Ein Klaviertrio in neuer Umgebung

Musik

,

Das Ensemble Chamäleon begeisterte im Kulturprovisorium Zug. Klassische Klänge füllten die alte Curlinghalle.

  • Im Bild (von links): Tobias Steymans, Violine, Madeleine Nussbaumer, Klavier, Luzius Gartmann, Violoncello. (Bild Stefan Kaiser)
    Im Bild (von links): Tobias Steymans, Violine, Madeleine Nussbaumer, Klavier, Luzius Gartmann, Violoncello. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – In der Kernbesetzung Tobias Steymans, Violine, Luzius Gartmann, Violoncello, und Madeleine Nussbaumer, Klavier, gestaltete das Ensemble Chamäleon Werke von Romantikern und Nach-Romantikern. Die zweimalige Aufführung des anspruchsvollen Programms innerhalb von wenigen Stunden mit reduziertem Publikum wurde souverän geleistet.

Die Akustik ermöglichte ein vollgültiges Konzerterlebnis. Neben dem seit vielen Jahren bekannten hohen Können der drei Interpreten verfügte vor allem Madeleine Nussbaumer durch die «Sommerklänge» über eine enorme Erfahrung für ungewohnte Aufführungsorte, was dem ganzen Ensemble zugutekam. Die recht trockene Akustik des nach hinten offenen Raumes begünstigte die Obertöne der Streicherstimmen, sodass auch sehr hohe Violin-Einsätze im Piano gegenüber den Klangballungen des voll geöffneten Klaviers sich problemlos behaupten konnten.

Anklänge an die Volksmusik

Nicht nur den zeitlichen, sondern auch den musikalischen Schwerpunkt bildete das nach einer ganz kurzen Pause gespielte Klaviertrio Opus 65 von Antonín Dvořák. Weit von jedem Epigonentum entfernt, finden sich in den Werken dieses Komponisten in wechselnder Intensität immer wieder Anklänge an die tschechische Volksmusik wie an den Kompositionsstil seines Förderers und Freundes Johannes Brahms.

An sein Strophenlied «In stiller Nacht» erinnerte etwa das Eingangsmotiv des dritten Satzes. Mehr in Böhmen fühlte man sich mit den präzis gestalteten Achtel-Triolen-Überlagerungen des Allegrettos. Dvořák benutzte im Finale auch Kehraus-Motive zur Schlusssteigerung; aber im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen wurden sie mehrmals von lyrischen Zwischengedanken unterbrochen, welche zum Teil sogar Motive späterer Kompositionen vorauszunehmen schienen.

Die anspruchsvolle Folge der Tonarten f-Moll-cis-Moll-As-Dur stand im Dienste tiefgründiger Komposition. Mit der Zuger Interpretation erschien das Werk mindestens auf Augenhöhe gegenüber dem später komponierten weltbekannten Dumky-Trio Opus 90.

Wenig bekannt ist bei uns das Schaffen des Spaniers Joaquin Turina (1882–1949). «Lento – Molto – Vivace – Lento» bezeichnete er seine drei Sätze, also genau in der umgekehrten Reihenfolge als im klassischen «Schnell – langsam – schnell». Alle drei Sätze waren aber mit internen Tempowechseln unterteilt, was nach dem monumental angelegten Schluss des Kopfsatzes prompt einen Zwischenapplaus provozierte.

Gefürchteter Siebenachteltakt

Häufig wurden die beiden Streicher in Oktavparallelen gesetzt, ein Stilmittel, welches Dvořák nur in Ausnahmefällen und damit in entsprechend grösserer Wirksamkeit einsetzte. Astor Piazzolla (1921–1993) als Begründer des «Tango Nuevo» hat nichts für Klaviertrio original geschrieben. Sein weltbekannter «Libertango» mit dem von Laienmusikern gefürchteten Siebenachteltakt wurde aber für die verschiedensten Instrumentenkombinationen überarbeitet.

In der Klaviertrio-Fassung hatte die Violine meist die Melodie, während sich die Begleitstimmen von Cello und Klavier fast wie eine Etüde anhörten. Dankbarer verteilt waren die Rollen in der lyrischen Stimmung des «Oblivion» und bei dem prägnant rhythmisch strukturierten und für alle drei Mitwirkenden sehr anspruchsvollen «La Muerte del Angel».

Zugabe rundet akustischen Eindruck ab

Die Auswahl und Abfolge der Sätze waren geschickt gewählt; man hatte fast das Gefühl, es seien drei kontrastierende Teile aus dem gleichen Werk. Auch die Zugabe – der zweite Piazzolla-Satz – bestätigte nochmals die akustischen Eindrücke. Stark war die Erinnerung an den Zephyr Hangar der Verzinkerei, welchen die Veranstalter mit Madeleine Nussbaumer für den letztjährigen «Sommerklänge»-Zyklus entdeckt hatten. (Jürg Röthlisberger)