Ein Symbol für die Auferstehung

Brauchtum & Geschichte

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Der Osterleuchter in der Zuger Gut-Hirt-Kirche ist in den 1950er-Jahren in einem Zuger Atelier entstanden.

  • Paul Stillharts Osterleuchter in der Gut-Hirt-Kirche. (Bild Stefan Kaiser)
    Paul Stillharts Osterleuchter in der Gut-Hirt-Kirche. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Angesichts der Tatsache, dass die Gut-Hirt-Kirche in Zug bereits über 80 Jahre alt ist, so wirkt sie viel moderner als man von einem Gotteshaus aus der Zwischenkriegszeit erwarten würde. Das gilt nicht nur für das Gebäude selbst, sondern ebenso für seine Ausstattung inklusive liturgischem Gerät. Mit der opulenten «Sonnenmonstranz» von Otto Zweifel ist an dieser Stelle bereits eines der augenfälligsten Stücke vorgestellt worden («Hingeschaut» vom 11. Juni 2022).

Dass in der Gut-Hirt-Kirche bereits zu Beginn die Moderne Einzug gehalten hat, war insbesondere Pfarrer Anton Lautenschlager (1898–1965) zu verdanken, der eine offene, nach vorne schauende Haltung vertrat und dies entsprechend auch in die Ausstattung seiner neuen Kirche einfliessen lassen wollte. Mit der Anfertigung des kirchlichen Geräts liess er Künstler beauftragen, die sich von der Formensprache des vorigen Jahrhunderts losgesagt hatten.

Goldener Korpus, weisse Schuppen

Ein weiteres eindrucksvolles Objekt, welches zwar etwas später entstanden ist, sich aber trotzdem gänzlich einer solchen Zukunftsausrichtung verpflichtet, steht gut sichtbar im Chorraum der Kirche. Der grosse, golden schimmernde Kerzenleuchter mit seiner bemerkenswerten Form ist eine Arbeit des Zuger Gold- und Silberschmieds Paul Stillhart aus dem Jahre 1958.

Pfarrer Lautenschlager hatte den Leuchter bei ihm bestellt und dafür knapp 1400 Franken bezahlt, wie die noch immer vorhandene Rechnung ausweist. Stillhart hat den opulenten Kerzenhalter nach einem persönlichen Entwurf gestaltet.

Er hat die Form eines aufrecht auf seinen Schwanzflossen stehenden Fisches mit mondsichelförmig geöffnetem Maul. In diesem steckt ein über 30 Zentimeter langer Dorn als Halter der Kerze. Der Korpus selbst ist 112 Zentimeter hoch. Neun ovalförmige weisse Emaille-Platten sowie ein rundes Emaille-Auge auf der Schauseite geben dem Fisch Kontur und «Gesicht». Sie durchbrechen den eindrücklichen Schimmer-Effekt der glänzenden Messingoberfläche.

Bezug auf das Matthäusevangelium

Paul Stillhart wählte den Fisch als Symbol für die Grablegung und Auferstehung Jesu. Konkret bezieht sich der Fisch auf den Propheten Jona im Matthäusevangelium 12,40. Da heisst es: «Denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Riesenfisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoss der Erde sein.» Jesus kündigt damit seine Auferstehung an. Aufgrund dessen wird Paul Stillharts Kunstwerk als Osterleuchter bezeichnet.

Der 1921 geborene Künstler stammte aus Wil SG. Nach seiner Lehre beim Wiler Silberschmied Willi Buck und dem Studium des figürlichen Zeichnens und Modellierens an der Kunstgewerbeschule St. Gallen verbrachte Stillhart seine Gesellenjahre im Atelier des Zürcher Goldschmieds Pierre Baltensberger. An der Kunstgewerbeschule Zürich bildete sich Stillhart zudem im Emaillieren und Ziselieren aus.

Nachdem er von 1945 bis 1952 in seinem eigenen Atelier in Altstätten im Rheintal tätig gewesen war, zog Paul Stillhart um nach Zug, wohnte in Oberwil und hatte seine Werkstatt an der Zuger Schmiedgasse. Mit ihrer ansprechenden Eigenwilligkeit sowie ästhetischen Einfachheit waren Paul Stillharts liturgischen Geräte bis über die Landesgrenzen bekannt und gefragt.

Mit derselben Liebe für moderne Formen stellte Paul Stillhart neben kirchlichen Gegenständen auch Schmuck her. Ab 1965 lebte Paul Stillhart als freischaffender Künstler in Walchwil und wandte sich in späteren Jahren auch der Malerei zu. Er starb am 13. Juli 1996 in Spanien. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis
In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.