Er komponiert ohne Noten

Brauchtum & Geschichte

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Volksmusiker Dolfi Rogenmoser aus Oberägeri komponierte 87 Ländlermusikstücke. Sein Gesamtwerk wurde nun in Notenschrift erfasst.

  • Ländlermusiker Dolfi Rogenmoser mit seinem Schwyzerörgeli in seinem Garten am Ägerisee. (Bild Matthais Jurt)
    Ländlermusiker Dolfi Rogenmoser mit seinem Schwyzerörgeli in seinem Garten am Ägerisee. (Bild Matthais Jurt)

Unterägeri – 87 Kompositionen hat Dolfi Rogenmoser während seiner aktiven Zeit als Volksmusiker komponiert, und dies ohne Kenntnis der Notenschrift. «Ich habe einfach georgelt, probiert und die Melodien dann gemeinsam mit meinen Kollegen immer wieder gespielt, damit sie uns in Erinnerung blieben», erzählt der 88-Jährige.

Heute existieren Tonträger der Kompositionen, mit Hilfe derer die vom Haus der Volksmusik beauftragten Musiker Willi Valotti (Akkordeonist) und Florian Gass (Schwyzerörgeler) sämtliche Stücke im Austausch mit Dolfi Rogenmoser in Notenschrift erfasst haben. Entstanden sind drei Notenbände mit sämtlichen Werken. Die Kompositionen für Akkordeon sind in Notenschrift verfügbar, diejenigen für Schwyzerörgeli sowohl in Notenschrift als auch in Griffschrift. Am Samstag, 29. Oktober, findet in der Aula Maienmatt in Oberägeri die öffentliche Vernissage statt.

Er begann mit acht Jahren

Auch das Spielen auf dem Schwyzerörgeli brachte sich der begabte Hobbymusiker im Alter von erst acht Jahren selbst bei, denn es musizierte niemand in seiner Familie, und einen Lehrer gabs erst recht nicht. «Mein Vater brachte ein Schwyzerörgeli von der Arbeit mit heim, das er irgendwo bekommen oder erstanden hatte», erinnert sich der Pensionär.

Auf diesem Örgeli mit seinen kleinen Kinderhänden die Bässe zu greifen, sei jedoch so schwierig gewesen, dass er fast die Freude am Spiel verloren habe. «Deshalb schenkte mir mein Vater später ein passenderes, 16-bässiges Eichhorn-Örgeli, das heute 100 Jahre alt ist und das ich immer noch besitze.»

Er habe das Instrument genommen, sich auf die Ofenbank gesetzt und den Kopf tief darüber gebeugt, damit er die Töne ganz nah habe hören können. «Das klang so wunderschön. Ich habe einfach ausprobiert und versucht, die Lieder, die wir auf dem Grammophon abspielten oder die meine Mutter sang, nachzuspielen.» Er staune selbst darüber, wie ihm das so einfach gelungen sei. «Ich hatte wohl ein Talent dafür.»

So hätten mit der Zeit regelmässig schöne, gesellige Lieder- und Tanzabende in Rogenmosers Stube stattgefunden. «Man sagt mir nach, eine ganz besondere Spieltechnik zu haben. Ich kann das selbst gar nicht so recht beurteilen. Ich spiele einfach mit Freude.»

Spezielle Spieltechnik in den Noten eingefangen

Diese spezielle Zieh- und Stosstechnik versuchten die beiden Autoren der Notenbücher durch Beobachtung von Rogenmosers Spiel einzufangen und in die Notenschriften zu integrieren, um die Stücke so authentisch wie möglich zu erhalten. Beruflich zog es den Oberägerer in die Natur. Nach der Schule arbeitete er während zehn Jahre als landwirtschaftlicher Knecht, anschliessend 40 Jahre lang als Forstarbeiter bei der Korporation Zug. Beide Tätigkeiten übte er mit Freude und Leidenschaft aus. Dolfi Rogenmoser deutet auf die Zeichnung eines stattlichen Bauernhauses an der Wand seiner gemütlichen Küche. «So sah mein Elternhaus aus, in dem wir an genau der gleichen Stelle wohnten wie meine Partnerin und ich heute.» Nämlich direkt am Ägerisee mit eigenem Seeanstoss. Für das Gewässer habe man sich damals jedoch kaum interessiert. Rogenmoser verblüfft mit der schlichten Aussage: «Ich habe nie schwimmen gelernt.»

Nach dem Hinscheiden der Eltern erbauten die drei Geschwister anstelle des Bauernhauses drei Mehrfamilienhäuser. In einem davon lebte der dreifache Vater – und inzwischen Gross- und Urgrossvater – Dolfi Rogenmoser mit seiner eigenen Familie und der früh verstorbenen Ehefrau. Sein grosses Talent vererbte er einem seiner Söhne, der mit den rassigen Ländlern heute auf der anderen Seite der Weltkugel amerikanische Zuhörerinnen und Zuhörer erfreut.

In den 1960er-Jahren wurde der begabte Volksmusiker mit seinem Partner Alois Betschart im Handorgelduo Betschart-Rogenmoser landesweit bekannt. Nach Betscharts Tod 1978 trat er mit Willi Zahner auf. Dieser wurde 2007 von Friedel Herger abgelöst. Am Heirassa-Festival 2021 in Weggis nahm Dolfi Rogenmoser im Alter von 87 Jahren Abschied von der Bühne. Während seiner aktiven Zeit entstanden 15 Langspielplatten (LP), 50 Singels (EP) und 12 Compact Discs (CD). «Ich vermisse die Auftritte nicht. Heute macht es mich eher nervös, wenn ich vor Publikum spielen muss, was früher nie der Fall war», gesteht der Routinier. Kopf und Hand würden nicht mehr so gut harmonieren. «Aber wir gehen oft an Ländlerabende und Volksmusikkonzerte», verrät Partnerin Dorothea Bratschi. Während des Gesprächs läuft die Musikwelle im Radio, welcher das zufriedene Paar tagein, tagaus lauscht.

Heute gebe es wieder viele junge Talente, die sehr schöne Musik machen würden, betont Dolfi Rogemoser bewundernd und ergänzt: «Meinen Erfolg habe ich den Zuhörerinnen und Zuhörern zu verdanken, die mich immer wieder ermutigt haben, weiterzumachen.» (Text von Cornelia Bisch)

Hinweis Am Samstag, 29. Oktober, findet in der Aula Maienmatt, Oberägeri, die öffentliche Vernissage der drei Notenbände von Dolfi Rogenmoser statt. Es spielen Willis Wyberkapelle (mit Willi Valotti) und Söck (mit Florian Gass) Stücke daraus. Der Anlass beginnt um 14 Uhr; der Eintritt ist frei, Türkollekte.