Orchester feiert sein Jubiläum nach

Musik

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Eine Auftragskomposition mit fünf Sätzen und 125 aussagekräftige Bilder aus der Geschichte: Das Orchester Cham-Hünenberg feiert seinen Bestand mit einem aufwendigen Projekt und blickt auf ereignisreiche Jahrzehnte zurück.

  • Das Orchester Cham-Hünenberg in seiner aktuellen Zusammensetzung. (Bilder PD )
    Das Orchester Cham-Hünenberg in seiner aktuellen Zusammensetzung. (Bilder PD )
  • Anno 1902 war das Orchester ein reiner «Herrenverein».
    Anno 1902 war das Orchester ein reiner «Herrenverein».

Cham – Mancher lokale Klangkörper hat eine lange Tradition und über viele Jahrzehnte hinweg einen wichtigen Stellenwert im Kulturleben vor Ort innegehabt – bis heute und hoffentlich auch in Zukunft. Das Orchester Cham-Hünenberg ist ein repräsentatives Beispiel. 1895 von ein paar Musikfreunden aus dem Dorf als «Orchesterverein Cham» gegründet, hat das Ensemble sämtliche gesellschaftlichen und politischen Höhen und Tiefen der letzten 127 Jahre überdauert.

Das heute im Kern aus 30 bis 35 Streicherinnen und Streichern bestehende Orchester unter der musikalischen Leitung von Samuel Nyffeler ist als Verein so aktiv und innovativ unterwegs wie eh und je. Seine Um­benennung mit dem gemeindlichen Doppelnamen rührt daher, dass in den 1980er-Jahren knapp die Hälfte der Mitglieder in Hünenberg wohnhaft war. Heute sind viele ausserhalb von Cham oder Hünenberg ansässig, dem Orchester jedoch treu geblieben. So geht Beständigkeit und Kontinuität.

2020 war das grosse Feierjahr: Auf eineinviertel Jahrhundert konnte der Orchesterverein zurückblicken. Richard T. Meier, der sich selbst schalkhaft «Tutti-Bratschist» nennt und seit geschlagenen 60 Jahren zum Orchester gehört, hatte tief in die Mottenkiste der Lokalgeschichte gegriffen. Aus dem Material hat er eine 114-seitige, reich illustrierte Jubiläumsschrift respektive Orchesterchronik erarbeitet, welche die Geschichte des Orchesters auf unterhaltsame Weise abbildet.

Ein Streifzug durch die Jahrzehnte

Diese ereignisreiche Zeit sollte vor zwei Jahren auch das Projekt mit dem Titel «Flashback – eine bebilderte Jubiläumskomposition» wiedergeben. Doch diesem Unterfangen machte die Coronapandemie einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Jetzt ist das aufwendige Spektakel endlich auf dem Weg, und man harrt mit Vorfreude der nun Ende März/Anfang April 2023 vorgesehenen Aufführung.

Allein der Projekttitel «Flash­back» (engl. «Rückblende») insinuiert, dass das traditionsreiche Orchester mit der Zeit geht. Kurzum: «Flashback» ist eine klingende Bildschau, die einen Blick auf die vergangenen 125 Jahre des Ennetseer Vereins gewährt. Mit deren Vertonung war die heute 33-jährige Ostschweizer Komponistin Sandra Stadler beauftragt worden.

«Ihre Arbeitsweise hat uns überzeugt», sagt Orchesterpräsidentin Michèle Willimann dazu und drückt ihre persönliche Vorfreude auf die Durchführung aus. «Wir haben das Ganze wegen der Pandemie zweimal verschieben müssen. Die Ungewissheit in den letzten zwei Jahren und die Gefahr, alles wieder zu unterbrechen, waren zu gross.»

Vom Streich- zum Sinfonieorchester

Doch nun dürfte dem nichts mehr im Wege stehen. «Flashback» gehört zu den ambitiösesten Projekten des Orchesters der vergangenen Jahre. Dazu erweitert es sich selbst zu einem sinfonischen Klangkörper: «Als ansonsten reines Streichorchester gesellen sich eigens dafür Bläserinnen und Bläser sowie Perkussionistinnen und Perkussionisten von auswärts zu uns», merkt Vorstandsmitglied Barbara Hess dazu an. «Die Vorarbeit ist sehr intensiv», so die beiden Frauen, die auch selbst als Instrumentalistinnen im Orchester aktiv sind.

Eine Bilderschau mit Musik untermalt – das klingt nur im ersten Moment nach etwas Einfachem. Denn abgesehen vom Einstudieren einer neuen, eigens für diesen Anlass geschriebenen Komposition ist die Auswahl der gezeigten 125 Bilder fachmännisch kuratiert.

Der Zuger Historiker Michael van Orsouw hat sich mit der Vereinsgeschichte auseinandergesetzt und 125 passende Fotografien ausgesucht. Viele von ihnen stehen mit dem Orchester selbst im Kontext, einige verbildlichen das Geschehen von einst oder zeigen die Gemeinde respektive den Kanton im Spiegel der Zeit. Michèle Willimann beschreibt den Ablauf: «Mehrere Bilder werden nacheinander im Abstand von einigen Sekunden gezeigt. Dann bleibt die Schau bei einem bestimmten Bild länger stehen. Auf dieses fällt schliesslich ein besonderes Schlaglicht.»

Sandra Stadlers Komposition ist in Atmosphäre und Klangfarbe auf die Bilder ab­gestimmt. Sie interpretiert das Gesehene musikalisch und setzt die Fotografien in einen Kontext mit der fortschreitenden Zeit sowie dem Befinden der Zuger Bevölkerung in turbulenten und ruhigen Phasen der letzten 125 Jahre.

Es sind insgesamt fünf Sätze, sie entsprechen fünf Zeit­abschnitten: Aufbruch in die Moderne, Krieg und Krise, Boom der Nachkriegszeit, Kalter Krieg und gedämpfte Stimmung, schliesslich das neue Jahrtausend als Zeit der Gegensätze. «Obschon Sandra Stadlers Musik auf die Bilder ab­gestimmt ist, ist sie eingängig», merkt Barbara Hess an und will die Neugier auf die Uraufführung wecken.

Das Projekt «Flashback – eine bebilderte Jubiläums­komposition» mit rund 60 Mitwirkenden im Orchester wird an den Tagen vom 31. März bis 2. April 2023 im Chamer Lorzensaal aufgeführt. (Text von Andreas Faessler)