Neue Räume hinter alten Mauern

Kunst & Baukultur

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Erhalten, sanieren, neu nutzen – so sieht Baukultur aus. Das Amt für Denkmalpflege und Archäologie stellt in seinem «Denkmal Journal Nr. 3» weitere sechs Vorzeigeobjekte im Kanton Zug vor.

  • Denkmalpflegerin Karin Artho im Gespräch mit Zimmermeister Urban Keiser. Bild: Stefan Kaiser (Cham, 20. 3. 2024)
    Denkmalpflegerin Karin Artho im Gespräch mit Zimmermeister Urban Keiser. Bild: Stefan Kaiser (Cham, 20. 3. 2024)

Cham – «Denkmäler sind Teil unseres Lebens. Sie vereinen die Dimensionen der Zeit und des Raumes.» Die einleitenden Worte der Zuger Denkmalpflegerin Karin Artho führten an diesem Abend im Kalandersaal direkt ins Thema ein: Die dritte Ausgabe des Zuger «Denkmal Journals» wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. Herausgegeben vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie, stellt das Journal beispielhafte Projekte vor, im Rahmen derer historische Bauzeugen erhalten, saniert und einer neuen Bestimmung zugeführt werden.

Karin Artho betonte, dass hier nicht von Kulturerbe, sondern vielmehr von Baukultur die Rede sei. Denn der Erhalt von historischen Objekten bestehe nicht einfach in deren Konservierung, sondern vor allem darin, sie einer Entwicklung zu unterziehen. «Baukultur unterliegt einem Prozess und geht mit einem hohen Qualitätsanspruch einher. Alle, die in diesem Prozess involviert sind, sind zugleich Kulturschaffende.»

Wie gross das Interesse der Öffentlichkeit an der Zuger Baukultur ist, zeigte sich eindrücklich am Zustrom zur Vernissage im Kalandersaal der Papieri Cham am Mittwochabend. «Ein passender Ort für unseren Anlass», merkte Andreas Hostettler, Direktor des Innern, in seiner Begrüssung der knapp 220 Besucherinnen und Besucher an und würdigte im selben Zuge die kulturhistorische Bedeutung der alten Fabrikhalle, die selbst zu den denkmalpflegerischen Vorzeigeobjekten im Kanton Zug gehört – und als Teil des Papieri-Komplexes indirekt Einzug ins aktuelle Journal hält. Denn auf dem ehemaligen Industrieareal entsteht derzeit in einem laufenden Prozess neuer Raum für Wohnen, Gastronomie, Dienstleistung und Kultur.

Im angrenzenden historischen Gebäuderiegel entlang der Lorze sind grosszügige Lofts entstanden – modernes Wohnen in alten Industrieräumen. Im Magazin wird die eindrückliche Metamorphose dieser alten Mauern aufgezeigt, die mit viel Umsicht, Sorgfalt und Rücksicht auf Erhalt des Industrie-Flairs vonstattengegangen ist. Thomas Aebischer, CEO der Papieri-Eigentümerin Cham Group, lobte an diesem Abend die konstruktive Zusammenarbeit mit der Zuger Denkmalpflege bei der Entwicklung des Areals, von dem doch rund ein Drittel aller Bauten unter Schutz stehen.

Irgendwie findet man sich am Ende doch

Dass diese Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege punktuell auch nicht einfach war, ging im Laufe der Präsentation der weiteren Objekte hervor. Etwa im Falle des Hauses Schwendeler im Zentrum Walchwils. Das 235 Jahre alte Gebäude hatte lange leer gestanden und wurde inwendig von Grund auf renoviert. Als es um die Diskussion einer energetisch konformen Ertüchtigung der historischen Doppelfenster ging, sei der Eigentümer drauf und dran gewesen, das Handtuch zu werfen, rekapitulierte der zuständige Architekt Josef Hürlimann. Schliesslich habe man sich mit der Denkmalpflege einigen können, die Fenster zu ersetzen.

«Im Grossen und Ganzen haben Denkmalpflege und involvierte Parteien bei allen sechs Projekten stets zusammengefunden», sagte Karin Artho angesichts des grossen Spannungsfeldes von Interessen beiderseits. Manchmal schlägt sich solches auch im Kleineren nieder, wie etwa bei der Umwandlung des alten Dörrhauses auf dem Baarer Hof Büessikon in ein Wohnhaus, bei der die Denkmalpflege eine hölzerne Treppe ins Obergeschoss vorschlug und sich schliesslich mit der Idee der Besitzerin, eine dezente Eisentreppe anfertigen zu lassen, arrangieren konnte.

Ersatzteile aus Übersee

Die Komplettsanierung der ehemaligen Trink- und Wandelhalle auf dem Zugerberg – sie gehörte zum einstigen Kurhotel Schönfels – sorgte weiter für Staunen im Kalandersaal, zumal von den Verantwortlichen ein grosser Aufwand betrieben worden ist, alles so authentisch wie möglich zu rekonstruieren. Da hat man gar Zierelemente im fernen Buenos Aires anfertigen lassen.

Zu den weiteren Vorzeigeobjekten des aktuellen Magazins, die mit ganz individuellen denkmalpflegerischen An- und Herausforderungen einhergegangen sind, gehören die reformierte Kirche in Rotkreuz, ein Musterbeispiel des Brutalismus der 1960er-Jahre, sowie das ehemalige Werkstattgebäude in Bad Schönbrunn, welches Altes und Neues besonders anschaulich in sich vereint und heute von der Zuwebe genutzt wird.

Das «Denkmal Journal Nr. 3» mit einem Vorwort von Andreas Hostettler und Karin Artho, Texten von Sabine Windlin und Bildern von Regine Giesecke richtet sich – wie schon die beiden vorigen Ausgaben – sowohl an ein Fach- wie auch ein interessiertes Laienpublikum. Die Inhalte sind bewusst klar verständlich aufgebaut, sodass sich der unterhaltende, der wissenschaftliche wie auch der informative Gehalt die Waage halten. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

Das «Denkmal Journal» kann beim Amt für Denkmalpflege und Archäologie an der Hofstrasse 15 in Zug bezogen oder per Mail (info.ada@zg.ch) bestellt werden. Es ist kostenlos.