Zuger Stierenmarkt ist ein «Gradmesser»
Brauchtum & Geschichte
An vier Tagen Anfang September gehört der Stierenmarkt denjenigen, welche dem Gelände einst den Namen gaben. Die Veranstaltung ist aber auch ein beliebter Treffpunkt für Familien, Geschäftsleute und Menschen aus der Landwirtschaft.
Zug – Als der Zuger Stierenmarkt 1897 erstmals stattfand, war das Gebiet Herti unverbaut. Es fehlt nicht mehr viel, und die quadratische Fläche, die von niederen Gebäuden umsäumt ist, verwandelt sich in einen von den verschiedensten Events geprägten Quartierplatz.
Der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss betont die Wichtigkeit des Marktes: «Für mich ist der Stierenmarkt der zweitwichtigste gesellschaftliche Anlass in der Stadt Zug.» Der SVP-Politiker nennt dann gleich noch, welchem Event er die Krone aufsetzt: der Generalversammlung der Zuger Kantonalbank in der Bossard-Arena.
Solche Lobeshymnen hört der Direktor von Braunvieh-Schweiz Martin Rust natürlich gerne. Der 133. Stierenmarkt ist der erste, für welchen Rust die alleinige Verantwortung trägt. Äusserungen wie diejenige von Regierungsrat Schleiss sind ihm jederzeit willkommen. Er weiss auch, dass er sich auf ein starkes Team stützen kann. Zu einer perfekten Stieren-Schau gehört aber auch das Publikum. Rust sagt: «Zug ist ein Wirtschaftskanton, der aber auch noch ein landwirtschaftliches Gepräge hat.» Diese Veranstaltung trägt den Ausdruck «Tradition» mit Recht.
Vieh kostet im Schnitt 4000 Franken
Heuer sind 184 Stiere vor Ort. Sie stehen aber im Gegensatz zu früheren Jahren nurmehr einen halben Tag auf dem Platz. «Das Tierwohl ist ein grosses Thema», betont Rust. Zu den Stieren kommen noch 35 bis 40 Rinder in den Verkauf. Laut Rust «handelt es sich um hochstehende Ware». Der Durchschnittspreis könnte sich bei rund 4000 Franken einpendeln.
Der diplomierte Agronom glaubt auch, dass für den Handel mit Braunvieh die Veranstaltung in Zug ein Gradmesser sei, in welche Richtung sich die Preise entwickeln. Die potenziellen Käufer haben die Kataloge mit allen relevanten Angaben zu den Verkaufsobjekten mittlerweile schon intensiv studiert. Die beiden dicken Viehhandel-Kataloge machen alle Details öffentlich. Dazu gehören die Daten der Eltern und vieles mehr. Braunvieh Schweiz geht aber mit der Zeit: Es ist mittlerweile auch möglich, online beim Bieten mitzumachen.
Einer der in Zug aufgereihten Stiere hat Gardemass: Er erreicht – über die Schultern gemessen – eine Höhe von 1,66 Metern. Sein Name: Gracer. Er ist aber nicht nur gross, sondern auch sehr schwer. Rust sagt, dass dieser Stier 1310 Kilogramm auf die Waage bringt.
Der Stierenmarkt ist aber nicht nur ein Magnet für potenzielle Käufer von Braunvieh, denn viel Betrieb und Volksfeststimmung herrscht auch an der Standmeile entlang der Allmendstrasse. In diesem Bereich vermittelt die Stadt Zug die Standbewilligungen. Rico Ramensperger ist einer der zuständigen Kräfte. Er sagt: «Wir haben 60 Anfragen erhalten und konnten aber weniger als die Hälfte berücksichtigen.»
Nebst Tieren werden auch CDs verkauft
Ein Händlerpaar bietet CDs und Compact-Kassetten an. Auf den ersten Blick aus der Zeit gefallen, aber da findet sich die eine oder andere Rarität. Der Verkäufer sagt, «dass wir auch schon bessere Zeiten hatten». Das Angebot umfasst vor allem Volkstümliche Musik. Es können aber dort auch gesprochene Globi-Abenteuer erworben werden.
Das Sortiment haben die Händler in den letzten Jahren kaum noch ergänzt. Corona habe dem Handel geschadet. Alles sei teurer geworden. Da könne sich nicht mehr jeder eine bespielte Compact-Kassette oder CD leisten. Der Mann sagte dann noch: «In ein oder zwei Jahren ist für uns eh Schluss.» Andere bisher nicht berücksichtigte könnten dann den Zuschlag für die Standbewilligung erhalten.
Was weiterhin bleibt: die Stiere und Rinder. In den besten Zeiten waren es zwar einmal rund 1000 Nutztiere, aber es gibt die Kauf-Interessierten immer noch. Auch das Publikum kommt weiterhin. Der Braunvieh-Schweiz-Direktor Martin Rust rechnet mit 10 000 Besuchenden. Allerlei Prominenz hat ihr Kommen signalisiert. Gut ist, dass über diese Gespräche keine Protokolle entstehen. (Text: Marco Morosoli)