Es jutzt, jodelt und hornt in den Lokalen

Brauchtum & Geschichte, Musik

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Gut durchorganisiert und perfekt getaktet fanden die Vorträge der 10 000 Aktiven in elf Vortragslokalen in Zug statt. Ein Augenschein.

  • Der Jodlerklub Bärgblueme aus Steinhausen. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
    Der Jodlerklub Bärgblueme aus Steinhausen. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
  • Das Alphorntrio vom Nübächli. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
    Das Alphorntrio vom Nübächli. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
  • Das Fahnenschwinger-Duett Stefan (links) und Urs Fischer. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
    Das Fahnenschwinger-Duett Stefan (links) und Urs Fischer. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
  • Die beiden Jodlerinnen Helen HirschiBieri (links) und Madlen Bieri-Bieri. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)
    Die beiden Jodlerinnen Helen HirschiBieri (links) und Madlen Bieri-Bieri. (Bilder Maria Schmid/Cornelia Bisch)

Zug – Voller freudiger Erwartung zogen Jodlervolk und Publikum aus allen Richtungen am Freitagmittag in die Stadt Zug ein. «Es ist alles ganz wunderbar signalisiert», rühmt eine Passantin, die vom Bahnhof in Richtung der Wettbewerbslokale im Westen der Stadt unterwegs ist. Fürwahr haben die 1400 Helfenden ganze Arbeit geleistet. Wer dennoch Fragen hat, findet überall unzählige Männer und Frauen, die mit dem typischen «Staff»-T-Shirt bekleidet sind und freundlich weiterhelfen.

Als Erste starten die Alphornbläserinnen und Fahnenschwinger. Im Fünf-Minuten-Takt tragen sie ihre bemerkenswerten Künste vor, gekleidet in vielfältige, teils reich geschmückte Festtagstrachten ihrer Herkunftsorte.

Mit trockenem Mund bläst es sich schlecht

«Man spielt schon anders, wenn eine Jury zuhört», sagt Esther Mohr aus Unterägeri, die gemeinsam mit ihrem Mann Roger und Hansruedi von Wyl aus Baar das Alphorntrio vom Nübächli bildet. Dieses hat am Freitagmittag im Fussballstadion Zug einen der ersten Alphornvorträge des Tages bestritten. Sein Mund sei zu trocken gewesen, das habe man gehört, stellt von Wyl bedauernd fest. Trotzdem sind alle drei zufrieden. «Wir sind stolz darauf, dass wir dabei sein durften», fasst Esther Mohr zusammen.

Derweil tritt die 22-jährige Anna Rudolf von Rohr aus Selzach im Kanton Solothurn mit ihrem Stück «Alessia» solistisch auf. Ihre jugendliche Ausstrahlung zieht Jury und Publikum in ihren Bann. «Einmal gehört, wollte ich unbedingt Alphorn spielen», erzählt die zierliche junge Frau. Im Alter von erst zehn Jahren habe sie schliesslich damit begonnen und nehme nun regelmässig an Wettkämpfen teil.

Nun sind Les Trois, drei sportliche junge Herren aus Altdorf, St.Erhard und Ruswil an der Reihe mit dem Stück «B hüeti Gott mi liebi Heimat». Sie wirken ruhig und souverän und legen einen perfekten Auftritt auf den Rasen. Man hört sofort, dass sie erfahrene Bläser sind. «Wir spielten früher zusammen in einer Blasmusik», berichten sie. Das sei ihnen dann zu anstrengend geworden, sodass sie sich entschieden hätten, als Trio aufs Alphorn umzusatteln.

Das Niveau ist hoch

In der extra mit Teppichboden ausgelegten grossen Turnhalle der Kanti Zug finden sich die «Fähndler» ein, um nach genauen Regeln und Vorgaben ihre Schweizer- oder Kantonsfahnen zu schwingen. Auch hier ist das Niveau hoch, dennoch fällt hin und wieder eine Fahne zu Boden oder verwickelt sich. «Ein Fall ist der Super-GAU», erläutert Tobias Camenzind aus Weggis, der heute als Ersatzjuror tätig ist und selbst an den Wettkämpfen teilnimmt. Aber es sei auch schnell passiert, vor allem, wenn man etwas nervös sei.

Der 32-Jährige stammt aus einer Fähndler-Familie und hat bereits mit 12 Jahren mit dem Fahnenschwingen begonnen, ist also ein Vollprofi. «Wenn jemand aus dem innersten Kreis tritt oder den Oberkörper zu stark bewegt, gibt das Abzug», erklärt er. Ebenso, wenn ein Schwung wie der «Rigihoch», der «Pilatusstich» oder der «Bürgenstöckler» nicht hoch oder akkurat genug ausfalle.

«Auch Verwicklungen der Fahne, s genannte Verwickler, sind schlecht.» Bekomme man sie mit einem beherzten Schütteln frei, sei noch nicht viel verloren. «Wenn man aber mit der Hand nachhelfen muss, gibt es weitere Minuspunkte.»

Es sei aber auch möglich, bis zu vier Bonuspunkte zu ergattern, indem man besonders schwierige Schwünge, Würfe oder Beinkombinationen zum Besten gebe. «Jede Vorführung dauert exakt drei Minuten», weiss der Fachmann.

Das Duett von Stefan Fischer, 44, aus Fürigen und seinem Vater Urs, 71, aus Eschenbach fällt durch besondere Harmonie und Vertrautheit auf. Hier hat nicht der Vater das Hobby dem Sohn vererbt, sondern umgekehrt. «Ich habe schon als Kind angefangen», erzählt Stefan Fischer.

Sein Vater habe sich dann anstecken lassen. Für sie beide sei dies ein guter Ausgleich. «Ich bin stolz darauf, mit meinem Dädi Fahnenschwingen zu können. Es macht uns beiden viel Freude», betont er und klopft seinem Vater freundschaftlich auf die Schulter.

«Jodelgesang geht einem unter die Haut»

Am frühen Freitagabend beginnen die Jodelvorträge. Schon nach der ersten Vorführung, dem berührenden Lied «Bärgblueme» des gleichnamigen Jodlerklubs aus Steinhausen, ist im Theatersaal und im Festsaal des Theater Casino Zug kein Durchkommen mehr. Der Zuschaueransturm ist kaum zu bewältigen.

Zwei Frauen in reich geschmückten Trachten treten seitlich aus dem Bühneneingang heraus. Es sind die Jodlerinnen Helen Hirschi-Bieri, 54, aus Marbach und Madlen Bieri-Bieri, 52, aus Meggen. Sie sind Mitglieder des Jodlerklubs Alperösli Kriens und haben soeben «Äti sing mit mir» vorgetragen, ein anspruchsvolles, modernes Stück mit sehr hoch angesetztem Solojodel und schwierigen, atonalen Passagen.

«Das macht mir nichts aus», sagt Helen Hirschi. «Auf dieser Höhe fühle ich mich wohl.» Aber nervös seien sie beide schon gewesen. «Ich habe jetzt noch schlotternde Knie», gesteht Hirschi. «Es ist ein schönes Gefühl, vor so vielen Leuten zu singen und einen tollen Applaus zu bekommen», ergänzt ihre Mitjodlerin.

Auch die Kleinformation des Jodlerklubs Heimelig Baar, die das Stück «Bärgsunntig» präsentiert hat, ist im Grossen und Ganzen zufrieden mit ihrer Leistung. «Wenn man nervös ist, trift man manchmal die Töne nicht so ganz», bedauert die 27-jährige Simone Loser.

Aber es sei trotzdem ein schönes Erlebnis gewesen. «Jodelgesang geht unter die Haut und verbindet», betont sie und beeilt sich, ihre Kolleginnen und Kollegen zu erreichen, denn ein weiterer Auftritt mit dem gesamten Jodlerchor steht noch bevor. (Text von Cornelia Bisch)