Bei diesem Umzug brauchts Fingerspitzengefühl

Kunst & Baukultur

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Das Museum Burg Zug zügelt seine Sammlung in ein neues Depot im Gebiet Choller. Nichts für Elefanten im Porzellanladen.

  • Gemälde, Spinnräder oder Zuger Keramik: Rund 30 000 Objekte verschiebt das Museum Burg Zug derzeit in sein neues Depot im Choller. Das Grossprojekt läuft unter der Leitung von Museumsberater Joachim Huber (im Bild), der ein Experte in diesem Bereich ist. (Werner Schelbert)
    Gemälde, Spinnräder oder Zuger Keramik: Rund 30 000 Objekte verschiebt das Museum Burg Zug derzeit in sein neues Depot im Choller. Das Grossprojekt läuft unter der Leitung von Museumsberater Joachim Huber (im Bild), der ein Experte in diesem Bereich ist. (Werner Schelbert)
  • Die Zügelmänner Simon Blättler (links) und Manuel Gabriel haben derzeit einen ganz speziellen Auftrag. (Werner Schelbert)
    Die Zügelmänner Simon Blättler (links) und Manuel Gabriel haben derzeit einen ganz speziellen Auftrag. (Werner Schelbert)
Zug –

Es wirkt wie bei einem gewöhnlichen Umzug: Kisten und Verpackungsmaterial liegen auf mehreren Haufen am Boden. Vor dem Haus machen einige Helfer Pause und geniessen einen Moment lang die Sonne. Im Keller tragen muskulöse Männer - ausgestattet mit trittfesten Schuhen und Arbeitsbekleidung - Möbel von einem Raum in den anderen. Ein Detail lässt jedoch etwas stutzen. Die beiden kräftigen Packer, die gerade einen Stuhl mit verschnörkelten Beinen und geblümtem Polster auf ein Gestell hieven, tragen feine weisse Baumwollhandschuhe. «Das muss sein, damit die Gegenstände unversehrt bleiben. Einige Materialien können durch das Hautfett beschädigt werden», erklärt Joachim Huber, der den Umzug leitet.

Zehntausende Objekte

Schäden sollten bei dieser «Zügleten» wohl mehr als anderswo vermieden werden. Das, was die Männer nämlich vom Transporter in den Keller schleppen, ist quasi der Schatz von Zug. In dem neuen Gebäude im Choller, direkt hinter der Zimmerei Keiser, bezieht das Museum Burg Zug derzeit sein neues Kulturgüterdepot. In den zwei Kellergeschossen des Hauses wird die gesamte Sammlung des Zuger Museums neu eingelagert. Auf 1800 Quadratmetern Fläche finden sich Gemälde, Webstühle, Schulbänke aus den 1950er-Jahren, Mobiliar im Biedermeierstil, historische Spielsachen, Zuger Keramik oder Textilien. «Es sind zwischen 20 000 und 30 000 Objekte, die wir hier unterbringen», sagt Joachim Huber. Er ist Museumsberater und Planer und ein echter Profi auf diesem Gebiet. Denn Huber hat unter anderem schon Umzüge für das Landesmuseum Zürich oder das Kulturhistorische Museum Wien geleitet.

Ich muss manchmal etwas Tempo raus nehmen.

JOACHIM HUBER, MUSEUMSBERATER

Ideal ausgestattet

Seit Montag werden die historischen Gegenstände der Burg Zug, die bisher an verschiedenen Standorten eingelagert waren, in das zentrale Depot im Choller transportiert. Im Einsatz ist ein zwölfköpfiges Team. Die neuen Räume, die sich unterhalb einer Asylunterkunft befinden, sind ganz auf die Bedürfnisse der Burg Zug ausgerichtet. Die Temperatur liegt bei etwa 15 Grad, die relative Luftfeuchtigkeit beträgt 45 bis 55 Prozent. Das sei für die Objekte ideal, weiss Daniela Ball, Direktorin des Museums. Ausgestattet ist der riesige Keller mit speziellen Regalsystemen, Archivschränken und ausziehbaren Gitterwänden, an denen bereits einige der Gemälde prangen. Inzwischen seien rund 90 Prozent der Stücke angeliefert worden, schätzt Huber. Vorwiegend handle es sich um all jene Objekte, die sich gut in Kisten packen und transportieren liessen. «Die ‹unförmigen› heiklen Dinge erhalten wir in diesen Tagen», sagt Ball.

Im ersten Untergeschoss sind die Zügelmänner damit beschäftigt, ein Sofa aus den 1920er-Jahren auf ein Gestell zu heben. «Vorsicht», weist Huber die beiden an. «Ihr müsst das Möbel am Rahmen greifen. Nie an den Beinen oder an der Lehne, die könnten abbrechen», erklärt der Experte. Die Männer nicken und platzieren das Objekt mit ihren Baumwollhandschuhen auf die obere Ablage des Gestells. Huber: «Wenn man ein Museum zügelt, muss man die Dinge etwas anders anpacken als bei einem gewöhnlichen Haushalt.» Vieles sei zerbrechlich oder einfach nicht mehr so stabil. «Die Männer sind es gewohnt, zackig zu arbeiten. Meine Aufgabe ist es, manchmal etwas Tempo rauszunehmen und auf die Sorgfalt zu achten», weiss Huber aus Erfahrung.

«Wie Weihnachten»

Trotz der Menge an Objekten ist von Chaos im Kulturgüterdepot kaum etwas zu sehen. Vor allem die grösseren Objekte, die bereits angeliefert wurden, sind verstaut. Die Regale und Schränke sind alle beschriftet. «Eine gute Organisation und Planung ist zentral», erklärt Huber. Das Museum habe gute Vorarbeit geleistet. Der Umzug sei seit rund einem Jahr akribisch geplant worden. Man müsse jedoch auch flexibel sein. «80 Prozent funktionieren so wie vorgesehen, den Rest muss man ad hoc entscheiden», sagt der Routinier.

Die intensivste Zeit des Umzugs wird für die Mitarbeiter der Burg Zug noch folgen. «Jetzt beginnt für uns die eigentliche Arbeit», weiss Ball. All die Dinge - vor allem die kleineren Gegenstände - müssten ausgepackt und an der richtigen Stelle eingeräumt werden. In einem Raum haben drei Museumsmitarbeiterinnen damit begonnen. Sie nehmen Kachel um Kachel aus den Kisten. «Während Wochen haben wir all diese Stücke fein säuberlich eingepackt, und jetzt packen wir alles wieder aus», sagt Brigitte Zgraggen und seufzt. Doch die Frauen nehmen die Sisyphusarbeit gelassen. «Wir stellen uns einfach vor, es sei Weihnachten», erzählt Zgraggen lachend. Für die Museumsmitarbeiter wird diese ausserordentliche «Weihnachtszeit» gemäss Ball noch etwas dauern: «Es wird wohl noch etwa ein bis zwei Monate brauchen, bis alles dort steht, wo es hingehört.»

Neue Zuger Zeitung, Samantha Taylor