Von Mord und Gendefekten

Literatur & Gesellschaft

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Bekannt ist die Autorin Monika Mansour vor allem für ihre Luzerner Krimigeschichten um den Ermittler Cem Cengiz. Ihr neuer Roman spielt allerdings in den Höllgrotten und behandelt einige besondere Themen.

Baar – Schon die Figuren in Monika Mansours neustem Roman «Höllgrotten» sind originell. Natalie ist ein Schmetterlingskind; sie leidet an einem unheilbaren Gendefekt, bei dem die Haut so verletzlich ist wie die Flügel eines Schmetterlings – daher auch der Name. Aufgrund ihrer Krankheit ist sie auf Hilfe angewiesen, was sie jedoch nicht davon abhält, überall aktiv mitzumischen. Als die junge Kongolesin Emeline tot unter der Lorzentobelbrücke gefunden wird, stellt die Hauptfigur auf eigene Faust Nachforschungen an. Denn für sie ist klar: Emeline, die vor kurzem ein Kind zur Welt gebracht hat, würde nie Selbstmord begehen. Als sie zu ermitteln beginnt, wird sie schnell mit Schmuggel, Entführung und Mord konfrontiert.

Inspiriert für diese Geschichte wurde die Luzerner Autorin vor allem vom Schauplatz: den Höllgrotten. Nachdem sie letztes Jahr in einem Buch über diesen mystischen Ort geschrieben hatte, besuchte sie ihn im Frühling 2017 mit ihrem Sohn. «Das hat mir so gut gefallen, dass ich darüber schreiben wollte», verrät die Autorin. Rund um die Höllgrotten hat sie schliesslich begonnen, ihre Geschichte zu konstruieren.

Protagonist und Bösewicht müssen stehen

Wichtig für die Autorin ist die Planung im Voraus. Denn sie gehört zu den Schriftstellerinnen, die ein Konzept erarbeiten. «Zuerst entwickle ich Protagonist und Bösewicht. Gerade im Krimigenre haben diese zwei Figuren eine tragende Rolle», weiss die 45-Jährige. Herausfordernd in ihrem neusten Buch sei besonders die Hauptfigur gewesen. «Ständig habe ich mich gefragt, ob eine körperlich geschwächte Person im Zentrum des Romans stehen kann», erinnert sich die Autorin. Daher hat sie ausgiebig recherchiert, sich über die Krankheit informiert und sogar eine junge Frau mit diesem Gendefekt getroffen. «Ich war sehr beeindruckt, wie Menschen diese Krankheit akzeptieren und lernen, damit zu leben.» Weshalb sie schliesslich sicher gewesen sei, dass Natalie trotz ihrer Krankheit Ermittlungen anstellen könne. «Die Figur sollte nicht nur Mitleid erregen beim Leser. Grundsätzlich ist sie sympathisch – in gewissen Szenen kann sie mit ihren Aussagen aber auch irritieren», berichtet Mansour. Natalie sehe der Krankheit wegen die Welt mit anderen Augen und erlaube sich ab und an auch etwas mehr. «Das macht ihren Reiz aus.»

Spricht die Autorin von ihren Figuren, redet sie von ihrem Team. Zwar hat sie die Charaktere vor Schreibbeginn entworfen, zeitweise sei es aber vorgekommen, dass sie ein Eigenleben entwickelt hätten. Auch sei es zu Beginn gewöhnungsbedürftig gewesen, mit einem neuen Team zu arbeiten. «Nichtsdestotrotz eine spannende Erfahrung.»

«Mut, die Welt zu verbessern»

Die Kernaussage ihres neuen Buches sei, «dass jeder Mensch ein Held sein kann, wenn er an das Gute glaubt.» Zudem solle man den Mut haben, die Welt zu ­verbessern. «Mein Versuch, die Welt zu verbessern, besteht darin, der Leserschaft verschiedene Schwierigkeiten aufzuzeigen. Sie subtil auf Probleme aufmerksam zu machen», berichtet die Luzernerin. In anderen Büchern spricht sie Themen wie Mobbing oder Hexenverfolgung an. Nie würde sie allerdings versuchen, den Leser mit erhobenem Zeigefinger zu belehren.

Generell versuche sie in ihren Büchern, unkonventionelle Themen aufzugreifen. Und dafür erntet sie auch positive Rückmeldungen. «Per Mail haben sich bereits einige Leute gemeldet und mir ihre tolle Leseerfahrung geschildert», so Mansour. Anklang gefunden haben vor allem der buchübergreifende Spannungsbogen und die originelle Protagonistin mit der Krankheit, von welcher viele noch nie gehört hätten.

Bereits als Kind gerne geschrieben

«Aus Leidenschaft», ist die Antwort der Autorin auf die Frage, weshalb sie sich dem Schreiben gewidmet habe. «Mich fasziniert, wie sich die Geschichte Stück für Stück zusammensetzt. Ich bin begeistert von der Anfangsphase, in der ich Ideen sammle und meiner Fantasie freien Lauf lassen kann.» Auch das anschliessende kreative Schreiben sei eine Herzensangelegenheit. Sie habe bereits in jungen Jahren gerne geschrieben und schliesslich im Mutterschaftsurlaub erstmals richtig Zeit gefunden, ein Buchprojekt anzugehen. Neben Job, Familie und Haushalt bleibe ihr nicht jeden Tag Zeit zu schreiben. «Umso mehr freue ich mich dann, wenn ich abends weiss, am nächsten Morgen kann ich mich wieder ans Werk machen», führt sie aus. Inspirieren lässt sie sich auf verschiedene Weise. Obwohl in die Handlungen natürlich Lebenserfahrung einfliesse, blieben sie stets Fiktion und Ort der Fantasie. «Schreiben heisst für mich Ausklinken und Abtauchen in eine andere Welt. Ich lebe dann in einem Paralleluniversum.» (Vanessa Varisco)

Hinweis
Am 30. Oktober um 20.00 Uhr findet in der Bibliothek Steinhausen eine Lesung mit Monika Mansour statt.