Jugendliche finden in Zug ein zeitweises Dach über dem Kopf

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Der Verein Jugendtreffpunkte der Stadt richtet einen Aufruf an Heranwachsende, denen es zu Hause zu eng wird.

Zug – Wer nach Einbruch der Dunkelheit durch die Stadt Zug streift, der kann mancherorts eine für diese Jahreszeit unübliche Belebung durch jugendliche Gruppen ausmachen. Dies dürfte den vergleichsweise milden Abenden geschuldet sein. Doch damit ist bald Schluss. Für das Wochenende sind Minustemperaturen vorausgesagt. Und dann? Manch ein Heranwachsender könnte in diesem Coronajahr weniger Lust als üblich verspüren, sich zu Hause aufzuhalten.

Der Verein Zuger Jugendtreffpunkte (ZJT) – die Industrie 45, der Jugendtreff Herti und die Jugendanimation Zug – hat sich in einem offenen Brief an die Redaktion gewandt. Darin macht er auf seine Angebote aufmerksam und ruft Jugendliche dazu auf, sich an die Mitarbeiter zu wenden, «falls euch die Decke auf den Kopf fällt, ihr mal raus müsst». Besteht Grund zum Alarmismus? Patrick Leemann, Bereichsleiter der Industrie 45, will den Aufruf des ZJT nicht als solchen verstanden wissen. Es gehe vielmehr darum, in der Flut der Absagen von Veranstaltungen darauf aufmerksam zu machen, «dass die Räume des ZJT zugänglich sind und die Mitarbeitenden für die Anliegen, Ideen und Sorgen der jungen Menschen da sind.»

Motivation ist auch bei Verantwortlichen Thema

Allerdings gilt auch für die ZJT-Veranstaltungen: Maximal 50 Personen sind zugelassen, spätestens um 23Uhr ist Schluss. Überdies gilt ein explizites Verbot zu tanzen. «Es ist natürlich anders als unter normalen Umständen», sagt Patrick Leemann. Jugendliche hätten wegen der Einschränkungen auf die Durchführung zweier geplanter Veranstaltungen in der Industrie 45 verzichtet. Wie steht es um den Verdruss bei den Verantwortlichen? Leemann arbeitet erst seit drei Monaten in aktueller Funktion, er hat den Lockdown im Frühling also nicht in der Industrie 45 miterlebt. Bei Gesprächen mit den Teammitgliedern, die damals dabei waren, habe er festgestellt, dass es «herausfordernd ist, positiv zu bleiben».

Gelungene Veranstaltungen sollen sich positiv auf die Motivation auswirken, bei Gästen wie Organisatoren und Verantwortlichen. Die nächste in der Industrie 45 findet am 20.November statt, ein Workshop zur Gitarren- und Basspflege. Gemäss dem Bereichsleiter Leemann sei die Nachfrage nach den Angeboten da, die Grenze von 50 zugelassenen Personen bilde kein Problem. «Wir mussten in den letzten Monaten niemanden abweisen», sagt er in Bezug auf die Industrie 45. Beim Jugendtreff Herti werde die Limite von 15 Personen an den Wochenenden jedoch ausgeschöpft.

Auch bei der Jugendanimation Zug (Jaz) in der Altstadt herrschen keine feudalen Platzverhältnisse vor. Deren Leiterin Lisa Palak-Otzoup stellte im Frühling fest, dass der Lockdown einen grossen Einfluss auf die Jugendlichen hatte, wenn auch nicht auf jeden in gleichem Ausmass. «Manche konnten nicht gut damit umgehen. Wir hielten über Whatsapp und Anrufe Kontakt zu ihnen», erklärt sie. Vor dem bevorstehenden Winter liegt ihr daran, die Jugendlichen darauf aufmerksam zu machen, dass sie sozusagen bei der Jaz ein zeitweises Dach über dem Kopf finden. «Sie können zum Beispiel bei uns statt zu Hause ihre Hausaufgaben erledigen», zeigt Lisa Palak-Otzoup auf.

Chancen auf mehr Sackgeld bestehen weiterhin

Das Angebot der Jaz umfasst aber auch Aktivitäten ausserhalb. So vermitteln Jugendliche anderen Jugendlichen etwa Freizeitjobs. Solche gebe es trotz der Coronasituation. Lisa Palak-Otzoup erwähnt die kürzliche Verteilung des City Guides an die Zuger Haushalte im Auftrag der Stadt. Absagen von eigenen Veranstaltungen seien selten – aber sie kommen umständehalber vor. Am kommenden Samstag hätten Jugendliche Senioren Kniffe im Umgang mit Smartphones und Tablets vermitteln sollen. Der Abstand könnte dabei schlichtweg nicht eingehalten werden, sagt die Jaz-Leiterin.

Dass ein Widerspruch besteht zwischen der Durchführung von Anlässen und der offiziellen Aufforderung, die Zahl der Kontakte zu anderen so gering wie möglich zu halten, ist Patrick Leemann von der Industrie 45 bewusst. «Trotzdem ist es wichtig, den Jugendlichen Möglichkeiten für etwas Abwechslung zu bieten», ist er überzeugt. (Raphael Biermayr)

Hinweis
Die Institutionen und Angebote der Zuger Jugendtreffpunkte sind unter www.zjt.ch zu finden.