Oberwiler fehlen am Schülerumzug

Brauchtum & Geschichte

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Am Schmutzigen Donnerstag findet traditionell der grosse Fasnachtsumzug mit den Zuger Stadtschulen von der Altstadt zum Bundesplatz statt. Nicht mit von der Partie ist in diesem Jahr die Schule Oberwil, was eine Mutter empört.

  • Schulkinder des Workshops Stadtschulen beim Umzug 2018 auf der Bahnhofstrasse in Zug. (Bild Werner Schelbert)
    Schulkinder des Workshops Stadtschulen beim Umzug 2018 auf der Bahnhofstrasse in Zug. (Bild Werner Schelbert)

Zug – Sie seien vor den Sportferien orientiert worden, dass die Schule Oberwil am diesjährigen Fasnachtsumzug in der Stadt nicht teilnehmen werde, sagt eine Mutter von Oberwiler Schülern und schrieb darauf dem Oberwiler Schulleiter Toni Schuler. «Um den Entscheid hoffentlich besser verstehen zu können, möchte ich gerne wissen, was Sie und/oder das Team dazu bewogen hat, von einer Teilnahme abzusehen.»

Die Mutter ist ob des Entscheids empört, weil ihre Kinder und sie sehr gerne an den Umzug gehen möchten und ihnen dies heuer verunmöglicht werde. «Ich war der Meinung, dass, wenn der Schmudo nicht auf die Ferien fällt, die Stadtzuger Schulen zur Teilnahme am Umzug verpflichtet sind», sagt sie und fasst die Antwort des Schulleiters zusammen: «Die Oberwiler Lehrer haben offenbar keine Lust, am Umzug teilzunehmen. Der Aufwand ist ihnen zu gross und darum haben sie die Teilnahme aus egoistischen Gründen abgesagt.»

«Es gibt diverse Gründe, die dagegen sprachen»

Schuler beantwortet die Fragen der Mutter so. «Wir haben diese Thematik im Team bei der Jahresplanung im Juni 2018 eingehend diskutiert. Es gibt viele Gründe, die für eine Teilnahme, aber auch diverse, die dagegen sprachen», schreibt er. Es folgt eine Aufzählung: «Negativ ins Gewicht fiel: Der sehr hohe finanzielle Aufwand für das Material von rund sechs Franken pro Kind; relativ teurer Bustransport; kaum war ‹Chlaus’ und Advent vorbei, musste man sich im HWG-Unterricht ans Basteln für die Fasnacht machen; nach dem Umzug landeten sehr viele Sachen im Müll; sehr lange Wartezeiten (Frieren bei Nässe und Kälte) vor Umzugsbeginn; Kinder hatten selber sehr wenig vom Umzug.»

Eine Pflicht gebe es nicht – es sei ab und an mal eine Schule nicht dabei, sagt Schulchefin Vroni Straub. «Natürlich haben die dann nicht frei, sondern absolvieren ein anderes Programm.» Einmal habe die Heilpädagogische Schule gefehlt – diese hätte dann einen eigenen Fasnachtsball im Schulhaus gefeiert. «Auch die Integrationsklasse ist nicht dabei – für die meisten der dortigen Kinder wäre das ein zu grosser Stress. Die Kinder dort springen schon unter den Stuhl vor Angst, wenn ein Auto seinen Motor an der Baarerstrasse aufheulen lässt. Dort sind Traumata die Gründe für die Absenz.»

Die «speziellen Gründe» von Toni Schuler, kenne sie nicht, sagt Straub: «Mir ist es wichtig, dass möglichst alle Schulkinder am Umzug teilnehmen können. Doch es kann gute Gründe – wie bei der Integrationsklasse – für eine Absenz geben.»

Es habe schon eine Absenz des einen oder anderen Schulhauses, zum Beispiel des Schulhauses Guthirt gegeben, das pausiert und stattdessen eine Fasnachtsparty am Donnerstagnachmittag gemacht habe, sagt Jascha Hager, Präsident der Chesslete, die den «Schülerumzug» durch die Stadt mit grossem Aufwand organisiert. Wenn das ein einmaliges Fernbleiben sei, dann könne er damit leben – sie hätten auch so über 2400 Teilnehmer am Umzug, sagt er: «Ich glaube an das Gute im Menschen und gehe davon aus, dass die Oberwiler Schüler nächstes Jahr wieder dabei sind.»

«Pädagogisch vertretbar»

Sie hätten nach 14 Jahren ununterbrochener Teilnahme während der Schulzeit einmal etwas anders machen wollen, analog der Schule Guthirt vor ein paar Jahren, begründet Toni Schuler die Absenz am städtischen Umzug. «Die Fasnacht in der Schule in Oberwil wird sicher ebenfalls schön und kindergerecht. «Statt wie sonst 1500 Franken sind unsere Ausgaben in diesem Jahr nur 200 bis 300 Franken.» Er fände es pädagogisch vertretbar, einmal etwas anderes zu machen, sagt Schuler. Zwei Eltern der 200 Kinder hätten ihn per E-Mail angefragt, warum Oberwil nicht am Umzug teilnehme. Die Fasnacht sei ein heidnischer Brauch, den nicht alle gut fänden, sagt Schuler und ergänzt. «Ich habe darum auch dieses Jahr eine Dispens aus ethisch-reliogiösen Gründen bewilligt. Diese Schüler mussten dann stattdessen an einem anderen Programm arbeiten.»

Kinder, die gerne an die Fasnacht gehen möchten, können von den Eltern per E-Mail vom Religionsunterricht abgemeldet werden, schreibt die Pfarrei Bruder Klaus den Eltern. «Wir hoffen, dass sich damit für alle Familien eine gute Lösung findet.» (Charly Keiser)