Eine Sinnsuche in der Sternwarte

Theater & Tanz

,

«Ab jetzt ist Ruhe» - am Samstag feiert die Kulisse Zug Theaterpremiere im Burgbachkeller. Keine Inszenierung für die breite Masse. Oder doch?

  • Tiefsinn mit einer Prise Humor: das Ensemble der Kulisse Zug im neuen Stück. Im Bild von links: Elena (Gabriela Widmer-Annen), Isabelle (Pia Irányi), Maude (Diana Abächerli) und Lars (Raban Weibel). (Bild Stefan Kaiser)
    Tiefsinn mit einer Prise Humor: das Ensemble der Kulisse Zug im neuen Stück. Im Bild von links: Elena (Gabriela Widmer-Annen), Isabelle (Pia Irányi), Maude (Diana Abächerli) und Lars (Raban Weibel). (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Es hätte ins Auge gehen können: auf einer derart intimen Bühne wie im Burgbachkeller ein Stück zu inszenieren, welches dem Zuschauer einiges abverlangt und den Laienschauspielern ebenso. Ist es aber nicht, denn Regisseur Jan Weissenfels versteht seine Kunst, und die Darsteller wissen seine Inputs gekonnt umzusetzen. Und so ist das Stück der Kulisse Zug «Ab jetzt ist Ruhe» eine Inszenierung, die wohl jeden Geschmack treffen wird.

Aber der Reihe nach: Ein gutes Jahr dauerten die Vorbereitungen zum Stück, die Darsteller suchten zum Thema «Wendepunkte» Figuren, testeten Biografien und improvisierten den ganzen Sommer lang. Bis Jan Weissenfels schliesslich aus den Improvisationen ein Stück schrieb. Im Spiel suchen die Protagonisten in einer alten Sternwarte an einem Seminar - das für den Zuschauer nie wirklich auf der Bühne stattfindet - den tieferen Sinn des Lebens. Je mehr sich die Figuren suchen, desto schneller besteht die Gefahr, sich zu verlieren. Das Seminar soll den ultimativen Wendepunkt bringen, dies scheint anfangs auch zu gelingen.

Charaktere kollidieren - es kracht

Da ist der hibbelige Lars, die fröhliche Soraya, die suchende Elena ... kurzum: Charaktere, die jeder irgendwie kennt, die aber im realen Leben wohl nie  aufeinandertreffen würden. Esoterik-Schwester in entsprechendem Outfit aus den 90ern trifft auf biedere Vorstadthausfrau mit Lebenskrise. Eine leicht zu habende junge Dame mit Bildungsangst ist vom Möchtegernmacker mit romantischer Ader (aber Hang zu Wutausbrüchen) fasziniert. Alles Leute, denen man wohl auch im realen Leben immer und überall irgendwo begegnen könnte - und alle sind sie auf der Suche.

Gut, gibt es da eben besagtes Seminar mit dem sinnigen Titel «Wendepunkte». Durch die Kollision dieser unterschiedlichen Figuren kracht es bald mal so richtig. Besonders wenn da noch der cholerische Ehemann Toni ins Spiel kommt. Und grad wenn es so richtig zu eskalieren droht, besinnt man sich auf die gemeinsamen Atemübungen, die in jedem Fitnessstudio, in jeder zweitklassigen Yogalektion praktiziert werden.

Figuren entwickeln sich

Das alles klingt nach einem Schwank, nach Schenkelklopfhumor. Aber so einfach ist es nicht: Zu fein sind die Figuren gezeichnet, schwer manchmal die Dialoge. Aber jedes Mal, wenn das Stück etwas gar dunkel zu werden droht, schafft es das Ensemble, die Handlung wieder auf einen leichteren Kurs zu bringen. Und spannend, weil unüblich im Kleintheater: Die Figuren entwickeln sich im Verlauf des Handlungsbogens.

Damit dieses Kunststück gelingt, hat Regisseur Jan Weissenfels intensiv mit seinen Laiendarstellern gearbeitet. Er erinnert sich: «Im Stück kommt es zu einer Kussszene. Das kann sehr schnell sehr peinlich werden, denn eine solche Szene ist doch sehr intim.» Die Umsetzung dieser Szene überzeugt letztendlich im Stück. Eine weitere Herausforderung sei das Bühnenbild gewesen, sagt Weissenfels. Das Setting ist eine alte Sternwarte. «Wie sieht eine solche aus? Und wie kann zwischen den Akten die Kulisse umgebaut werden, ohne dass die Handlung gestört wird? Warum überhaupt eine alte Sternwarte?» Fragen, mit denen sich die Theaterleute wochenlang beschäftigt haben. Die Umsetzung des Bühnenbildes übrigens ist schliesslich simpel, aber überzeugend.

«Man spürt jede Regung»

Die Handlung ist figurengetrieben - entsprechend müssen die Charaktere dicht gezeichnet sein. Dies ist wohl die grösste Herausforderung. Zumal auf der kleinen Bühne des Burgbachkellers die Schauspieler sehr nah beim Publikum sind. «Man spürt jede Regung der Anwesenden», bestätigt Pia Irányi, welche die Rolle der etwas hysterischen Isabelle mimt. «Aber genau das macht es spannend. Hier merkt man sofort, wenn etwas beim Publikum nicht ankommt.»

Ankommen wird das Stück beim Publikum, so viel ist sicher. Der Schluss mag nicht jedermanns Sache sein - auf den ersten Blick wirkt die Auflösung etwas gar banal. Man wird vielleicht feststellen, dass viele Fragen ungeklärt bleiben ... Und das regt zum Nachdenken an. Auch dieses Kunststück schafft «Ab jetzt ist Ruhe». (Haymo Empl)

Hinweis
Kulisse Zug - «Ab jetzt ist Ruhe», Theater im Burgbachkeller, St.-Oswalds-Gasse 3, Zug. Premiere am Samstag, 26. Oktober, 20 Uhr. Weitere Spieldaten: 31. Oktober sowie 1., 2.,  3., 6., 8., 9., 10., 14., 15. und 16. November (sonntags jeweils 17 Uhr, sonst 20 Uhr). www.diekulissezug.ch