Vom Staubsauger zur Schreibfeder
Literatur & Gesellschaft
Edith Gould hat eine Metamorphose von der Raumpflegerin zur Schriftstellerin durchlaufen. In Oberägeri präsentierte sie ihr Erstlingswerk.
Oberägeri – Mit ihrer leichtfüssigen Komödie «Karpfen im Froschteich», die sich um Liebe, Frauenfreundschaften und Selbstliebe dreht, trifft Edith Gould direkt ins Herz der vornehmlich weiblichen Leserschaft. Kein Wunder also, dass am Freitagabend im Kafi Uszyt Oberägeri ausschliesslich Frauen erschienen, um Kostproben aus dem Debütroman der Schriftstellerin zu geniessen und sich eine kleine Auszeit vom Alltag zu gönnen.
Die Protagonistin Katja ist eine junge Frau, die sich mit einer Teilzeitanstellung bei der Spitex und einigen ausgefallenen Nebenjobs, etwa als Telefonherzensbrecherin bei einer Flirtlinie, finanziell knapp über Wasser hält. Ihre prekären Verhältnisse möchte sie um jeden Preis vor ihren zwei reich gewordenen Freundinnen verbergen, aus Angst, ausgegrenzt zu werden. Der Spagat zwischen Schein und Sein gelingt Katja meist gut, doch führt das Versteckspiel mitunter zu skurrilen und urkomischen Situationen. Am Ende löst sich alles in Minne auf, ganz nach Goulds Versprechen einer «Happy-End-Garantie» auf ihrer Website.
«Gestatten, ich bin die Putzfrau!», so stellt sich Gould auf einem Flyer vor. «Und nein, ich habe keinen Reinigungsratgeber geschrieben, sondern einen Unterhaltungsroman», ergänzt sie schalkhaft. Die Schriftstellerin aus Unterägeri hat den Sprung von der Raumpflegerin zur Autorin vollzogen und schöpft ihre Ideen nicht aus stillen Schreibstunden, sondern aus Erlebnissen im Alltag.
Liebe zur Literatur dank Hörbüchern bei der Arbeit
Während ihrer Arbeit als Raumpflegerin im Kanton Zug entdeckte Gould ihre Liebe zur Literatur. Hörbücher, ausgeliehen in der Bibliothek Unterägeri, begleiteten sie regelmässig bei ihrer Tätigkeit und weckten in ihr den Wunsch, zur Feder zu greifen und Geschichten zu schreiben. Zu ihren Vorbildern zählen Autoren wie Kerstin Gier, die schwierige Themen meisterlich aufzulockern versteht, sowie Jan Weiler, dessen sprachliche Bilder sie faszinieren. Inspirationen überkommen sie häufig beim Staubsaugen, Fensterputzen oder Bügeln. «Mein Ideenmotor springt ziemlich zuverlässig an, wenn ich als Putzfrau unterwegs bin», erklärt Gould.
Mit sprachlicher Präzision und feinsinnigem Humor beleuchtet die Autorin in ihrem Erstlingswerk die Dynamik zwischen den Figuren. Dabei entführt sie ihre Leserschaft gekonnt in eine Welt, die als Mikrokosmos für grössere gesellschaftliche Themen dient. Selbst sensible Bereiche wie sexuelle Belästigung werden thematisiert, ohne dabei bedrückend zu wirken. Für Erheiterung sorgt etwa eine Episode, in der Katja ihrem übergriffigen Ausbildner einen vollen Urinbeutel an den Kopf wirft.
«Ich schreibe Geschichten aus der Zentralschweiz, bei denen man mitfühlen und herzhaft lachen kann», beschreibt Gould die Ausrichtung ihres literarischen Werks. Lokalkolorit lässt sie in ihrem Roman auch nicht vermissen, erinnert doch das fiktive Sonnwil an die liebliche Landschaft des Ägeritals.
Im Dialog mit ihrer Leserschaft findet Gould eine wesentliche Motivation für ihr Schaffen. Über Instagram und mit einem Newsletter pflegt sie einen engen Kontakt zu ihrer Leserschaft, deren Feedback ihr sehr viel bedeutet. «Die grösste Freude ist ganz klar der Austausch mit meinen Leserinnen», schwärmt sie. Ende September wird ihr literarischer Adventskalender mit Kurzgeschichten erscheinen. Und ihren nächsten Roman, in dem Katja wieder die Hauptrolle spielen wird, hat sie bereits in Angriff genommen. (Text: Ingrid Hieronymi)