar deutlich mehr los. (Bild Patrick Hürlimann)
    Vor Beginn des Lockdowns war in der Bibliothek Baar deutlich mehr los. (Bild Patrick Hürlimann)

Baar – Endlich Zeit, um ein Buch zu lesen. Viele verschieben dieses Unterfangen oft auf die kommenden Ferien: Sei es bei Sonnenschein am Strand oder im Winter in der geheizten Stube, ein Buch versetzt die Gedanken in Freizeitmodus. Dieses Jahr war es aber anders: Denn schon der Lockdown in den Frühlingsmonaten brachte viel Freizeit mit sich. Haben sich die coronabedingten Massnahmen des Bundesrats also auf die Zuger Bibliotheken ausgewirkt?

Am Freitag, 13. März, gab der Bund bekannt, dass ab Montag die Schulen schliessen. Daraufhin sei die Bibliothek Baar von der Kundschaft geradezu gestürmt worden, erinnert sich Fabia Patocchi, stellvertretende Leiterin. «Am Freitag wurden während sechs Öffnungsstunden 703 Medien ausgeliehen, am Samstag 1440 während vier Stunden und am Montagmorgen 1458 in nur zwei Stunden», zählt sie auf.

Bereits acht Tage nach dem Lockdown bot die Bibliothek Baar einen kostenlosen Lieferservice an. Diese Lösung des kontaktlosen Ausleihens wählten im Kanton Zug die meisten Bibliotheken, wie etwa in der Stadt Zug, in Risch oder Menzingen (auf Wunsch). In Neuheim wurden die Pakete indes zur Abholung deponiert. Die Bibliothek Zug verschickt die Medien per Post oder Velokurier noch bis zum 1. August kostenlos, danach soll dies zu einem «günstigen Unkostenbeitrag» geschehen. In Baar zeigen sich eindrückliche Zahlen: So wurden während des rund zweimonatigen Lockdowns 4999 Medien ausgeliehen. Das heisst, 689 Säcke à maximal zehn Medien sind insgesamt verschickt worden. Ausgeliefert haben die Säcke Mitarbeiterinnen vom Schwimmbad Lättich. Fabia Patocchi relativiert: «Unsere durchschnittlichen Ausleihzahlen sind in normalen Zeiten dreimal so hoch und der Aufwand halb so gross.»

900 Päckli verschickt

In der Stadt Zug war die Nachfrage nach Unterhaltung während der Bibliotheksschliessung sogar gestiegen: «Das bestehende digitale Bibliotheksangebot – wie Bücher, Hörbücher, Zeitungen, Zeitschriften, Filme und Musik – erlebte einen Boom. Die Ausleihzahlen waren rund 45 Prozent höher als im Frühling 2019», weiss Bibliotheksleiterin Pia-Maria Rutishauser. Insgesamt wurden 900 Päckli verschickt. Weiter verzeichnete die DiBiZentral (Digitale Bibliothek Zentralschweiz) laut Rutishauser von März bis Juni rund 580 neue Nutzer. Und auch die Rückgabekästen ausserhalb der Bibliothek waren täglich voll. «Insgesamt wurden innerhalb kürzester Zeit rund 16000 Medien zurückgegeben.

In Risch sah die Situation wieder etwas anders aus: Dort wurden rückläufige Ausleihzahlen bei allen Medien verzeichnet. «Dies hängt unserer Ansicht nach auch damit zusammen, dass im Moment viel in der digitalen Bibliothek heruntergeladen wird», teilt die Gemeinde Risch auf Anfrage mit. Auch in Menzingen gingen die Ausleihzahlen zurück: Dies lag wohl auch daran, dass die Gemeindebibliothek auch gleichzeitig die Schulbibliothek ist. «Uns fehlten die Ausleihzahlen der Schülerinnen und Schüler», so Leiterin Brigitta von Holzen.

Der Zuger Bibliotheksleiterin Rutishauser ist weiter aufgefallen, dass Bücher – wie etwa Ratgeber, Information und Unterhaltungsliteratur – während der Krise gefragt gewesen seien. «Dagegen ging die Nachfrage bei Non-Books, wie Musik-CDs, Hörbücher und DVDs, zurück», so Rutishauser weiter. «Hunkeler in der Wildnis» von Hansjörg Schneider wurde in Zug am meisten ausgeliehen. Digital wurde das E-Book «Wo wir uns finden» von Nicholas Sparks und als E-Audio «Wie ein Leuchten in tiefer Nacht» von Jojo Moyes am häufigsten nachgefragt. Als Fazit sagt Rutishauser: «Bargeldloses Bezahlen, kein Anstehen am Schalter und einfache und individualisierte Services lassen uns gestärkt aus der Krise hinausgehen.» (Andrea Muff)