Wie «Frau» den Kanton Zug prägte

Brauchtum & Geschichte

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Unter dem Motto «Museen inspirieren die Zukunft» fand gestern der Internationale Museumstag statt. Das Museum Burg Zug widmete ihn einflussreichen Zuger Frauen.

  • Maria Juliana Hediger-Sigrist: 1836–1917: Schwiegertochter der Antonia Karolina Hediger Roos und Besitzerin der Burg von 1903–1917. (Bild Sammlung des Museums Burg Zug)
    Maria Juliana Hediger-Sigrist: 1836–1917: Schwiegertochter der Antonia Karolina Hediger Roos und Besitzerin der Burg von 1903–1917. (Bild Sammlung des Museums Burg Zug)

Zug – Frauen spielen in der Geschichtsschreibung nur eine Nebenrolle. Wenn überhaupt, werden sie in historischen Quellen als Gattinnen eines adligen Mannes oder als Witwen erwähnt. Doch es gab sie – Frauen, die ein Unternehmen, das Militär oder die Unterhaltungsbranche prägten. Dies thematisiert das Museum Burg Zug im Rahmen der Reihe «Damals in Zug – 1971: 50 Jahre Stimm- und Wahlrecht für Frauen».

Am Internationalen Museumstag zeigt Fachreferentin Giulia Scherer an einer Führung durch die Dauerausstellung die Handlungsspielräume von bekannten Zuger Frauen in der ­Geschichtsschreibung auf – vom Mittelalter bis zur Neuzeit. «Obwohl gewisse Rechte und Privilegien den Männern vorbehalten waren, wurden diese von Frauen immer wieder durchbrochen», sagt Scherer. Sie verweist auf Adelheid von Hünenberg, die zwischen 1370 und 1397 in Quellen erwähnt wird. Adelheid war die Ehefrau von Ritter Peter von Hünenberg, dem ersten historisch nachgewiesenen Besitzer der Burg Zug. Nach seinem Tod erlangte Adelheid gewisse Privilegien, konnte etwa Verträge abschliessen und führte Klage gegen ihren Schwager – zu jener Zeit eine Seltenheit.

Obwohl Besitztümer früher normalerweise an die Söhne vererbt wurden, war die Burg Zug im Laufe der Zeit mehrmals in Frauenhand. So etwa im 19. Jahrhundert, als Antonia ­Karolina Hediger Roos das Gebäude als Hochzeitsgeschenk in die Familie Hediger, die letzte Besitzerfamilie der Burg, hineinbrachte.

In einer der wichtigsten Zuger Magistraten-Familien war im Hintergrund ebenfalls eine Frau federführend. Maria Jakobea Zurlauben warb Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts für die Zurlauben-Garde, die äusserste Leibgarde des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV., Söldner an. «Maria Jakobea leitete die Geschicke der Kompanie und war somit quasi eine der ersten Zuger Geschäftsfrauen», erklärt Scherer.

Eine Frau, die der Wirtschaft im Grossraum Zug Aufschwung verlieh, war Adel- heid Page-Schwerzmann. «An einem Fasnachtsball lernte sie 1875 den Amerikaner George Ham Page kennen, den Mitbegründer der Anglo-Swiss Condensed Milk Company. Die beiden heirateten, und nach dem Tod ihres Gatten führte Adelheid Page die erste europäische Kondensmilch-Fabrik zur Fusion mit Nestlé», erzählt die Fachreferentin.

Die Chamerin liess zudem das baufällige Schloss St.An­dreas renovieren und erwarb mit dem Bau des Sanatoriums Adelheid in Unterägeri schweizweites Ansehen.

Eine Kino-Pionierin und eine Weltenbummlerin

Eine weitere Frau, die ein eigenes Unternehmen führte, politisch aber kein Mitspracherecht besass, war Veronika Hürlimann. Sie eröffnete 1922 an der Gotthardstrasse das erste Zuger Kino und prägte 80 Jahre Kinogeschichte. «Veronika hatte es als Frau schwer, da ihr viele Banken keinen Kredit gewähren wollten. Zudem musste sie sich immer wieder mit der Zensurbehörde herumschlagen, die sicherstellen wollte, dass keine anrüchigen Filme gezeigt wurden», erzählt Scherer weiter.

Auch die Zuger Fotografin, Malerin und Autorin Helen Keiser stiess als weltenbummelnde Frau auf viele Hindernisse. Denn in der frühen Neuzeit war das Reisen mehrheitlich Männern vorbehalten. Keiser liess sich davon nicht abhalten und bereiste als eine der ersten Frauen allein den Orient. Mit ihren Texten und Bildern setzte sie sich für ein besseres Verständnis der arabischen Kultur ein und wurde dafür 1983 mit dem Anerkennungspreis des Kantons Zug geehrt. «All diese Frauen sind in der männerdominierten Geschichtsschreibung Ausnahmen», betont Giulia Scherer. «Doch sie sind wichtig, denn sie haben vielen anderen Frauen den Weg geebnet.» (Laura Sibold)