Stiftung für ein Kloster in Nöten

Dies & Das

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Das Landesmuseum hütet ein kostbares Glasgemälde der «Statt Zug». Es stammt aus der Frühzeit der Schweizer Glasmalerkunst. Der Urheber ist unbekannt – er hat sein Handwerk wahrlich beherrscht.

  • Ein Meisterwerk der Glasmalerkunst: die beiden Zuger Kirchenpatrone auf der Scheibe von 1558. (Bild Andreas Faessler)
    Ein Meisterwerk der Glasmalerkunst: die beiden Zuger Kirchenpatrone auf der Scheibe von 1558. (Bild Andreas Faessler)

Zug – Die Kunst der Glasmalerei ist in der Schweiz eine Jahrhunderte alte Tradition. Es haben sich im Laufe der Zeit manche Orte zu wahren Kompetenzzentren dieses Handwerks entwickelt, unter anderem Zürich und Zug. Ihre Hochblüte erlebte die Glasmalerei vor allem im 17. und 18. Jahrhundert. Dass das Kunsthandwerk jedoch bereits in seiner Frühzeit – sprich vor 1600 – stark ausgereift war, davon zeugen einige hervorragend erhaltene Exemplare, welche allerdings häufig nicht einem bestimmten Künstler zugeordnet werden können.

Unser hier gezeigtes Fundstück befindet sich heute in der Sammlung der Schweizerischen Landesmuseums. Es handelt sich um eine Zuger Standes- oder Stadtscheibe aus dem Jahre 1558, der Maler ist nicht bekannt, auch nicht, ob die Scheibe von einem Zuger, einem Zürcher oder einem anderen Künstler stammt. Angesichts seines Alters von über 460 Jahren ist das Glasgemälde in einem musealen Zustand. Viele Objekte aus dieser Zeit weisen starke Beschädigungen und Flickstellen auf. Das Glasgemälde der «Statt Zug» stammt den Aufzeichnungen des Landesmuseums zufolge aus dem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Tänikon im heutigen Thurgau. In den Jahren 1558 und 1559 erhielt das Kloster eine Vielzahl an gleichformatigen Glasgemälden gestiftet, als Sophia von Grüt der Gemeinschaft als erste Äbtissin nach der Reformation vorstand. Das klösterliche Leben hatte jahrelang darnieder gelegen und musste nun nach und nach wieder aufgebaut werden.

Mit viel Geschick brachte Äbtissin Sophia das angeschlagene Kloster langsam aber sicher wieder auf Kurs. Nicht zuletzt dürfte es dem grossen Ansehen von Sophia im Grüts Familie zu verdanken gewesen sein, dass das Kloster in den Genuss grosszügiger Spenden und Stiftungen kam. Unter Letztere fallen denn auch die wertvollen Glasgemälde wie dasjenige, welches die Stadt Zug anno 1558 für das Nonnenkloster in Auftrag gab.

Michael, der Seelenwäger

Das knapp 30 mal 50 Zentimeter grosse Glasgemälde zeigt die beiden Zuger Kirchenpatrone auf grün gefliestem Grund: links St.Michael und rechts St. Oswald. Letzterer trägt königliches Ornat, Krone und Szepter, in der Geste des Schenkens ist ein Rabe mit goldenem Ring als weiteres Attribut abgebildet. Spektakulärer ist die Darstellung des hl. Michael im Damastmantel als «Seelenwäger». In der Hand hält er eine Waage, in deren Schalen Gut und Böse sitzen. Links die kleine, aber reine Seele in der Gestalt eines unschuldigen Kindes. Sie wiegt deutlich mehr als der Teufel in der rechten Schale. Dieser erscheint als fauchender Lindwurm, der Heilige hebt zum vernichtenden Schlag mit dem Schwert an. Die Seelenwaage als Attribut ist denn auch Sinnbild für die zentrale Rolle von Erzengel Michael beim Jüngsten Gericht. Die figürliche Darstellung wird von einer Architektur überwölbt, gestützt von einer weiblichen und einer männlichen Figur.

Aus dem Inventarverzeichnis des Landesmuseums geht hervor, dass das kostbare, äusserst qualitätvolle Glasgemälde im 19. Jahrhundert im Besitz des Kunstsammlers Johann Nikolaus Vincent (1785-1865) in Konstanz war. Nach dessen Ableben wurde die Vincent’sche Sammlung, welche eine Vielzahl an bedeutenden Glasgemälden, Wappen- und Standesscheiben umfasste, versteigert. Schliesslich führt die weitere Provenienz unseres Glasgemäldes der «Statt Zug» zum heutigen Verbleib im Schweizerischen Landesmuseum. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.