Barocke Opulenz und nordische Harmonien
Musik
Mit Werken von Bach, Zelenka und Grieg stimmte das Zuger Kammerensemble auf die heissen Tage ein.
Zug – Wahrlich: So etwas verdient ein grösseres Publikum, als sich am Montagabend in der reformierten Kirche Baar eingefunden hat. Es war wohl zu einem wesentlichen Teil dem sehr warmen Sommerwetter geschuldet, wo man sich bevorzugt an einem schattigen Plätzchen liegend aufhält als in einem Kirchenraum. Immerhin: Die erste der beiden Durchführungen des Konzerts, diejenige in der reformierten Kirche Zug eine Woche zuvor, war gut besucht, liegt dieser Aufführungsort doch auch etwas zentraler und besser erreichbar.
Was das Publikum in Baar geboten bekam, wusste es denn auch zu schätzen. Das Programm mit je einem Barockkonzert von Johann Sebastian Bach und Jan Dismas Zelenka sowie einer der bekannten Grieg-Suiten erntete enthusiastischen Applaus. Mehr als verdient, waren alle drei Interpretationen doch in sich stimmig, harmonisch und auf hohem professionellen Level intoniert.
Alle insgesamt sechs Soloparts sind von Frauen bestritten worden. Bei Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 5 D-Dur BWV 1050 waren dies Magarete Kopolent am Cembalo, Katarzyna Seremak an der Violine und Zofia Neugebauer an der Flöte. Alle drei kamen kompositionsbedingt kräftig zum Zuge und lieferten Glanzleistungen ab.
Die Dominanz von Cembalo und Oboe
Bei BWV 1050 fällt der Cembalostimme eine besondere Position zu. Das über alle drei Sätze hinweg unentwegt beanspruchte Instrument hat mehrere Soloeinsätze zu meistern. Insbesondere derjenige in der zweiten Hälfte des ersten Satzes mit anspruchsvollen Kadenzen ist so umfangreich, dass BWV 1050 zuweilen als «Cembalokonzert» bezeichnet wird. Magarete Kopolent brillierte mit ihrem Part, und der sich für das Publikum nicht abzeichnende finale Tutti-Einsatz gelang punktgenau.
Für die Bach’sche Opulenz, die festliche Vielschichtigkeit und das partiell berauschende Tempo von BWV 1050 erwies sich der Raum der Reformierten Kirche Baar akustisch insofern als grenzwertig, als der Hall die Feinteiligkeit des Werkes punktuell etwas zu stark verwischte.
Das ebenfalls dreisätzige Concerto G-Dur à 8 concertanti des böhmischen Barockmeisters Jan Dismas Zelenka war ein Kontrast zu seinem Kollegen Bach. Es wirkt gesetzter, etwas majestätischer und gemässigter in Tempo und Dynamik. Ähnlich wie bei Bach erhalten hier die Soloinstrumente einen gewichtigen Part. Im ersten Satz ist es vor allem die liebliche Oboe – gespielt von Marita Kohler –, welche das Geschehen dominiert.
Im Klang naturgemäss etwas zurückhaltender ist das Fagott (Natalia Mizera), welches im zweiten Satz einen grossen Auftritt hat. Und das Cello (Dorothy Mosher) behauptet sich allgemein etwas weniger neben den weiteren Streichern – ausser in den Soloparts. Auch hier: Die Solistinnen erbrachten sehr gute, überzeugende Leistungen.
Griegs Tribut an einen grossen Dichter
Den barocken Schwerpunkt abrundend, stand Edvard Griegs «Aus Holbergs Zeit – Suite im alten Stil» für Streicher als dritter Programmpunkt am Ende des Konzertprogrammes. Es ist eine musikalische Reminiszenz Griegs an den dänisch-norwegischen Dichter Ludvig Holberg.
Mit vollmundigen nordischen Harmonien, partiell melancholisch-leidenschaftlichen Stimmungslagen und dann wieder lebendigen Absätzen greift Grieg alte höfische Tanzformen auf. Entsprechend benannt sind die vier Sätze: Präludium, Sarabande, Gavotte, Air und Rigaudon. Auch diese Interpretation gelang dem Ensemble unter Leitung von Konzertmeister Jakub Nitsche meisterlich mit einer ausgesprochenen klanglichen Reinheit. Das Publikum würdigte diesen Programmpunkt ebenfalls mit sehr grossem Beifall. (Text von Andreas Faessler)