Eine seltene Ansicht Walchwils

Kunst & Baukultur

,

Die Region Zugersee hat in der Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts wenig Einzug gefunden. Ein jetzt auf dem Kunstmarkt aufgetauchtes Gemälde von 1836 erweist sich als aufschlussreich.

  • Das Gemälde von 1836 gibt eine Idee vom Aussehen der alten Walchwiler Kirche. (Bild zvg/Walter Bayer für Neumeister, München)
    Das Gemälde von 1836 gibt eine Idee vom Aussehen der alten Walchwiler Kirche. (Bild zvg/Walter Bayer für Neumeister, München)

Walchwil – «Blick auf den Zugersee mit Rigi» lautet der Titel eines Gemäldes, welches kürzlich in ei­nem Münchner Auktionshaus zur Versteigerung gekommen ist. Gemäss Provenienz befand es sich zuvor in süddeutschem Adelsbesitz.

Ortskundige erkennen schnell, dass es sich um eine alte Ansicht des Dorfes Walchwil handelt. Zwischen üppigem Laubbaumbestand fällt der Blick über einen abschüssigen Landweg auf Walchwil, den «schwyzseitigen» Zugersee, auf das leicht nach rechts gerückte Dorf Arth und die Bergkette der Rigi mit Hochflue und Scheidegg. Ganz am Rand kommt gar noch die Kulm zu ihren Ehren. Damit diese noch ins Bildfeld passt, ist die Landschaft etwas gedrungen dargestellt. Im Vordergrund unter dem Baum sitzt eine Frau mit blumenpflückendem Kind.

Die frühbarocke Walchwiler Kirche

Nicht nur ist das Gemälde eine Rarität, weil die Region Zugersee generell wenig Eingang in die Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts gefunden hat, sondern es ist vor allem insofern bemerkenswert, als wir hier eine Ansicht der alten Walchwiler Pfarrkirche haben. Denn über den Vorgängerbau der heutigen Kirche existiert kaum aufschlussreiches Bildmaterial, abgesehen von einzelnen histo­rischen Lithografien. Auch wenn die Malerei des 19. Jahrhunderts gerne schönigt, mitunter verfälscht und idealisiert, dürfte uns die vorliegende Ansicht Walchwils eine Idee davon geben, wie die alte Pfarrkirche ausgesehen hat.

Der Vorgänger der heutigen klassizistischen Kirche St. Johannes der Täufer ersetzte bereits anno 1663 eine noch ältere Kirche mit Ursprung im 15. Jahrhundert. Initiant für den grösseren Neubau war Johann Franz Suter (1630–1706), seit 1654 zuständig für die Walch­wiler Pfründe. Er zeichnete auch für den Bau eines neuen Pfarrhauses sowie der Antoniuskapelle im Oberdorf verantwortlich, doch sollte die neue Pfarrkirche sein Hauptverdienst bleiben. Wer die Pläne gezeichnet und den Bau geleitet hat, ist jedoch nicht bekannt.

Will man sich nun anhand des hier gezeigten Gemäldes ein Bild von der alten Kirche machen, so hat es sich um einen einfachen, im Gegensatz zur heutigen Kirche geosteten und von einer Mauer umfriedeten Bau gehandelt mit seeseitigem Vorzeichen und dem 1595 errichteten Käsbissenturm auf der Nordseite des Altarhauses. Dieser dürfte von der noch älteren Kirche übernommen worden sein.

Der Lithograf als Landschaftsmaler

Urheber des Ölgemäldes auf Leinwand ist der Schweizer Maler Rudolf Bodmer (1805–1841). Neben seinem Monogramm hat er es mit (18)36 datiert. Er hat es demnach just in dem Jahr gemalt, als die alte Kirche abgebrochen wurde. Die Bauarbeiten für das heutige Gotteshaus waren zu dem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr im Gange, was Bodmer hier freilich nicht mit ins Motiv einbezieht. Denn die abgebildete Kirche stand ungefähr im Bereich der Empore der heutigen klassizistischen Pfarrkirche.

Ein weiterer Aspekt der Seltenheit ist darin zu finden, dass es nur wenige bekannte Gemälde Rudolf Bodmers gibt. Der aus Stäfa stammende Künstler war hauptsächlich Lithograf und Fachmann für weitere Techniken der Druckgrafik. Entsprechend besteht sein Nachlass denn auch aus einem gedruckten Werk. Ölgemälde aus seiner Hand als Landschaftsmaler sind rar. Bodmer starb 1841 in Zürich. (Text von Andreas Faessler)