Mozart und Brahms in Zug
Musik
Zwei bedeutende Kammermusikwerke, erlesene Solisten: Das Theater Casino hätte einen stärkeren Besuch verdient.
Zug – Im Theater Casino Zug erklang das Klarinettenquintett KV 581 von Wolfgang Amadeus Mozart neben der Serenade in D-Dur, Opus 11, von Johannes Brahms. Hinter dem Kürzel «Camerata RCO» verbargen sich die Instrumentalsolisten des in Amsterdam beheimateten, weltbekannten Royal Concertgebouw Orchestra. Umso mehr war es bedauerlich, dass sich der Casinosaal nur knapp zu einem Viertel füllte; die vorangehende Konzerteinführung – von Mariel Kreis mit zwei Mitwirkenden originell gestaltet – erlebten gerade Mal 16 Personen.
KV 581 verdanken wir nicht nur der Begeisterung Mozarts für die damals neu erfundene Klarinette, sondern auch dem Können des damaligen Interpreten Anton Stadler (1753-1812). Der Komponist nannte den befreundeten Interpreten übrigens mit Spitznamen «Ribisel» (österreichischer Ausdruck für die Johannisbeere), weil er in Zeiten vor jeder medizinischen Blutdruckregulation stets mit hochrotem Kopf spielte.
Auch romantische Elemente waren vorhanden
Das auf dieser Stufe fast selbstverständliche musikalische Können der fünf Mitwirkenden (Hein Wiedijk, Klarinette, Hannah Solveij und Joanna Westers, Violinen, Jeroen Woudstra, Viola, und Maartje-Maria den Herder, Violoncello) stellte sich in den Dienst einer sehr klar strukturierten Wiedergabe, die vor allem in den Ecksätzen auch romantische Elemente umfasste. Die Interpretation erfolgte ohne historisierende Elemente. Der Klarinettist spielte auf dem Instrumententyp der ältesten erhaltenen Abschrift aus dem frühen 19. Jahrhundert, nicht auf dem etwas grösseren Instrument des verschollenen Originals.
Ähnliche Probleme auch bei Brahms: Der damals noch relativ junge Komponist fand sofort überaus interessante harmonische Strukturen. Ihren eigenständigen Wert erkannte er auch selbst; sonst wäre das Opus 11 wie viele andere Frühwerke vom Autor wahrscheinlich nachträglich vernichtet worden. Brahms schwankte aber in der Instrumentierung lange zwischen einer Kammermusikgruppe und einem Kammerorchester. In der heute überlieferten Endfassung bezeichnete er die sechs Sätze schliesslich als Serenade, eigentlich eine falsche Titulierung, weil man damals darunter eine Art gehobener Unterhaltungsmusik verstand. Es gilt aber als sicher, dass Opus 11 zuerst als Kammermusik erklang. Das verlorene Original mit neun Solisten wurde durch die Rekonstruktion von Jorge Rotter (1987) ersetzt, welche nach dem Höreindruck den Stimmungsgehalt authentisch wiederfand.
Ungenauigkeiten im dritten und vierten Satz
Für das Nonett ergänzte sich die Gruppe um Kersten McCall, Querflöte, Emile Souvagie, zweite Klarinette, Fons Verspaandonk, Horn, Helma van den Brink, Fagott, und Nicholas Schwartz, Kontrabass. Erneut überzeugten das hohe individuelle Können und das vor allem in den Ecksätzen schwierige Zusammenspiel ohne Dirigent. Dass auch auf dieser Stufe nichts geschenkt wird, bewiesen einzelne Ungenauigkeiten im dritten und vierten Satz, wohl auch durch die forcierte Tempowahl verursacht. Schon nur mit dem natürlichen Klangvolumen tendierten die Bläser dazu, gegenüber den Streichern zu dominieren; dies hatte wohl auch Brahms veranlasst, später der Orchesterfassung den Vorzug zu geben. Akustisch ungünstig platziert war das als einziges Instrument sitzend gespielte Cello; bei Parallelstellen mit Kontrabass und Fagott wurde es meist von diesen etwas übertönt.
Das unabhängig von der Sitzplatznummer teilweise nach vorne nachgerückte Publikum bemühte sich um einen kräftigen Schlussapplaus. Dieser vermochte die Ausführenden jedoch nicht zu einer Zugabe zu veranlassen. (Text von Jürg Röthlisberger)