Wie Steinhausen zum See kam

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Acht der elf Zuger Gemeinden haben Seeanstoss. Eine verdankt ihr Gewässer einem Sturm.

  • Einst ein Provisorium; heute möchten die Zuger den Steinhauser Waldweiher nicht mehr missen. (Bild Matthias Jurt)
    Einst ein Provisorium; heute möchten die Zuger den Steinhauser Waldweiher nicht mehr missen. (Bild Matthias Jurt)

Steinhausen – Der Kanton Zug rühmt sich, dass seine Bevölkerung nicht weit laufen muss, um «im Grünen Kraft zu tanken». Deshalb dürften die meisten Zuger den Steinhauser Waldweiher schon mal gesehen haben. Weniger bekannt ist hingegen dessen Geschichte; die Literatur dazu ist spärlich. Der Wald in diesem Gebiet gehört der Waldgenossenschaft Steinhausen. Markus Amhof ist für die Genossen derjenige, welcher als Förster auf den Steinhauserwald aufpasst. Er weiss auch zu erzählen, wie die kleinste Zuger Gemeinde zu ihrem stillen Gewässer gekommen ist.

Am 23. Februar 1967 zog ein heftiger Westwindsturm durch die Schweiz und sorgte grossflächig für schwere Schäden. Die «Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen» schätzt in ihrer Ausgabe vom Dezember 1967 die Schadenssumme aller Winterstürme jenes Jahres auf 2,365 Millionen Kubikmeter Holz. Die Folge dieser natürlichen Fällaktion: Der Holzpreis rasselte wegen des Überangebots in den Keller. Da hatte der damalige Zuger Kantonsförster eine clevere Idee: Wieso nicht einen kleinen Weiher anlegen, um dort die ausgeräumten Stämme zwischenzulagern?

Schon am Stammtisch über einen Weiher diskutiert

Markus Amhof weiss auch, dass die Idee eines Weihers im Steinhauserwald damals keineswegs neu gewesen sei: «Solche Pläne waren schon am Stammtisch diskutiert worden.» Den Bau des künstlichen Gewässers haben die damals Verantwortlichen schnell an die Hand genommen. Josef Amhof, der Vater des derzeitigen Försters der Waldgenossenschaft, spricht heute von kurzen Wegen beim Bewilligungsverfahren. Josef Amhof – damals vor Ort – erinnert sich, dass weitere Bäume hätten fallen müssen, um den See anzulegen. Der Zufluss des Weihers – ein Name für dieses Fliessgewässer ist selbst im Standardwerk «Zuger Ortsnamen» von Beat Dittli nicht zu finden – heisst im weiteren Verlauf auf dem Gebiet des Kantons Zürich Gruenholzbach. Die Gegend, in welcher der Weiher liegt, heisse «Sampftli», erwähnt Markus Amhof in diesem Zusammenhang noch. Gemäss Dittli ist das «Sampftli» der oberste Teil einer Gletscherabflussrinne, die sich über Knonau und Maschwanden weiterverfolgen lässt. Wieso eine Brücke des Weiherzuflusses «Tüfelsbrüggli» heisst, kann aber selbst das Buch «Zuger Ortsnamen» nicht erklären.

Hingegen ist nachweisbar, dass auf den Karten von Swisstopo der Steinhauser Waldweiher erstmals im Jahr 1970 eingetragen ist. Entstanden ist der künstliche Weiher drei Jahre zuvor, um – wie schon erwähnt – das Sturmholz für bessere Zeiten zu lagern. Dass der Schaden der Steinhauser Waldbesitzer erheblich war, zeigt sich darin, dass von deren Waldfläche von rund 76 Hektaren rund 12 Hektaren vom heftigen Februarsturm 1967 geknickt wurden.

Ebenfalls 1970 entschlossen sich die Waldbesitzer, das während rund drei Jahren gelagerte Holz zu verkaufen. Josef Amhof erinnert sich, dass das Fallholz den Zuger Sägereibetrieben Speck (30 Prozent) und Spillmann (70 Prozent) hätte verkauft werden sollen. Dann habe aber Spillmann, so Josef Amhof, auf sein Ziehungsrecht verzichtet. Wohl aus Angst, dass das Sturmholz nur minderer Qualität sei. Doch weit gefehlt. Die Sägerei Spillmann habe ihren Entscheid jedenfalls bereut.

Jetzt hatten die Steinhauser einen Weiher, dessen Zweck eigentlich erfüllt war. Es gibt ihn aber immer noch. Josef Amhof dazu: «Die Waldgenossenschaft hat die vom Sturm geschlagenen Lücken allesamt wieder aufgeforstet.» Beim Weiherabfluss hat in den 1970er-Jahren die Schweizer Armee einen Damm aufgeschüttet. In den Jahren 1987 und 1988 hat eine Spezialfirma am Waldweiher verschiedene Arbeiten ausgeführt. Aus dem Provisorium ist dadurch etwas Bleibendes entstanden.

Ein Refugium für Tiere

Markus Amhof sagt: «Beim Auslauf ist der Weiher 4,5 Meter tief, auf der Höhe der Feuerstelle sind es zwei Meter.» Mit Stolz erwähnt der Förster, dass «in diesem Gewässer sehr viele Amphibien zu finden sind». Ebenso finden sich darin Hechte und Karpfen. Wie Letztere in den Steinhauser Wald gekommen sind, kann Amhof nicht sagen. Eindeutiger sei es bei den zwei Schildkröten: «Diese hat man ausgesetzt.» Bis vor ein paar Jahren hätten noch Krebse im Weiher gelebt: «Die Krebspest hat sie alle getötet.» Zur Freude von Martin Ziegler, Leiter Wild und Wald des Kantons, gibt es im Steinhauser Wald jedoch Gelbbauchunken. Eine Spezies, die nicht mehr an so vielen Orten in der Schweiz vorkommt.

Der aus der Not gebaute Steinhauser Waldweiher mag heute keiner mehr missen. Das Steinhauser Gehölz gehört gemäss dem aktuellen Richtplan des Kantons zur Zone «Wald mit besonderer Erholungsfunktion». Zudem existiert seit 2018 ein «Erholungskonzept Steinhauser Wälder». Dieses Papier regelt das Verhältnis der privaten Waldbesitzer und den anderen Nutzern des Waldes. Ein Konzept, mit einer Leuchtturmfunktion. (Marco Morosoli)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.