«Mach erst die Schule fertig»

Musik

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Das Finale der Zentralschweizer Talentshow ist ein voller Erfolg: echte Talente vor bombastischem Publikum. Kann so ein Casting gut sein für junge Musiker?

  • Gewinnerin Lara Brunner (links) und Moderatorin Nina Havel erleben den Moment des Triumphs. (Bild Werner Schelbert)
    Gewinnerin Lara Brunner (links) und Moderatorin Nina Havel erleben den Moment des Triumphs. (Bild Werner Schelbert)

Zug – Ein bisschen nervöser sind sie als beim Halbfinal, die Stimme eine Ecke zittriger. Kein Wunder: Die Chollerhalle ist bombenvoll, bis auf den letzten Platz besetzt. Und wer aufsteht zum Bierholen, findet seinen Stuhl nicht wieder, der ist längst besetzt von daumendrückenden Teenies. Die Fanclubs sind aus allen Ecken und Enden der Zentralschweiz angereist. Sie schreien sich noch ein, fürs gute Fanen, mit Lautstärken je nach Entlegenheit.

So ist die Innerschweiz im Ausgang: gut drauf. So ein Finale der Zentralschweizer Talentshow, das hatte sich der Gründer Erich Hunkeler wohl ausgemalt, als er seine Idee entwickelt hat: Echte Talente spielen mit Profi-Band vor tobendem Haus. Und haben Spass dabei, werden mit Jubel überhäuft und singen sich durch Songs, so bravourös, dass man stolz ist auf das herrschende Talentkonzentrat. Und dann ist da noch die Jury. Sie überschüttet die jungen Sängerinnen mit Komplimenten, dass die sich kaum wehren können.

Einmal auf der grossen Bühne

Und trotzdem fragt man sich, wenn die Casting-Aversion sich meldet: Ist das nicht eine Parallelwelt, die da zelebriert wird? Auch wenn die Kommentare konstruktiv sind, wie viel hat das mit echtem Musikschaffen zu tun? Die Jury schnappt sich nach der kurzen ersten Beratungsrunde ein Bier und ruht sich an der Bar aus. «Das ist keine Parallelwelt, im Gegenteil, für die Jungen ist das ganz normal geworden», sagt Juror Heiko Freund, er ist Studiengangsleiter beim Schwerpunkt Pop der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK). «Sie wissen, dass sie nicht berühmt werden mit dieser Talentshow, und ehrlich gesagt, nach zehn Jahren DSDS sollte das jedem klar sein. Hier geht es nur darum, die Chance zu nutzen: Auf so einer grossen Bühne zu stehen und das mal auszuprobieren. Das hätte ich als Jugendlicher sehr gerne gemacht.» Sagt er und seine Jury-Kollegin lacht. Freda Goodlet ist Soul-Sängerin, sie sagt: «Es ist schwer, so viele Talente in einen Topf zu werfen und zu vergleichen. Wichtig ist mir, dass das korrekt läuft: Hier gibt es mehr Gewinner als Verlierer. Und die Jungen sehen das auch so.»

Trügerische Hoffnung?

Die dritte Jurorin ist die Sängerin Miriam Dee, sie war schon im Halbfinale mit dabei und hat die Entwicklung der Talente mitverfolgt: «Sie können viel, und wir haben versucht, ihnen noch etwas Neues mitzugeben. Heute machen wir das nicht, hier sind wir einfach unterstützend.» Aber gaukelt das grosse Format der Show den Teenies nicht eine Sicherheit vor, die im Zufallsfeld des Musikgeschäfts trügerisch ist: Das Versprechen, dass sich aus den Talenten mehr machen lässt? «Nein, das glaube ich nicht», sagt Dee, «die stehen auf dem Boden, wissen genau: Ich spiele da in einer Band, mache dort mit, mache die Matura oder die Lehre fertig, dann gehts weiter. Die haben Pläne fürs Leben, und das hier ist einfach eine Möglichkeit, mal was auszuprobieren.» Sagt sie und ergänzt: «Ich sage allen immer: Mach deine Schule fertig. Egal wie gut du bist. Weil es im Musikgeschäft so sehr aufs Glück ankommt.»

«Play your guitar and shut up»

Die Gewinnerin des Wettbewerbs darf ein halbes Jahr lang Unterricht am Schwerpunkt Pop an der ZHDK besuchen. Das kommt zwar erst in einer Stunde heraus, aber es wird Lara Brunner (18) aus Kriens sein, gefolgt von den ebenso erstaunlichen Sängerinnen Julianna Suter (15) aus Schwyz und Stefanie Bernet (19) aus Ufhusen. «Es geht also nicht um einen Plattenvertrag», sagt Freund, «sondern einfach um Ressourcen, die sie nutzen können.» Und das ist keine Ausbildung zum Popstar, im Gegenteil: «Wir bringen Leuten bei, die schon ihr Talent gefunden haben, auch andere Dinge zu können, die wichtig sind. Stars kommen aus der Garage», sagt er und lacht: «Play your guitar and shut up. And have fun.» Goodlet ergänzt: «Das ist das Wichtigste: der Spass dabei.» Sagts, und dann geht es zurück in die Halle, gleich jagen die Finalistinnen dem Publikum einige Schauer über die Rücken. Und eine Begeisterung darüber, dass das möglich ist, so jung sein und so gut dabei. (Falco Meyer)