Imposant, laut und sehr beliebt

Brauchtum & Geschichte

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Am Freitag und am Samstag zogen Chlausrotten von Haus zu Haus. Zum zweiten Mal konnten die traditionellen Gestalten an einem Umzug bewundert werden.

  • Trychel- und Iffelenträger begeistern die Zuschauer des zweiten Chlausrotten-Umzugs. (Bild Werner Schelbert)
    Trychel- und Iffelenträger begeistern die Zuschauer des zweiten Chlausrotten-Umzugs. (Bild Werner Schelbert)

Oberägeri – Bereits zwei Tage davor hatte man sie abends von weitem und nahem gehört: die Trycheln. Im regelmässigen Rhythmus der Schritte der Träger schallten sie durch die Dunkelheit. Zusammen mit Iffelen, Geisslechlöpfern und Schwyzerörgeli begleiteten sie die Samichläuse und Schmutzli.

Wie es seit dem 16. Jahrhundert Tradition ist, ziehen in Oberägeri am 4. und am 5. Dezember sechs Rotten von Haus zu Haus. Wer daheim ist, öffnet dem Chlaus die Türe, bittet ihn herein und hört seine Geschichten. Der Schmutzli verteilt Nüsse und Lebkuchen, und der Chlausesel, ein eselähnliches Fantasiegebilde auf einem Stab, bittet um eine Spende. Der historische Hintergrund des Treibens ist der Versuch, mit dem Lärm der Trycheln und Geisslechlepfer Geister und unheimliche Gestalten zu vertreiben. In der Tat ist das Geläute der Trycheln ohrenbetäubend.

Brautschau der besonderen Art

Nach sechs Jahren fiel der 6. Dezember wieder auf einen Samstag, und damit fand der von der Kultur Oberägeri organisierte Chlausrotten-Umzug zum zweiten Mal statt. Zahlreiche Zuschauer hatten sich an diesem kalten Winterabend in Oberägeri versammelt. Wie man es als Kind kennt, lauert eine Spannung in der Luft, kurz bevor der Samichlaus kommt. Hie und da wurde noch ein Witzchen gemacht, gilt der Umzug mit den vielen teilnehmenden Junggesellen hinter vorgehaltener Hand doch auch als Brautschau oder eben Bräutigamschau. Als pünktlich um 19.30 Uhr die Kirchenglocken den Samichlaus einläuten, wird es mucksmäuschenstill. Auf der nur durch die heimelige Weihnachtsbeleuchtung erhellten Strasse beweisen die ersten Geisslechlöpfer unter Applaus ihr Können. Dann hört man die ersten Trycheln. «Es friert mich schon», sagt Janine Züger, die am Strassenrand steht. Der Samichlaus taucht auf und führt mit seinem Esel die erste Rotte, jene aus Alosen, und den Umzug an, gefolgt von der Morgarten-Rotte, der Rotte Mitteldorfberg, der Rämsli-Rotte und der Bethenbühl-Rotte. Der Umzug schliesst mit der Klausengesellschaft Oberägeri. Alle Rotten sind ähnlich aufgebaut: Am Strassenrand entlang marschieren die Trychelträger mit ernster Miene. Sie säumen die Iffelenträger, die in der Mitte gehen. Hinter und vor den Rotten werden die Geisslen «gechlepft». Alle Teilnehmer tragen traditionelle weisse Hirtenhemden und eine schwarze Mütze, den sogenannten Bauelen-Dampf.

Gewaltiges Schlussbouquet

Eine Rotte folgt auf die nächste, und die Trycheln dröhnen gewaltig zwischen den Häusern. Der Ton geht den Zuschauern durch Mark und Bein. Staunend stehen die Leute am Strassenrand. Sie beobachten die Rotten genau, erkennen den einen oder anderen Teilnehmer und winken ihm zu.

Für den Rückweg haben sich die Rotten neu formiert. Diesmal kommen alle sechs Chläuse gemeinsam der Strasse entlang, gefolgt von allen Trychel- und Iffelenträgern. Die rund 250 Teilnehmer des Umzugs machen einen gewaltigen Eindruck. Noch einmal geniessen die Zuschauer den Klang der Trycheln. Zum traditionellen «Ustrychlä» versammeln sich alle Teilnehmer auf dem Parkplatz neben der Kirche. Sie laufen in einer Kreisform, bis alle Trycheln aufgeschlossen haben. Zum Schluss schwingen die Trychelträger ihre Trycheln immer schneller und schneller, bis sie schliesslich stoppen und es langsam wieder ruhig wird. Damit werden die Trycheln, die Iffelen, die Geisslen und die Samichlauskostüme bis zum nächsten Jahr wieder versorgt. (Carmen Desax)