Ein Symbol für die Auferstehung

Kunst & Baukultur

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Die «Sonne» beim Eingang zum Friedhof Erli in Steinhausen ist zwar dunkel und schwer. Das tut ihrer Strahlkraft jedoch keinen Abbruch.

  • Kurt Brunners Sonnen-Plastik am Eingang zum Friedhof Erli. (Bild Andreas Faessler)
    Kurt Brunners Sonnen-Plastik am Eingang zum Friedhof Erli. (Bild Andreas Faessler)

Steinhausen – Einst waren die Friedhöfe fast überall um die Dorfkirche angelegt, so auch in Steinhausen. Im Zuge der umfassenden Erneuerung der Matthiaskirche anno 1913 erweiterte man den Gottesacker auf der Westseite der Kirche. Abermals vergrössert wurde der Friedhof 1955. Als sich im Verlauf der 1960er-Jahre die Notwendigkeit eines Kirchenneubaus abzeichnete, beantragte die Steinhauser Kirchengemeinde, den Friedhof aus Platzgründen an den Rand des Siedlungsgebietes zu verlegen.

1970 wurde der Kauf eines Grundstückes im Erli beschlossen. Dann ging alles schnell: Innerhalb von zwei Jahren war der neue Friedhof mitsamt Friedhofshalle angelegt. 1972 erfolgte die erste Beisetzung im Erli.

Anfang der 1980er-Jahre wurde die bislang offene Halle auf drei Seiten hin geschlossen, wonach die Anlage weitgehend ihr heutiges Aussehen erhielt. Im Zuge dieser Arbeiten sollte der Eingangsbereich des neuen Steinhauser Friedhofes künstlerisch gestaltet werden.

Die Wahl fiel auf eine Bronzeplastik des Krienser Bildhauers Kurt Brunner (1931–1988). Sein für den Friedhof geschaffenes Kunstwerk mit beeindruckenden Dimensionen trägt den Namen «Die Sonne». Strahlenartig sind zahlreiche Bronzeelemente um ein Zentrum angeordnet, doch mit einer gewissen Unregelmässigkeit, sodass keine Symmetrien entstehen.

Archaisch und doch leicht

Entstanden ist eine Art Gloriole, ein Strahlenkranz aus dunkler Bronze, der in seiner Farbgebung mit der dunklen Dachverkleidung der Friedhofshalle korrespondiert. Je nach Tageszeit und Sonnenstand am Himmel verändert sich durch variierende Schattenwürfe der Gesamteindruck der Bronzeplastik. Verstärkt wird der Effekt durch die raue Oberfläche der Strahlen, welche mit ihren Furchen und kleinen Vertiefungen Briketts oder verkohltem Holz ähneln. Das Gesamterscheinungsbild der Bronzeplastik ist durchaus archaisch, schwer, ja fast monumental, und doch vermittelt sie durch die zahlreichen Zwischenräume und die ohne jegliche Strenge angeordneten Elemente eine Leichtigkeit.

Kurt Brunners «Sonne» steht links vom Friedhofseingang in einem Grünbeet auf einem hochrechteckigen Betonpostament. Sie ist im Guss mit «K. Brunner» signiert und mit (19)82 datiert. Ein versteckter Giesserstempel liefert den Hinweis auf Herstellungsort und -art. Demnach ist «Die Sonne» in der 1975 gegründeten Geisserei Gogarte S.A. in Rancate bei Mendrisio gegossen worden. Der Vermerk «Cera Persa» steht für das sogenannte Wachsausschmelzverfahren, eine mehrstufige Gussweise von Metall- und Glasobjekten.

Vom Wachsmodell zum fertigen Guss

In einem ersten Schritt wird das Objekt – respektive jedes einzelne Teilstück – in Wachs geformt. Anschliessend wird es ummantelt, beispielsweise mit einer Masse aus Keramik. Eine Öffnung wird ausgespart. Danach wird das Wachs ausgeschmolzen. Nun wird das flüssige Metall in die Form gegeben. Sobald es abgekühlt und ausgehärtet ist, wird die Mantelmasse zerschlagen, und man hat das gegossene Element vorliegen.

Man kann sich denken, was für ein aufwendiger Prozess dies bei einem vielteiligen Bronzekunstwerk wie Kurt Brunners «Sonne» gewesen sein dürfte. Seit nunmehr 40 Jahren heisst sie Besucherinnen und Besucher des Friedhofes Erli an dessen Eingang willkommen. Über die Symbolik seiner Plastik hat der Bildhauer selbst einst wörtlich notiert: «Kein anderes Zeichen als das der Sonne – Licht und Leben darstellend – könnte der Vorstellung der Auferstehung besser entsprechen.» (Text von Andreas Faessler)