Die Duellanten vertragen sich gut

Dies & Das

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Barbara Gysel (SP) und Philip C. Brunner (SVP) reden im Dokumentationszentrum. Doku-Zug über lokale Themen und über Rollenspiele in der Politik. Eine Offenbarung der beiden erstaunt.

Zug – Globus Krawall, AKW, Saisonnier, Überfremdung, Prager Frühling, Kalter Krieg, Biafra und RML. Worte, die 1968 inflationär in den Zeitungen zu finden sind. 50 Jahre später sind sie Bestandteil einer Ausstellung, die im Dokumentationszentrum Doku-Zug an die 1968er-Jahre erinnert. Einer Zeit, in welcher die obgenannten Worte jeder gekannt hat.

Am Samstag diskutieren im Raum, in denen diese Schlagworte zu finden sind, die beiden Zuger Politiker Barbara Gysel (SP) und Philip C. Brunner (SVP). Beide sitzen für ihre Parteien sowohl im Grossen Gemeinderat wie auch im Kantonsrat. Schiedsrichter oder Gesprächsleiter ist der bekannte Journalist Ignaz Staub. In seinem Einstiegsreferat vor einem vollen Saal holt er die Anwesenden gekonnt ab: «Politik ist lokal.» Oder anders ausgedrückt, «alles wurzelt im Lokalen». Dies ist ein Merksatz aus den USA. Ebenfalls aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten weiss Staub zu berichten, dass die Menschen dort in gewissen Staaten Bibliothekaren mehr glauben als Journalisten.

Verkehrte Welt bei einer Abstimmung

Eines vorneweg: Die Diskussionsteilnehmer beharken sich nicht. Für erstaunte Gesichter sorgt eine Äusserung von Philip C. Brunner, dass er 1973 gegen die Schwarzenbach-Initiative gestimmt habe. Diese Initiative forderte eine Begrenzung des Ausländeranteils in der Schweiz auf 10 Prozent. Daraufhin entgegnet Barbara Gysel, dass die SP damals bei dieser Initiative für ein Ja eingestanden sei. Erst später sei die Partei wieder «auf den richtigen Weg» gekommen.

Gefragt, wie sie ihre Meinungen in den verschiedensten Foren einbringen, geben sie ehrliche Antworten. Brunner sagt, dass «es Rückgrat braucht». Es sei nicht immer einfach, die eigenen Ansichten konsequent durchzuziehen: «Es gilt aber, dass der Politiker zu seinen Ideen stehen muss.» Barbara Gysel wählt einen anderen Ansatz. In der Politik gelte es auch, «Rollen zu spielen». Das sei kein Verdrehen, sondern der Vielfalt in Bezug auf den Weitblick geschuldet. Schliesslich gehe es um das Wohlergehen des Staates.

Über das Thema der Diskussionsrunde «Zauberformeln in Stadt und Kanton Zug?» wird aber eigentlich nur am Rande diskutiert. Logisch, dass auch das Thema Frauen in der Regierung bei diesem Rededuell angeschnitten worden ist. «Die Abstimmung über das Frauenstimmrecht ist schon lange vorbei. Es stimmt einfach nicht, dass die Frauen nicht wollen», sagt Barbara Gysel und spielt den Ball Philip C. Brunner zu: «Unsere Partei hat kein Frauenförderungsprogramm, aber auch kein solches für Männer.»

Brunner hat die Plattform auch dazu genutzt, über die im Kanton Zug nunmehr praktizierte Majorzwahl zu lästern. Seine Partei hat diese Wahlart bekämpft. Derweil beginnt Barbara Gysel schon zu rechnen: «Würde die CVP drei Sitze machen, entspräche dies nicht dem Bevölkerungsdurchschnitt.» Gysel sieht deshalb die «freiwillige Konkordanz» im Kanton gefährdet. Für die SP-Frau ist diese eine Art Korrektur des Majorzes. Wenn auch Philip C. Brunner gelernt hat, «in der Politik geht es geduldiger zu», sagt er: «Wir müssen Visionen haben. Dies geht nur, wenn wir in die Höhe wachsen.» Ein Traum von Brunner wäre es, wenn das Landis&Gyr-Gebiet mit dem Gut-Hirt-Quartier verknüpft werden könnte. Gysel findet, dass Ideen aber nicht einfach «verwaltet» werden können.

Die Teilnehmer werden mit der Erkenntnis in den sonnigen Tag entlassen, dass sich Exponenten von Polparteien im kleinen Kreis duellieren und gleichzeitig vertragen können. (Marco Morosoli)