Schubert-Quartette der Reifezeit

Musik

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Das Auryn-Quartett lieferte eine vorbildhafte Interpretation: eine vornehme Wiedergabe, gepaart mit hohem technischem Können.

  • Interpretierten Schubert auf höchstem Niveau: die Musiker des Auryn-Quartetts. (Bild Stefan Kaiser)
    Interpretierten Schubert auf höchstem Niveau: die Musiker des Auryn-Quartetts. (Bild Stefan Kaiser)

Steinhausen – Der Kontrast könnte nicht grösser sein: Während im dritten «Sommerklänge»-Konzert im Victoria-Areal in Baar die verschiedensten Stilbereiche vermischt worden waren, konzentrierte sich das Auryn-­Quartett auf zwei Spätwerke von Franz Schubert (1797–1828) – ein feines Wechselspiel zwischen der in langer gemeinsamer Arbeit gefundenen gemeinsamen Grundstimmung und scharfen Kontrasten.

Die kompositorische Genialität von Schubert hat im Bewusstsein der Musiker 200 Jahre überlebt. Die gespielten Instrumente waren aber noch älter: Schon als Musikstudenten hatten Matthias Lingenfelder und Jens Oppermann (Violinen), Stewart Eaton (Viola) sowie der Cellist Andreas Arndt alle Lebensenergie in den Aufbau des Streichquartetts gelegt und alle irgendwie verfügbare Finanzkraft in den Erwerb kostbarer Instrumente. Sie haben bewusst auf selbstständige solistische Karrieren verzichtet, und so sind sie in 35 Jahren wohl zu einem der am besten eingespielten Streichquartette geworden. Dazu gehören unverzichtbar jene Meistergeigen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts (Amati, Guarnieri del Gesù, Stradivari), die eben permanent gespielt wurden und nicht in einem Banksafe verschwanden.

Die Gruppe musizierte durchwegs in moderner Spieltechnik mit den entsprechenden Bögen. Anzupassen zur Optimierung des Klanges war die Höhe des Kammertons.

Stilsicheres Formbewusstsein

Beide Quartette sind von früheren Gesangskompositionen Schuberts inspiriert. Beim Werk in a-Moll D 804 waren es Themen aus der Oper «Rosamunde», bei d-Moll D 810 die Klaviereinleitung des weltbekannten Sololiedes «Der Tod und das Mädchen». Aber dann trennten sich die Wege: D 804 ist eines der wenigen Werke, welches zu Lebzeiten des Komponisten auch gedruckt und aufgeführt wurde. Die ruhige Einleitung mit dem langen Orgelpunkt im Cello schuf gleich einen festen Rahmen, der zwar auf vielfältige Weise variiert, aber nie ganz verlassen wurde.

Obwohl Schubert in den Reifejahren nur wenig für Streichquartett geschrieben hat, beeindruckte ein stilsicheres Formbewusstsein durch gleichwertige Behandlung aller vier Stimmen. Häufig – besonders deutlich im dritten Satz – wurde das Cello den anderen Instrumenten gegenübergestellt. Die sogenannte zweite Violine war viel mehr als eine etwas vertiefte Kopie des Primgeigers – vielleicht eine autobiografische Nach-Erinnerung, weil der ganz junge Schubert in der Hausmusik seiner Eltern meist eine Mittelstimme zu spielen hatte.

Schon mit dem allerersten Einsatz des d-Moll-Quartetts wurden die Kontraste viel stärker betont. Die Leichtigkeit der Variationenfolge des zweiten Satzes erinnerte daran, dass der Kampf zwischen Leben und Tod aus dem Lied nicht übernommen worden ist, sondern nur die Einleitung des Tasteninstruments. Die Vorahnungen steigerten sich erst im kurzen dritten Satz zur Wildheit. Das fulminante Tempo des Schlusssatzes – unterbrochen von kurzen, fast choralartigen Haltepausen – verlangte eine Präzision des Zusammenspiels, wie sie auch für professionelle Könner alles andere als selbstverständlich ist. Den langen und intensiven Schlussapplaus verdankten die Musiker mit einem Quartettsatz von Joseph Haydn.

Eine Gemeinde im Wandel

In den Begleitworten zum Konzertort, dem «Gemeindesaal Dreiklang» Steinhausen, suchte Georg Frey, ehemaliger kantonaler Denkmalpfleger Zug, vor allem nach den Gründen für die rasante Bevölkerungsentwicklung in der flächenmässig kleinsten Zuger Gemeinde.

Durchschnitten von der Autobahn und mit dem Einkaufszentrum Zugerland, erinnert heute fast nur noch die Bezeichnung «Sumpfweg» an die bis vor einem halben Jahrhundert ausgedehnten Feuchtgebiete. Das einstige Bauerndorf hat sich längst zu einem Wohnquartier gewandelt, in welchem vor allem Wegpendler leben. (Jürg Röthlisberger)