In der Backstube von anno dazumal

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Im Café Brändle in Unterägeri versetzt ein Wandgemälde die Gäste zurück in alte Zeiten.

  • Die Illusionsmalerei von Andy Ineichen im Café Brändle gibt den Blick in eine Backstube aus vergangenen Zeiten frei. Das Ofentor ist original. (Bild Stefan Kaiser)
    Die Illusionsmalerei von Andy Ineichen im Café Brändle gibt den Blick in eine Backstube aus vergangenen Zeiten frei. Das Ofentor ist original. (Bild Stefan Kaiser)

Unterägeri – Der Genuss von Bekömmlichem ist dann besonders gross, wenn man gleich mit eigenen Augen sieht, wo und wie es zubereitet wird. Dass dies sogar über den Weg illusionistischer Malerei funktioniert, dürfen die Gäste im Café Brändle in Unterägeri erfahren. Im dortigen «Bäckerstübli» dominiert ein beeindruckendes Wandgemälde den Raum. Es gibt den Blick in eine Backstube aus früherer Zeit frei.

Im Zentrum steht der Holzofen mit schwerer Eisentür, links und rechts davon sind kräftige Bäckersgesellen mit ihrer Arbeit beschäftigt. An der Wand sind Utensilien wie Brotschaufeln und Backformen auszumachen. Backsteinfriese und eine angedeutete Gewölbearchitektur geben dem Gemälde zusätzliche Tiefe. Dadurch, dass die Malerei links in den Gastraum hineinragt, entsteht der Eindruck, man sitze direkt in der Backstube.

Alte Ofentür als Andenken erhalten geblieben

Die Wandmalerei im Café Brändle ist in den 1990er-Jahren entstanden. Es war ein Auftrag des damaligen Besitzers Charly Brändle, welcher 1971 mit seiner Frau Yvonne das einstige Café Guler erworben und es in Café Brändle unbenannt hatte. Im Zuge eines Umbaus wurde der alte Holzofen in der Backstube ersetzt, als Andenken jedoch dessen Eisentür erhalten und in die Wand des «Bäckerstübli» eingelassen - als Dekoration und Andenken an vergangene Zeiten. Der Auftrag für das Gemälde ging schliesslich an den Illusions- und Kunstmaler Andy Ineichen aus dem nahen Freiamt, mit dem die Brändles freundschaftlich verbunden waren und sind: Thomas Brändle war beim Theater Unterägeri engagiert, Andy Ineichen um das Bühnenbild besorgt. Vater Charly einigte sich als Auftraggeber mit dem Künstler schliesslich auf das Sujet einer Backstube von einst.

Ausgehend von der alten, nachträglich patinierten Ofentür als einzig realem Element der Szenerie, hat Andy Ineichen die rustikale Backstube mit Acryl auf den Weissputz der Wand gebannt. Auffallend ist, wie kräftig er die Bäckersleute abbildet. «In jener Zeit kannte man die grossen Knetmaschinen und andere Geräte nicht, die man in heutigen Backstuben findet», führt der Maler aus. «Brot backen war anstrengende Handarbeit. Entsprechend fit musste man sein, und deshalb habe ich die Gesellen so muskulös gestaltet.»

Auf Ineichens Gemälde sind mindestens drei Stufen im Entstehungsprozess eines Brotes auszumachen: Am rechten Bildrand fällt der Blick durchs Fenster auf das noch ungeerntete Getreide in einem weiten Feld. Das daraus entstandene Mehl verarbeiten die Bäckergesellen in den Teig. Nach dem Backvorgang liegt das fertige Brot vor, welches Ineichen in seinem Gemälde in Form eines stilllebenartig, fein drapierten Brotkorbes abbildet. Die Szene wirkt so lebendig und authentisch, dass man glauben möchte, den aus der aufgeräumten Backstube strömenden Duft von frisch gebackenem Brot wahrzunehmen.

Demnächst dürfte das illusionistische Wandgemälde im Café Brändle eine noch individuellere Note bekommen. «Mein Vater hat es immer mal wieder bereut, dass er sich seinerzeit, als die Malerei entstanden ist, nicht gleich in der Gestalt von einem der abgebildeten Bäcker hat verewigen lassen», sagt Thomas Brändle und verrät nun, dass er anlässlich des 80. Geburtstages seines Vaters von Andy Ineichen dem Bäckersmann links im Vordergrund dessen Gesicht verleihen wird. So wird Brändle Senior in der Café Konditorei fortan stets als fleissiger Bäcker präsent sein. (Andreas Faessler)

Hinweis
In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.