Er verhilft zum guten Ton
Musik
Trompeter, Saxofonisten und Klarinettenspieler gehen seit 25 Jahren ins Blashaus. Darunter auch Profis aus ganz Europa.
Zug – Eine Stadt mit vielen Fassaden, hinter denen sich vieles abspielt, was nur wenige wissen: Oft wird dieses Bild für Zug und die internationalen Geschäfte verwendet, die sich hinter metallenen und gläsernen Fronten abspielen. Ein bisschen trifft das auch für die Pilatusstrasse 3 zu. Zwar hat die Fassade des beschaulichen Altbaus nichts gemein mit anonymen Bürobauten. Aber auch hier gibt es Vorgänge, die weitgehend nur Insidern bekannt sind. Dass die Vorgänge eine gewisse Internationalität haben, trifft auch zu. Doch davon später. Das betreffende Haus, zumindest das Geschäft im Erdgeschoss, heisst Blashaus.
Das Fachgeschäft
Zunächst einmal ist das Blashaus seit einem Vierteljahrhundert ein Fachgeschäft für Holz- und Blechblasinstrumente. Trompeten und Posaunen, Saxofone, Klarinetten oder Flöten - was es zum Musizieren braucht, wird hier verkauft, vermietet und repariert. Martin Suter hat das Blashaus seinerzeit in Luzern mitgegründet. 1996 zog er, mittlerweile alleiniger Besitzer, mit seinem Einmannbetrieb nach Zug und mietete sich am heutigen Standort ein. Im verwinkelten Geschäftslokal mit Laden, Büro und einer grossen Werkstatt ist heute ein Viererteam am Werk: Nebst dem Chef sind das die Instrumentenbauer - und Musiker - Werni Keller, Marcus Hassler und Björn Kricke.
Nicht dass das alles Fassade wäre. Die täglichen Anliegen der Zuger Kundschaft sind sogar das hauptsächliche Geschäft des Blashauses. Musiklehrer, und gleich auch deren Musikschüler, Mitglieder von Bands und Big Bands, Musikvereinen und Guuggenmusiken gehen hier ein und aus.
Wir haben eine spezielle Handschrift und verwenden auch spezielle Materialien.
MARTIN SUTER, INSTRUMENTENBAUER
Instrumente umbauen
Aber da ist eben diese Spezialisierung auf eine Nische, die europaweit schon fast einzigartig ist: Das Blashaus restauriert alte Instrumente für Kunden, die allerhöchste Ansprüche haben. Da wird die Mechanik dem Bedürfnis nach leichterem oder stärkerem Druck angepasst, zur Leichtläufigkeit gebracht. Das Blashaus-Team weiss auch, wie man den Klang eines Instruments beeinflusst oder gar Fehler des Herstellers korrigiert. «Insbesondere bei den grossen Klarinetten, da sind wir Spezialisten.» Aber auch für Saxofone. Es kann durchaus sein, dass man auf ein Conn-Chu-Berry-Tenorsaxofon mit tollem Klang anstelle der veralteten Mechanik aus den 1920er-Jahren eine komplett neue aufsetzt.
Klar, nur Profimusiker schätzen diese Qualität und zahlen auch den Preis dafür. «Für diese Musiker sind wir dasselbe wie der Servicemann für den Skifahrer», umschreibt Martin Suter die Zusammenarbeit in diesem Kundensegment. Martin Suter und sein Team wissen, was der Auftraggeber will. Der Musiker seinerseits würde gleich merken, wenn ein anderer sich an seinem Instrument zu schaffen gemacht hätte. «Wir haben eine spezielle Handschrift, und wir verwenden auch spezielle Materialien.»
Entscheidende Tausendstel
Dann steht da noch eine Ausrüstung, bestehend aus einem Konturmessgerät und einer CNC-Drehbank. Da hat sich das Blashaus gleich nochmals einer Nische zugewandt, die Zulauf von Profimusikern beschert. Martin Suter kann Mundstücke von Blechblasinstrumenten rundum ausmessen, die Daten analysieren und vergleichen und dem Musiker ein verbessertes Exemplar herstellen. Was Laien eher achselzuckend zur Kenntnis nehmen, kann einen Profi schon mal begeistern. Dabei geht es um Tausendstelmillimeter, die den guten Ton der Trompete ausmachen können. Das ist eine in Europa einzigartige Unikatherstellung. Die Problemstellung, so Suter, ist meistens die Frage «warum tönt meine Trompete mit dem neuen Mundstück nicht mehr gleich?».
«Ja, wir werden international wahrgenommen in dieser Gemeinde der spezialisierten Profis», der «Angefressenen», wie Martin Suter sie nennt. Dies wohl, weil er selber einer ist. Seine Lösungen sind in jahrelangem, beseeltem Tüfteln entstanden und bauen auf einem immensen Erfahrungsschatz auf. Ein echter Zuger Rohstoff.
Neue Zuger Zeitung, Christian Volken