Musizieren vereint Generationen

Musik

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Das traditionsreiche Stadtorchester Zug feiert sein 100-jähriges Bestehen mit einer ganztägigen «Tour d’orchestre».

  • Das Stadtorchester probt fleissig für die Auftritte in Kleinformationen überall in der Stadt Zug. (Bild Stefan Kaiser)
    Das Stadtorchester probt fleissig für die Auftritte in Kleinformationen überall in der Stadt Zug. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Tango Nuevo, Jazz und Ragtimes, Blechbläser-Brasserie, Londoner Flötentrio, Gitarrenorchester, Bigband, Akkordeonensemble, Djembe und Kindertanz und vieles mehr: Am kommenden Samstag, 2. Juli, soll auf sechs öffentlichen Plätzen zwischen Bahnhof und Vorstadt eine Fülle an Musik Zug durchwehen.

Das sonst in sinfonischer Besetzung spielende Stadtorchester wird für einmal in kleinen Kammermusikformationen aufspielen und, in Zusammenarbeit mit der Musikschule Zug, die Bevölkerung den ganzen Tag lang mit Musik beschenken. Es feiert mit dieser «Tour d’orchestre» seinen 100. Geburtstag.

Geschätzt von diversen Dirigenten

Gregor Hotz, der jetzige Präsident des Stadtorchesters, sitzt an einem heissen Sommernachmittag im «Freiruum» und erzählt begeistert vom Jubiläumsvorhaben und aus der Geschichte des Orchesters, das schon sein Vater einst präsidierte, in dem seine Mutter an der Bratsche und er selbst als Violinist mitspielt. Es ging im Jahre 1922 aus dem in den 1880er-Jahren an der St.-Michaels-Kirche gegründeten Cäcilienchor hervor und nahm sich auch weltliche Musik vor. Noch heute besteht der Cäcilienverein St.Michael, vereint den Kirchenchor (aktuell unter Chorleiter Philipp Emanuel Gietl) und das Stadtorchester unter einem Dach.

Verschiedene Dirigenten führten das Orchester, das nach dem Zweiten Weltkrieg an Bedeutung gewann, durch die Jahre. Es sind bedeutende Namen, die über dem 50- bis 60-köpfigen Laienensemble den Taktstock schwangen.

So schätzte der Engländer Howard Griffiths (1992–1996) an der Arbeit mit Amateuren, dass die wöchentlichen Proben am Montagabend ungewöhnliche musikalische Vertiefung ermöglichten, dass das Repertoire vergrössert und unbekannte Meisterstücke bekannter Komponisten aufgeführt werden konnten – auch um das Publikum immer wieder zu überraschen.

«Es muss musikalisch und menschlich stimmen»

Das semiprofessionelle Modell, bei dem jeder Instrumentengruppe ein Profimusiker oder eine Profimusikerin vorsteht, verbindet hohe Ansprüche punkto Programmgestaltung und musikalischem Niveau mit dem typischen Enthusiasmus und der Energie des sprichwörtlichen «Amateurgeistes», der Routine vermeidet. Nachwuchsförderung war dann ab 1996 dem britischen Dirigenten Jonathan Brett Harrison (1996–2021) besonders wichtig – also eine optimale Zusammensetzung aus jungen und älteren Musizierenden. In der coronabedingt konzertfreien Zeit bahnte sich ein entscheidender Dirigentenwechsel an. Aus 67 Bewerbungen traten am 23. August 2021 fünf Kandidierende zum Probendirigat an.

Gregor Hotz beschreibt den für ihn aufregenden Tag: «Wir bekamen hochkarätige Angebote, und ich hatte etwas Sorge, aus dieser tollen Auswahl den Richtigen zu küren. Es muss musikalisch und menschlich stimmen. Nach jedem der fünf Dirigate führte die Kommission je ein Interview. Am Abend fiel dann in einer Mitgliederversammlung die Entscheidung einstimmig für Joonas Pitkänen.»

Der 1986 in Finnland geborene Pitkänen ist selbst Cellist und daher den Instrumentalisten aus eigener Erfahrung sehr nahe. «Ihm gelingt es, mit wenigen Worten den gewünschten musikalischen Ausdruck genau auf den Punkt zu bringen und innert Kürze tolle Verbesserungen zu erzielen», sagt Hotz.

Die natürliche Affinität des charismatischen jungen Dirigenten zum skandinavischen Repertoire prägte sein Einstandskonzert im Juni 2021 und das Herbstkonzert desselben Jahres – nordische Klänge und Stimmungen von Einojuhani Rautavaara, Jean Sibelius, Edvard Grieg, Gustav Holt und Arvo Pärt füllten das Theater Casino.

Zusammenarbeit mit der Musikschule

Das kommende Jubiläums-Festkonzert vom 26. November 2022 wird unter seiner Leitung neben Rautavaaras «Cantus Arcticus» – einem Konzert für Vögel und Orchester – und Tschaikowskys Sinfonie Nr. 5 eine Uraufführung bringen: Die dreisätzige Jubiläumskomposition des Zugers Tobias Rütti geht dabei vom Zuger Stadtwappen aus.

Die Nachwuchsförderung ist auch Gregor Hotz ein Herzensanliegen: «Manche Jugendlichen erlernen ein Instrument bis zu einem beachtlichen Niveau, gehen dann weg, um zu studieren, und hören mit der Musik für immer auf. Wir wollen ihnen zeigen, dass mit dem Stadtorchester eine Möglichkeit besteht, neben dem Beruf weiter zu musizieren; dazu spannen wir immer wieder mit der Musikschule zusammen.» So werden beispielsweise die an der «Tour d’orchestre» beteiligten jungen Musikanten zur Generalprobe des Orchesters eingeladen.

Am 2. Juli wird demnach ein breites Spektrum an Klängen, die Ohren der Zuger Passanten umfliessen: von den Blockflöten der ganz Kleinen über Orgelstücke in der City-Kirche bis zu orchestraler Wiener Klassik. (Text von Dorotea Bitterli)

Weitere Infos: www.stadtorchesterzug.chwww.musikschulezug.ch