Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt

Theater & Tanz

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Der Titel ist Programm: Mit «Fake me happy» meldet sich Michael Elsener auf der Bühne zurück und konfrontiert uns mit geschönigten Scheinwelten. Die durchdachte Show ist eine augenzwinkernde Reminiszenz an unseren täglichen Selbstbetrug.

  • Michael Elsener baut sich Scheinwelten in «Fake me happy» und wirft auf humorvolle Weise einen kritischen Blick auf die Gesellschaft. (Bild Matthias Jurt)
    Michael Elsener baut sich Scheinwelten in «Fake me happy» und wirft auf humorvolle Weise einen kritischen Blick auf die Gesellschaft. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Wir sind schon lange so weit, dass wir allzu oft nicht mehr erkennen, was wir noch glauben dürfen und was nicht, wenn wir unsere Mitmenschen und die Welt betrachten, vor allem die digitale. Man gibt etwas vor, was man nicht ist, schönigt seine Profile, leugnet sein Alter, setzt sich in eine künstlich aufgebauschte Szenerie... Man kreiert mit viel Fantasie und Wunschdenken ein Fake-Ego, um zu gefallen – sich selbst und anderen. Und dann ist man für einen flüchtigen Moment glücklich, bis einen die nackten Tatsachen unweigerlich wieder einholen. Dass man sich und der Welt etwas vormacht, hat es schon immer gegeben. Aber in digitalisierten Zeiten wie diesen ist das Thema so virulent wie nie zuvor.

Der trügerische Schein ist die Basis für Michael Elseners neuen Bühnenstoff, mit dem er uns bei unserem Selbstbeschiss neckisch ein Spiegelchen vorhält. «Fake me happy» ist hervorgegangen aus dem Corona-Kulturvakuum, während dem Elsener besonders viel Zeit gefunden hat, seine Ideen in der «Tiefe» zu suchen. Fake als Leitmotiv für ein ganzes Bühnenprogramm hat den Zuger schon länger umgetrieben, «zumal das Thema durchaus ernst und relevant ist», wie er sagt. «Wir leben in gesellschaftlich anspruchsvollen Zeiten, in denen sich Menschen immer mehr in eine Welt flüchten, die der Realität nicht mehr entspricht.» Dabei sei das Leben doch nicht choreografiert, sondern beruhe hauptsächlich auf Fügung und Zufall. «Nicht nur lügen wir uns selber an, sondern auch für die Welt um uns herum wird es immer schwieriger zu beurteilen, was echt ist und was nicht. Mit ‹Fake me happy› suche ich den Zugang zu diesem Phänomen über den Humor und spitze es derart zu, dass wir darüber lachen können.» Und um diesen Zugang zu schaffen, orientiert sich Michael Elsener nicht zuletzt auch an seinen persönlichen Idealvorstellungen und baut für sich selbst ebenfalls eine Welt, wie sie ihm gefällt.

Auftritt des Gesamtbundesrates

Selbstverständlich trägt auch «Fake me happy» des Zugers unverkennbare Handschrift. Zahlreiche seiner parodierten realen wie auch fiktiven Figuren aus Politik, Medien, Sport, Gesellschaft schauen vorbei – und neue kommen dazu. «Die Parodien sind nun etwas theatralischer als zuvor, und musikalisch ist alles etwas gereift», antwortet Elsener auf die Frage, was – wenn überhaupt – anders ist als bisher. Vermutlich ist das kleine musische Plus Songwriter Röbi zu verdanken. So viel sei noch verraten: Erstmals wird der Gesamtbundesrat durch Elseners Zunge sprechen. Heisst das etwa, dass auch im Bundeshaus das eine oder andere nichts weiter als Fake ist? Man wird sehen. «Jedenfalls bekommen sie in meiner Show alle einen speziell auf sie zugeschnittenen Rhetorikworkshop», so Elsener.

Dass auch die Pandemie nicht zu kurz kommen wird, darauf kann man zählen. Und wo es um Corona geht, sind die Verschwörungstheoretiker und Aluhüte nicht weit. Eines jedenfalls ist laut Elsener sicher: «Das Einzige, was an ‹Fake me happy› garantiert nicht gefakt ist, ist die Show selbst.»

Publikum steuert den Verlauf

Für die Premiere in Zug in knapp zwei Wochen baut Michael Elsener derzeit sein Rüstzeug aus – er spielt «Fake me happy» als Vorpremiere auf kleinen Schweizer Bühnen. «Ich lote so bei jeder Nummer aus, wie weit ich gehen kann. Ich muss mich nach dieser langen Auftrittspause auch etwas warmlaufen», sagt er, der sein Publikum förmlich braucht, um auf der Bühne zu reüssieren. Aus diesem Grund hat er auch sämtliche Anfragen für virtuell übertragene «Geisterspiele» in leeren Sälen während des Lockdowns abgelehnt. «Ohne Zuschauer läuft gar nichts. Erst recht nicht bei diesem Stück», sagt Elsener. «Die Zuschauerreaktionen sind hier besonders zentral. Sie steuern den weiteren Verlauf auf der Bühne.»

Am 25. September startet Michael Elsener seine «Fake me happy»-Tour mit der Premiere im Theater Casino Zug. Dann dürfen alle einen Abend lang in eine konstruierte Idealwelt entfliehen, wo (fast) alles nur Schein ist – ohne schlechtes Gewissen. Die nüchterne Realität holt sie dann früh genug wieder ein... (Andreas Faessler)

Hinweis
Michael Elsener mit «Fake me happy», Premiere im Theater Casino Zug am Freitag 25. Sept., 20 Uhr. Weitere Vorstellungen: Samstag, 26. Sept., 20 Uhr, und Sonntag, 27. Sept., 19:30 Uhr