Maria und Josef auf dem Sterbebett

Dies & Das

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Zwei Bilder in der Neuheimer Pfarrkirche zeigen ähnliche Szenen. Beide stammen von einheimischen Künstlern.

  • Der Todesmoment des Josef von Nazareth an der Wand gegenüber. (Bild Matthias Jurt)
    Der Todesmoment des Josef von Nazareth an der Wand gegenüber. (Bild Matthias Jurt)

Neuheim – Die mindestens seit dem 12. Jahrhundert existierende Kirche von Neuheim hat eine sehr wechselvolle Baugeschichte. Im 15. Jahrhundert mit viel Aufwand in neuer Gestalt errichtet, wurde das Bauwerk, das nächst der Grenze zum reformierten Zürich und somit im Gebiet der Kappelerkriege steht, wenig später im Zuge der konfessionellen Auseinandersetzungen verwüstet. Die wieder instand gesetzte Kirche wird im frühen 17. Jahrhundert erweitert und knapp hundert Jahre später durch den heutigen Bau ersetzt unter Beibehalten des alten Turmes.

Das jetzige Erscheinungsbild des Kircheninneren mit seiner Ausstattung ist über eine längere Zeitspanne entstanden. Im reichen Figuren- und Bildprogramm ist die Kirchenpatronin Maria stark präsent. Dass Neuheim im Mittelalter ein Marienwallfahrtsort war, davon zeugen im Kircheninventar bis heute zwei kostbare Marienfiguren aus jener Zeit, davon insbesondere die im linken Seitenaltar aufgestellte, im 19. Jahrhundert neu gefasste Gnadenmadonna aus dem 14. Jahrhundert («Hingeschaut» vom 9. August 2017). Weiter prominent vertreten ist Maria im Hochaltarblatt als Rosenkranzmadonna und insbesondere im Hauptdeckengemälde, welches ihre Aufnahme in den Himmel zeigt («Hingeschaut» vom 8. Januar 2014).

Der Tod Mariens – in der Ostkirche ein Hochfest

Die «Vorstufe» zu diesem feierlichen Ereignis im grossen Deckengemälde finden wir in der Mitte der nördlichen Seitenwand im Kirchenschiff dargestellt. Es ist eines von vier unterschiedlich grossen Tafelbildern an den Seitenwänden und zeigt den Tod Mariens, die sogenannte «Dormitio» (Entschlafung). Das hochrechteckige Bild dürfte ursprünglich etwas grösser gewesen und für seinen heutigen Standort zugeschnitten worden sein. Es ist anzunehmen, dass es sich hierbei um das Hauptbild vom ehemaligen Hochaltar handelt, welcher 1821 durch den heutigen ersetzt worden ist.

Die Darstellung der Dormitio ist – ikonografisch bedingt – meist ausserordentlich figurenreich: Um das Bett der sterbenden Muttergottes haben sich die trauernden Apostel versammelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Darstellungen desselben Themas scheinen hier in Neuheim alle zwölf Apostel anwesend zu sein, obschon Judas sich zu diesem Zeitpunkt bereits das Leben genommen hat – zumindest gemäss Legende. Der Evangelist Johannes spendet Maria die Kommunion, Petrus und Paulus knien zu ihrer Linken. Über der Sterbeszene schwebt auf einem Wolkenbett – umspielt von einer Schar Engel – Jesus mit Kreuz und Krone. Gemeinsam mit dem Heiligen Geist in der Gestalt der Taube mit einem Kranz erwartet er Maria im Himmel.

Das blass gewordene Gemälde, dessen Restaurierung sich lohnen würde, ist zwar nicht signiert, aber Kunsthistoriker sind überzeugt, dass es sich beim Urheber um den Zuger Maler Caspar Wolfgang Muos (1654 – 1728) handelt. Dies, weil Komposition und Ausführung des Gemäldes einem signierten Werk mit demselben Inhalt in der Zuger Liebfrauenkapelle frappant ähnelt.

Feiert die westliche Kirche hauptsächlich das Hochfest der Himmelfahrt Mariens, welches 1950 durch Papst Pius XII. als Dogma verkündet worden ist, so kommt in den Ostkirchen dem Sterben Mariens als früherem Titel des Festes nach wie vor die grössere Bedeutung zu. Dort ist es das wichtigste aller Marienfeste und beschliesst das kirchliche Jahr des byzantinischen Ritus. Von seiner hohen Bedeutung zeugen alleine die zahlreichen «Mariä-Entschlafens-Kirchen», die man in Osteuropa und Russland findet.

Ein Tod im Kreise der Familie

Etwas weniger «spektakulär» gestaltete sich in der bildenden Kunst das Ableben von Marias Ehemann und Jesu Ziehvater Josef von Nazareth, dessen Figur in kirchlichen Bildprogrammen lange ein Schattendasein fristete. Auch diese Szene finden wir in der Neuheimer Pfarrkirche Maria Geburt dargestellt, ebenfalls auf einem der Tafelbilder an den Seitenwänden. Es ist das im Format etwas kleiner ausgefallene Gemälde dem Marientod schräg gegenüber an der südlichen Wand über dem Seiteneingang. Auch Josef ist auf dem Sterbebett liegend abgebildet, Maria und Jesus zu seinen Seiten, im Hintergrund eine Landschaft.

Über dem Sterbebett erscheinen Gottvater, der Heilige Geist im Strahlenkranz und Engelsköpfe, umfangen von einem Wolkenband. Auffällig ist die Figur der stehenden Maria: Fast geistesabwesend scheint sie ihren Blick ins Leere zu richten, vom Sterbenden abgewandt, während sich Jesus sitzend und die Hand zum Segen erhoben auf seinen Ziehvater fokussiert. Gemäss dem Kirchenlehrer Hieronymus ist Josef gestorben, noch bevor Jesus sich unter die Menschen begeben hat. Ausserbiblische Schriften hingegen besagen, dass es vor Jesu Kreuzigung geschehen sei.

Der Neuheimer Josefstod ist im Gegensatz zum Marientod aber deutlich signiert und datiert von einem gewissen Clemens Weber im Jahre 1767. Es handelt sich dabei wohl um einen einheimischen Künstler, der sein Handwerk ganz ordentlich verstand. (Andreas Faessler)

Hinweis

Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.