Im Einsatz für das Menzinger Tram

Brauchtum & Geschichte

,

Beim Dorfplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe des alten Bahnhofs ein Brunnen. Er erinnert an Fritz Spillmann.

  • Das Denkmal in Menzingen. (Bild Maria Schmid)
    Das Denkmal in Menzingen. (Bild Maria Schmid)
  • Der Personentriebwagen «Elefant» im Museum in Neuheim. (Bild Stefan Kaiser)
    Der Personentriebwagen «Elefant» im Museum in Neuheim. (Bild Stefan Kaiser)

Menzingen – Auf dem Menzinger Dorfplatz befindet sich an der Neudorfstrasse nördlich des alten Bahnhofs ein steinerner Brunnen. Dieser steht in ein Dreieck gequetscht, das durch die vorerwähnte Strasse und einen im Ortsplan nicht mit Namen versehenen Verbindungsweg zur Alten Landstrasse begrenzt ist. Auf dem Wasserspender ist das Zuger Wappen, die Jahreszahl 1943 und ein Hinweis auf den Mann, der hier ein Denkmal erhalten hat, zu finden. Sein Name: Fritz Spillmann (1846–1926). Wieso bekommt der Träger eines Stadtzuger Geschlechts in einer Berggemeinde einen Platz fürs Geschichtsbuch? Erst wer sozusagen das «Kleingedruckte» liest, erhält wenigstens einen Hinweis darauf, was es mit diesem Spillmann auf sich hat.

Das historische Lexikon der Schweiz zeichnet einen Mann, der in seiner politischen Karriere mehrere Hüte gleichzeitig trug. Von 1899 bis 1920 sass er für die Freisinnigen im Zuger Kantonsparlament. Im gleichen Jahr nahm er auch Einsitz in den Regierungsrat. Von 1906/1907 an war er gemäss Ämterverzeichnis sogar noch für ein Jahr Stadtrat. Das Landammannamt übernahm Spillmann in den Jahren 1904 bis 1906. Zudem amtete er ab 1904 als Verwaltungsrat der Automobilgesellschaft Zug und der Elektrischen Strassenbahnen im Kanton Zug (ESZ).

Ein Mann, der viele Ämter sammelt

In Fritz Spillmanns lange Zeit als Regierungsrat (21 Jahre) fielen zwei Abstimmungen, die für die Entwicklung der Bergregion weitreichende Folgen zeitigten. 1906, in seinem ersten Amtsjahr als Landammann, zeigte die Mehrheit der Zuger Stimmbürger, dass ihnen die Mitmenschen in Oberägeri, Unterägeri und Menzingen nicht egal waren. Dies, indem sie dem Bau der Lorzentobelbrücke zustimmten. Neuheim ging bei solchen Berggeschäften vergessen. Es ist unklar, wieso die Gemeinde nicht auf dem «Berg-Radar» aufgeschaltet war.

Die wichtigere Abstimmung für die Verkehrsanbindung der Berggemeinden fand 1910 statt. 81,3 Prozent der Stimmbürger des Kantons sagten Ja zu einer Strassenbahn vom Tal nach Menzingen und nach Unter- respektive Oberägeri. Den ersten «ernsthaften» Nagel für eine bessere Verbindung zwischen Berg und Tal eingeschlagen haben die Zuger Politiker, als sie den Bau einer Strasse von Baar über die Hinterburg nach Menzingen beschlossen.

Wachsen des motorisierten Individualverkehrs

Beim Bau der Strassenbahnstrecken legten die Bauherren ein für heutige Verhältnisse sehr zügiges Tempo vor. Die ersten Trams fuhren ab dem 9. September 1913 von Zug. Die schnelle Realisierung der Schmalspurbahn (1 Meter Spurweite) war auch deshalb möglich, weil von der insgesamt 24,2 Kilometer langen Strecke der ESZ nur ein kleiner Teil im Gelände verlief. Die restliche Strecke bauten die Betreiber auf bestehenden Strassen. Damit hatte die Bahn sozusagen ihr Ablaufdatum schon definiert. Mit zunehmender Betriebsdauer nahm der motorisierte Individualverkehr sehr stark zu. Es kam zu Unfällen. Das zum Teil schlechte Gleisbett auf der Strasse liess die Züge immer wieder aus den Schienen springen. Auch mit dem Fahrstrom war das so eine Sache. Um Geld zu sparen, setzte der Bauherr zu wenige Fahrleitungsmasten. Die Folge: Die Stromabnehmer verloren ab und an den Kontakt zur Fahrleitung.

Fritz Spillmann, der Kämpfer für die Strassenbahn für die Bergregion, erlebte diese Phase nicht mehr. Er verstarb 1926 in seinem 80. Lebensjahr nach einem Spaziergang an einem Schlag. Zum 30-Jahr-Jubiläum der ESZ erinnerten sich die Berggemeinden Ober-, Unterärgeri und Menzingen an Spillmann. Sie spendeten einen Brunnen. Über dessen Entstehungsgeschichte ist nur wenig bekannt. Im Zuger Neujahrsblatt findet sich in der Chronik zu einem solchen Ereignis nichts. Ergiebiger ist der «Zuger Kalender», welcher in der «Mänzinger Zytig» (74/2011) Erwähnung findet: «Der Menzinger Dorfplatz habe durch das Aufstellen eines Brunnens eine neue Zierde gewonnen. Das Monument stammt aus der Bildhauerwerkstätte von Leo Iten aus Unterägeri. Das Porträtbild hat Andreas Kögler modelliert.» Ein Eintrag im «Zuger Volksblatt» (4. Oktober 1944) zeigt, dass über den Standort des Wasserspenders eine Debatte entstand: «Wir können es daher nicht begreifen, wieso es fast ein ganzes Jahr brauchte, bis die Platzfrage gefällt war.»

Der Künstler, der auch Schulhausabwart war

Leo Iten (1915–2010) war im Ägerital als «Bildhauer Leo» bekannt. Wie dem Nekrolog von 2010 zu entnehmen ist, liebte Iten das Arbeiten mit Stein. Er mochte jedoch nicht zeitlebens bei Trauerfamilien anklopfen und seine Dienste anbieten. Er wechselte den Beruf und nahm eine Arbeitsstelle als Abwart im Schulhaus Acher in Unterägeri an. Er amtete zudem während 24 Jahren als Wasserchef bei der Korporation Unterägeri.

Noch dürftiger ist die Quellenlage beim Künstler, welcher das Relief von Fritz Spillmann für den Menzinger Brunnen schuf. Sein Name: Andreas Kögler. Er ist 1878 in Graz in der Steiermark geboren. Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelte er nach Zug, wo er 1956 starb. Er fertigte verschiedene Grabmäler, schuf aber auch verschiedene Skulpturen. Weitere Werke waren eine Figur auf dem Hechtbrunnen in der Zuger Altstadt oder ein Brunnen auf dem Chamer Friedhof.

Ein Tramwagen der ESZ ist weiterhin zu sehen

Den Brunnen in Menzingen bestellt und bezahlt haben die Gemeinden Ober-, Unterägeri und Menzingen. Diese drei Wappen sind denn auch auf dem Brunnen zu sehen. Das Gelände, auf dem er steht, gehört heute einer Privatperson. Die Verkäufer waren 2003 die Zugerland Verkehrsbetriebe. Im Gegensatz zu einer ähnlichen Baute auf dem Berg ist die ehemalige ESZ-Station renoviert worden. In der ersten Hälfte der 1950er-Jahre ersetzten Autobusse die Strassenbahn. Geschichtsinteressierte haben einen ESZ-Tramwagen wieder in Schuss gebracht. Er ist am 11. September beim Tag der offenen Türen des Zuger Depots für Technikgeschichte zu sehen. (Marco Morosoli)