Ehemalige Chamer Bäcker geben ihre Rezepte preis

Brauchtum & Geschichte

,

Der Kunst Kubus Cham feierte Neujahr mit frischem Brot nach den Originalrezepten von Peter und Margrith Amstad.

  • Die beiden pensionierten Bäcker Margrith und Peter Amstad bei der Vernissage ihres Rezeptbuches. (Bild Stefan Kaiser)
    Die beiden pensionierten Bäcker Margrith und Peter Amstad bei der Vernissage ihres Rezeptbuches. (Bild Stefan Kaiser)

Cham – Am Samstagmorgen bildet sich vor dem Kunst Kubus Cham eine lange Schlange von Menschen, die gekommen sind, um zweierlei zu feiern: den traditionellen Neujahrsapéro und die Vernissage für das bereits vergriffene «Buch zum Brot» mit Rezepten der Bäckerei-Konditorei Amstad. Die beiden Autorinnen, Astrid Zangger und Simone Monnerat, sind da, und natürlich auch das Chamer Bäckerpaar selbst.

Gekommen sind aber auch Thomas Gretener und Thomas Fähndrich vom digitalen Geschichtslexikon der Gemeinde Cham: Sie haben soeben die Geschichte des Amstad-Unternehmens in Text und Bild dokumentiert und online gestellt. Besucht man die Website chamapedia.ch, stösst man unter viel Wissenswertem auch auf das zehnminütige Video «40 Jahre Bäckerei Amstad» von Victor Escobar und Pius Sidler. Ein spannendes Stück Handwerksgeschichte tut sich auf.

Backen als Leidenschaft

Die Chamerinnen und Chamer vermissen offensichtlich das Brot «ihrer» Bäckerei, die 1981 an der Hünenbergerstrasse 7 von Peter und Margrith Amstad übernommen worden war und über 40 Jahre hinweg eine grosse, treue Stammkundschaft gewinnen konnte. Als eine der letzten ihrer Art war sie eine inhabergeführte Bäckerei, in welcher der Chef selbst in der Backstube stand und für die Qualität seiner Produkte bürgte. «Das Backen von Brot war Peter Amstads Leidenschaft», schreibt Fähndrich auf chamapedia.ch. Und mit warmen Worten umreisst er in seiner Begrüssungsrede zum Neujahrsapéro, wie sehr sich in diesen vier Jahrzehnten die Welt gewandelt habe, wie aber etwas «unveränderbar gut» geblieben sei – das Amstad-Brot. Traditionelles Handwerk ohne irgendwelche E- und Zusatzstoffe. Ein Brot, gebacken aus Mehl, Wasser, Hefe, Salz und – Zeit.

Und Backkunst. Als die Finanzspezialistin Zangger und die Anwältin Monnerat im Frühsommer 2021 vernahmen, dass die Bäckerei geschlossen werden sollte, dass Schluss sein würde mit den Gipfeli, die ihre Kindheit begleitet hatten, mit den Emmer-, Roggen- und Kürbisbroten, für die sie so manchen Umweg in Kauf genommen hatten, entschieden sie, dass ebendiese Backkunst nicht verloren gehen durfte. Sie entwarfen die Idee zu einem Backbuch mit den Originalrezepten der Amstads. Zunächst «ein Hirngespinst», «ein Blindflug», wie sie es nennen. Aber das Bäckerpaar sagte sofort zu. Und innert Kürze formierte sich eine kleine Truppe für die Produktion des Buches, alle aufgewachsen in und um Cham und vereint durch die Liebe zum Amstad-Brot: Alexandra Wey (Fotos), Manuel Gübeli (Texte), Silent Studio AG (Gestaltung), Mirija Weber (Korrektorat), Heller Druck AG (Druck und Verlag) und Schumacher AG (Bindung). Die beiden Herausgeberinnen aber buken nun nächtelang jedes einzelne der Rezepte nach, um sie für alle Hobbybackenden zu Hause aufzubereiten.

Gut Ding will Weile haben

Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis des «Buchs zum Brot» verrät sofort, wie sehr in der Amstadschen Backkunst eine Motivation im Vordergrund steht, die in unserer alltäglichen Hektik oft kaum mehr gelebt werden kann: Jedes Ding braucht seine Zeit. «Wer an der Zeit spart, merkt’s beim Essen», sagt Peter Amstad im Interview des Vorworts. Und das Buch ist in Kapitel unterteilt, die etwa so heissen: «Zubereitungszeit inkl. Teigruhe 2–3 Stunden.» Oder 13 bis 18 Stunden. Oder 27 bis 41 Stunden. Solides Handwerk und Zeit gehören zusammen. Für den Neujahrsapéro des Kunst Kubus Cham haben verschiedene Frauen sich Zeit genommen und Amstad-Brote gebacken. In Stücke geschnitten und zum Sekt degustiert, machen diese auf der Zunge und in der Nase erfahrbar, was kostbar bleibt und dennoch nicht teuer ist: gutes Brot, Musse und Sinnlichkeit. (Dorothea Bitterli)

Hinweis
Infos über Das Buch zum Brot: www.chamapedia.ch und www.kunstkubuscham.ch.