Liebe ist, einander zu verstehen
Literatur & Gesellschaft
Im Lassalle-Haus war Buchvernissage: In Pia Gygers und Niklaus Brantschens Buch geht es um die Liebe - auch die zölibatäre.
Edlibach – Was ist Liebe? Wie liebe ich? Wie werde ich geliebt? Fragen, die wohl jeden von uns umtreiben. Ein prima Beweis dafür ist der riesige Publikumszulauf, den die gestrige Buchvernissage im Lassalle-Haus erfuhr - geht man einmal davon aus, dass nicht die Sensationsgier, sondern ein echtes inneres Interesse die Zuhörer zur Vorstellung des Buchs von Pia Gyger und Niklaus Brantschen geführt hat. «Es geht um die Liebe. Aus dem Leben eines zölibatären Paares», so nennt sich das Buch, in dem Jesuitenpater und Zen-Meister Brantschen und Ordensfrau und Zen-Meisterin Gyger auf ihre nun mehr als 40-jährige, aussergewöhnliche Beziehung eingehen.
Mitgeschrieben hat das Buch die Journalistin Christa Spannbauer. Sie sei keine «Knüller-Jägerin», beantwortet sie humorvoll die entsprechende Frage von Moderator Norbert Bischofberger. Das Thema habe sie berührt, der Mut, die Tugend und die Ernsthaftigkeit des Paares. Für die Co-Autorin selbst bedeutet Liebe im Moment, «da zu sein, wo ich gebraucht werde».
Zum Thema Liebe oder auch Liebe und Verzicht hatten alle geladenen Gesprächsteilnehmer etwas zu sagen. Jeder Mensch und jede Beziehung sei einzigartig, zitierte ganz zu Beginn Tobias Karcher, Jesuit und Direktor des Lassalle-Hauses, die beiden Autoren. Pfarrerin Noa Zenger, zu Gast mit ihrem Ehemann Reto Bühler, Jugendarbeiter und Sekundarlehrer, meinte zu ihrer bewusst kinderlos gebliebenen Ehe: «Wir haben uns für den Dienst am Mitmenschen entschieden - eine Form von Verzicht.» Ihre Ehe sei ein geschützter Raum, um ihrer Berufung nachzugehen. Liebe sei auch, verstanden zu werden, gehört zu werden.
«Zölibat ist eine Berufung»
Für Jesuit Bruno Brantschen, den Bildungsleiter des Lassalle-Hauses, liegt die Liebe in der Sensibilität für die Bedürftigkeit der Menschen. Für Buchautorin Pia Gyger ist «Gottes- und Nächstenliebe ein- und dasselbe». Mit Humor erzählt Niklaus Brantschen, dass Pia jahrelang zu ihm gesagt habe: «Ich hab niemanden so gern wie dich, ausser Christus.» Brantschen dazu: «Ich habe das jahrelang hingenommen, bis wir gemerkt haben, die Liebe zu Gott, zu mir - das ist nicht auseinanderzuhalten. Ich bin nicht zweitrangig. Es ist nicht nötig.» Der Zen-Meister gibt auch zu, die Einhaltung des Zölibats zeitweise schwierig gefunden zu haben - einige Jahre habe er dann zu Pia gesagt: «Liebe ist, wenn man trotzdem lacht.»
Doch wieso eigentlich der Zölibat, wenn man doch als Paar zusammen ist? Pia Gyger sagt: «Es ist ein Wesensgehorsam - der Zölibat ist eine Berufung.» Gyger wie Brantschen betonen die grosse psychische Intimität, die sie lebten. Niklaus Brantschen sagt: «Sexualität hat viele Aspekte, wir leben nur nicht alle.» (Susanne Holz)
Hinweis«Es geht um die Liebe. Aus dem Leben eines zölibatären Paares», erschienen im Kösel-Verlag.