Gioachino Rossini auf besondere Art

Musik

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Alle mit Gesichtsmasken: Dirigenten, Solisten, der Chor sowie das Publikum. Eine seltsame Aufführung im Casino, die Fragen aufwirft.

  • Der Chor Cantori Contenti während ihres Auftritts im Casino Zug. (Bild Roger Zbinden)
    Der Chor Cantori Contenti während ihres Auftritts im Casino Zug. (Bild Roger Zbinden)

Zug – Die allermeisten Leute im Festsaal Theater Casino Zug – wie auch der Schreibende – haben dieses Wochenende wohl zum ersten Mal ein klassisches Chorkonzert erlebt, in welchem alle Mitwirkenden coronabedingt maskiert auf der Bühne standen. Als die Cantori Contenti letzten Winter die «Petite Messe solennelle» von Gioachino Rossini in Angriff nahmen, dachte sicher niemand an eine Aufführung mit Schutzmaske. Diese kam erst nach der Konzertverschiebung von diesem Frühling in den Herbst ins Spiel – die einzige Möglichkeit, das immer wieder verzögerte Projekt doch irgendwie ins Ziel zu bringen. Was noch vor wenigen Wochen unmöglich erschien, wurde jetzt gemacht.

Ein Stück weit wirkte der Mundschutz, der bei allen Mitwirkenden ein schwarzes Stoffmodell war, beim Singen wie der Tondämpfer «Sordino» von Streichinstrumenten. Das Forte drang einigermassen durch, doch das Piano wurde so zusätzlich abgeschwächt. Kaum hörbar waren oft unbetonte Endsilben: Die Solisten pflegten bei exponierten Einsätzen die Maske im untersten Bereich kurz zu heben, um die sonst unterdrückten Zischlaute wie «s», «z» und «sch» hörbarer zu machen. Während einzelne Sängerinnen und Sänger durch unmissverständliche Gesten kommunizierten, dass sie sich von den Schutzmasken beengt fühlten, schien das Spiel der beiden Pianisten Adrienne Soós und Ivo Haag sowie der Akkordeonistin Viviane Chassot nicht beeinträchtigt.

Sprachverständlichkeit wurde beeinträchtigt

Immerhin liessen die veränderten Rahmenbedingungen die Qualitäten der Cantori Contenti unter der Leitung von Davide Fior, der als Einziger eine Gesichtsmaske aus Plexiglas trug, angemessen zur Geltung kommen. Vier zahlenmässig und musikalisch ausgewogene Chorregister überzeugten durchweg mit sicherer Vorbereitung, prägnanter Gestaltung und ausgezeichneter Intonation bis in die extremen Lagen. Natürlich beeinträchtigte die Maske die Sprachverständlichkeit: Allerdings war dies bei dem auch auf dem gedruckten Programm festgehaltenen lateinischen Messetext zu verkraften. Als einziger Positivpunkt führten die Gesichtsmasken zu einem ausgewogeneren Klang, selbst bei den Solisten, in dem einzelne besonders markante Timbrierungen ausgeglichen wurden.

Vier junge Solisten bildeten im Wechselspiel mit dem Chor ein homogenes Quartett, in welchem – ein seltenes Phänomen – Alt und Bass gegenüber Tenor und Sopran nicht nur nach Stimmvolumen voll mithielten, sondern manchmal sogar dominierten. Alle Solisten erhielten auch, besonders in dem durch sehr viele Textwiederholungen gedehnten Gloria, Gelegenheit zur freien Gestaltung im Sinne von Opernarien. Dies häufig nur mit Klavierbegleitung und ohne direkte Beteiligung des Dirigenten.

Klavierduo Soós-Haag aufeinander eingespielt

Maria Caballero, Sopran, erreichte nach etwas zaghaftem Beginn ihre besten Momente mit einer eindrücklichen Gestaltung des «O Salutaris Hostia». Die Altistin Margherita Sala erschien durch die Maske am meisten geniert. Dies hinderte sie aber nicht an einer eindrücklichen Interpretation mit grosser und doch nicht forcierter Stimme, welche in den drei Anrufen des «Agnus Dei» gipfelte. Im ausgedehnten «Domine Deus» fand der Tenor Remy Burrens genau den richtigen Weg zwischen lyrischer Gestaltung und den bei Rossini doch notwendigen Ansätzen zum Heldentenor. Voluminös und abgerundet erklang das «Quoniam» des Bassisten Francesco Leone; schade, wurden einzelne Spitzentöne etwas zu sehr forciert. Die beiden als «Klavierduo Soós-Haag» längst aufeinander eingespielten Pianisten interpretierten den anspruchsvollen Klavierpart in jeder Hinsicht souverän. Die Akkordeonistin Viviane Chassot bot in Bezug auf Klangerzeugung und Volumen eine angemessene Alternative zum Harmonium des Originals.

Das Publikum verliess den Saal auf Geheiss der Veranstalter nur reihenweise und verzichtete auf die Bildung grösserer Gruppen im Konzertfoyer. Wann werden wohl die nächsten Chorkonzerte folgen? Und was wird ihre Präsentationsform sein? (Jürg Röthlisberger)