Sie zirkeln acht Meter lange Leitern durch die Altstadt

Brauchtum & Geschichte

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Mit dem Chriesisturm hat die Kirschensaison offiziell begonnen. Das Rennen mit den Leitern wurde für ein grosses Publikum gefilmt.

  • Zehn Tage später als ursprünglich geplant, hat gestern mit dem symbolischen Auftakt die Kirschenernte begonnen. Mit einer acht Meter langen Leiter ging es im Eilempo durch die Zuger Altstadt. Festgehalten wird der Anlass in diesem Jahr auch von einem ausländischen Filmteam. (Stefan Kaiser)
    Zehn Tage später als ursprünglich geplant, hat gestern mit dem symbolischen Auftakt die Kirschenernte begonnen. Mit einer acht Meter langen Leiter ging es im Eilempo durch die Zuger Altstadt. Festgehalten wird der Anlass in diesem Jahr auch von einem ausländischen Filmteam. (Stefan Kaiser)
  • Kinder der Schule Guthirt waren beim beliebten Rennen auch dabei. Zuvorderst das Team 5 mit Lars Langhans (links) und Luca Hauser. (Stefan Kaiser)
    Kinder der Schule Guthirt waren beim beliebten Rennen auch dabei. Zuvorderst das Team 5 mit Lars Langhans (links) und Luca Hauser. (Stefan Kaiser)

Zug – Normalerweise will man mit diesem Gerät hoch hinaus. Doch in Zug muss die Leiter manchmal auch für die waagrechte Bewältigung von horizontalen Distanzen herhalten: Das Steiginstrument in der traditionellen Ausführung mit Tannenholzholmen und den 30 harthölzernen Sprossen wird hinten und vorne von je einer Person angehoben - und dann wird gerannt.

Fünf solche Tandems sprinten durch die Altstadt, zirkeln die acht Meter langen Leitern mit gedrosseltem Tempo um Häuserecken, nehmen wieder Tempo auf, streifen den Landsgemeindeplatz, tauchen beim Zytturm wieder auf, sind dann schon etwas ausser Atem, aber sie kämpfen sich zurück zum Ausgangspunkt, der Liebfrauenkapelle.

So sehen Plauschrennen aus. Am Schluss hat zwar jemand gewonnen - Philip Renggli und Philip Krummenacher, die das Team der Korporation Zug bilden. Aber der Krampf hat sich für alle gelohnt, denn die Show ist gelungen. Das Publikum, das zum Zuger Chriesisturm in die Altstadt gekommen ist, hat etwas anzufeuern gehabt. Auch Kinder, denn ihresgleichen, sprich Viert- und Fünftklässler des Schulhauses Guthirt, sind in einer zweiten Staffel angetreten: weniger Sprossen, kürzere Leitern, abgekürzter Parcours.

Aus der Tradition entstanden

So beginnt hier in Zug seit fünf Jahren die Chriesisaison. Zuschauer finden das natürlich eine lustige, aber etwas verrückte Sache. Was sie möglicherweise nicht wissen: dass die Glocke, die sie eben vernommen haben, die Chriesiglocke der Liebfrauenkapelle ist. Und dass eine Chriesiglocke schon im 18. Jahrhundert den Chriesisturm eröffnete. Denn damals, so ist schriftlich überliefert, standen auf allgemeinem Boden, der Zuger Allmend, 1000 Kirschbäume. Sobald die Kirschen reif waren, läutete die Vorgängerin der heutigen «Chriesiglogge», eine grosse Glocke der Kirche St. Michael. Auf dieses Zeichen hin stürmten die Zuger mit Leitern auf die Allmend. Der Erste, der seine Leiter stellte, durfte alle Früchte des Baumes ernten.

Heuer musste der Chriesisturm um zehn Tage verschoben werden, weil sich wegen des nasskalten Wetters die Kirschenernte um zwei Wochen verzögert hat. Über schlechtes Wetter musste sich gestern niemand beklagen. Der Himmel blieb blau, und die Sonne schien. Zum anschliessenden Chriesisturmessen, das auch der Rahmen für die Rangverkündigung war, waren die vielen Bänke unter den grossen Sonnenschirmen voll. An Verkaufsständen gab es Zuger Chriesi in allen Varianten: von Kirsch und Kirschtorte über Chriesibier und Chriesiwurst bis zu den Chriesigloggä aus Schokolade und allerlei Chriesi-Souvenirs. Und es gab natürlich die Tafelkirsche an sich.

Den ganzen Monat Juli wird man die Spezialitäten auf dem Landsgemeindeplatz kaufen können. Täglich ist von Montag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr Chriesimärt.

Die Kulturredaktion filmt

Der Zuger Chriesisturm hat sich in seiner fünften Ausgabe schon zum Medienereignis gemausert. Neben Fotografen und Videoreportern war auch ein ganzes Filmteam von Arte/SWF auszumachen. Das Team geht den kulturellen Wurzeln des Zuger Kirschs nach. Der Beitrag, den man vermutlich 2014 sehen kann, ist Teil einer vierteiligen Reihe, die sich mit traditionellen Spirituosen befasst. Vorher hatte die Crew die Herkunft des Absinth im französischen und Schweizer Jura erkundet.

Rangliste
Erwachsene: 1. Korporation Zug, Philip Renggli und Philip Krummenacher; 2. Patenschaften, Kurt Strupzpina und Jan Egli; 3. Executive Runners, Matthias Michel und Karl Kobelt; 4. Zuger Bäckerzunft, Felix Kuhn und Beat Aklin; 5. Zuger Netzwörker, Josef Huwyler und Toni Müller. 4./5. Primarklasse Schulhaus Guthirt: 1. Lars Langhans und Luca Hauser; 2. Antonio Saric und Antonio Majdandzic; 3. Niki Pantelic und Francesto Panarese; 4. Aarththy Shanthamalingam und Eva Wiget; 5. Angela Rust und Agathe Bauduin.

Neue Zuger Zeitung, Christian Volken