«Das isch Heimat – das isch Zämehalt»

Brauchtum & Geschichte, Musik

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Einen Höhepunkt des dreitägigen Jodlerfests in Zug stellte der Festakt am Sonntagmorgen in der Bossard-Arena dar.

  • Die gerührte Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands Karin Niederberger mit Moderator Nik Hartmann. (Bild Mathias Blattmann)
    Die gerührte Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands Karin Niederberger mit Moderator Nik Hartmann. (Bild Mathias Blattmann)

Zug – In einem einzigen grossen Reigen aus kernigen, beseelten Melodien, Takten, Stimmen und Gesichtern war der Festakt in der Zuger Bossard-Arena unter der Führung von Christoph Walter und seinem Orchester zu einem grossen, kontrastreichen Gesamtkunstwerk verwoben worden. Für die Inszenierung waren Marco Schneider und Noëmi Franchini verantwortlich.

Besonders berührend war der gewaltige Chor aus 500 Jodlerinnen und Jodlern, die von der Tribüne aus die gesamte Arena mit ihrem erstaunlich homogenen, reinen Gesang erfüllten und so manchen Zuhörer, manche Zuhörerin zum Nastuch greifen liess.

Der Chor wurde unterstützt von einer Gruppe Solojodlerinnen und -jodlern sowie abwechselnd abgelöst vom Kinderjodelchörli Mosnang, den Bärgjodlern Sigriswil, der Jodlergruppe Hirschberg, den Buba Jodlern Romandie und den Sunsite Jodlern, die eine breite Palette an getragenen Betgesängen und heiteren Jodelliedern vortrugen.

Berührende Betrufe

Eine Grossformation Alphorn- und Büchelbläserinnen und -bläser sowie zahlreiche Fahnenschwinger mit Schweizer und Kantonsfahnen bildeten das musikalische Fundament und den farblich bewegten Rahmen der Vorführungen.

Mutterseelenallein auf der grossen Bühne berührte Marco Fosi Stadelmann in weisser Kutte mit zwei Betrufen, die er beherzt durch den traditionellen Holztrichter rief.

Sehr gelungen auch der Auftritt des Gesangsensembles African Singers mit den beiden bekannten afrikanischen Liedern Nkosi Sikeleli Africa und Malaika. Bei Letzterem stimmten die Sunnsite Jodler mit einer kontrastreichen, aber überraschend harmonischen Begleitung ein.

Durchs Programm führte Moderator Nick Hartmann, welcher dank der nahtlos ineinandergreifenden Darbietungen kaum etwas zu tun hatte. Anwesend waren zahlreiche Ehrengäste, darunter Bundespräsident Alain Berset und Karin Niederberger, Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands. Auch der Zuger Regierungsrat war mit Ausnahme von Heinz Tännler geschlossen vertreten, Laura Dittli sogar in einer bezaubernden Zuger Festtagstracht.

Ein Wermutstropfen war die teilweise sehr schlechte Akustik auf den Tribünen. Völlig fehl am Platz und ein Stimmungskiller par excellence war ausserdem ein knapp bekleidetes Tänzerinnenensemble, welches sich zwischendurch aufgesetzt heiter auf dem Bühnenboden räkelte und befremdlich geschmacklosen Lederhosen-Alpenkitsch zum Besten gab. Die Auftritte der omnipräsenten Voice-Steps-Kinder sowie einer weiteren Tanzgruppe waren ebenfalls unnötig, wenn auch nicht störend. Trachtentanzgruppen hingegen fehlten ganz, schade. Wenn schon Tanz, dann doch ein dem Anlass entsprechender.

Sämtliche Festredner und die Rednerin waren voll des Dankes und Lobes an die Adresse der Verantwortlichen und Helfenden für die so gelungene Durchführung des 31. Eidgenössischen Jodlerfests in Zug. Karin Niederberger beliess es nicht allein bei Dankesworten, sie liess Publikum und Mitwirkende einen kräftigen Jutz zu Ehren der Veranstalter ausrufen.

«Lueged Sie in d’Rundi. Das isch Heimat, das isch ächte Zämmehalt», sagte sie, nachdem sie erst einmal eine Minute brauchte, um ihre Rührung niederzuringen. «Es ist wichtig, dass wir das Brauchtum miteinander pflegen, es fördern und an die nächste Generation weitergeben», so Niederberger. Aus diesem Grund habe man beschlossen, Jugendliche unter 16 Jahren kostenlos am Fest teilnehmen zu lassen.

«Jodel bewegt uns im Innersten»

Eidgenössische Feste seien sehr wichtige Gipfel, um Bilanz zu ziehen und einen mutigen Blick in die Zukunft zu werfen, fuhr Niederberger fort. Wie es die Vorfahren schon vorgelebt hätten, «stiftet lebendiges Brauchtum Identität für eine lebendige und authentische Schweiz».

Auch Bundespräsident Alain Berset strich die Bedeutung des Jodelgesangs hervor. «Er ist gesund und macht glücklich, er bewegt uns im Innersten. Jodel ist mehr als populär, er ist zeitlos», sagte er. Das Jodeln sei aus der Kommunikation von Alp zu Alp entstanden. «Im Gegensatz dazu ist die Kommunikation in Bundesbern manchmal schon von Pult zu Pult schwierig», scherzte Berset gut gelaunt.

Den eigenen Vorschlag, auch in Bern zu jodeln statt zu debattieren, entkräftet er im Anschluss mit dem Einwand, der Föderalismus würde das kaum zulassen. Denn für die einen sei ein Jodel ein «Jutz», für die anderen ein «Rugguserli». «Für die Romans wäre das schwierig», befürchtete der Bundespräsident, die Vorstellung aber dennoch «chaibe schön».

Raffiniert eingefädelt

«Wir Zuger sind nicht blöd», eröffnete OK-Präsident Stephan Schleiss seine Ansprache. Man habe so lange gewartet mit der Organisation des hiesigen Jodlerfests, bis die Konstellation wieder gleich gewesen sei wie 2017 in Brig, als Alain Berset als stellvertretender Bundespräsident anwesend gewesen sei. Die zwischenzeitlichen Jodlerfeste seien abgesagt worden.

«Unser raffinierter Plan ist aufgegangen. Alain Berset ist da, und das 31. Eidgenössische Jodlerfest konnte stattfinden.» Er sei erfüllt von Freude und Dankbarkeit, betonte Schleiss. «Gutes entsteht dort, wo wir Gutes tun. Im Grossen wie im Kleinen.» Stadtpräsident André Wicki gab sich äussert sprachgewandt und begrüsste die Anwesenden in drei Landessprachen und in Englisch. «Dieses Jodlerfest ist aus einer Idee und viel Leidenschaft entstanden», sagte er und drückte seinen Stolz und seine Dankbarkeit aus, dabei sein zu dürfen. Feierlich wurde die Verbandsfahne vom ehemaligen Festort Brig an Zug überreicht. (Text von Cornelia Bisch)