Ein ganzes Leben für die Grafik

Dies & Das

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Mit seinen Gebrauchsschriften, Logos und Signeten ist der Zuger Walter F. Haettenschweiler bekannt geworden. Nun bildet erstmals eine umfassende Ausstellung Leben und Werk des Grafikers ab.

  • Das umfangreiche Schaffen von Walter F. Haettenschweiler wird im Zürcher Museum für Gestaltung anschaulich präsentiert. Das kleine Bild unten links aus den frühen 1980er-Jahren zeigt den Zuger in seinem Atelier an der Schanz 2 in Zug. (Bilder ZHdK / Erbengemeinschaft Walter F. Haettenschweiler)
    Das umfangreiche Schaffen von Walter F. Haettenschweiler wird im Zürcher Museum für Gestaltung anschaulich präsentiert. Das kleine Bild unten links aus den frühen 1980er-Jahren zeigt den Zuger in seinem Atelier an der Schanz 2 in Zug. (Bilder ZHdK / Erbengemeinschaft Walter F. Haettenschweiler)

Zug – In Stadt und Kanton Zug kommt man kaum an ihm vorbei respektive an dem, was er kreiert hat: Der Zuger Grafiker Walter F. Haettenschweiler (1933–2014) ist omnipräsent mit seinen Logos, Schriftzügen, Malereien und Kunst-am-Bau-Interventionen. Über 50 Jahre lang war Haettenschweiler von Zug aus tätig für rund 160 lokale, nationale und internationale Kunden aus Industrie, Handel, Dienstleistung, Kleingewerbe, Gastronomie sowie Kultur.

Zu seinen wichtigsten und nachhaltigsten Werken, welche ihn seinerzeit erstmals einem breiten Publikum bekannt gemacht haben, gehören die sogenannten «Lettera-Bände» mit einer grossen Sammlung an Gebrauchsschriften. Sie sind in Zusammenarbeit mit dem Baarer Fotografen Armin Haab und dem Zuger Grafiker Alex Stocker entstanden, zwischen 1954 und 1972 in vier Sprachen erschienen und in wiederholten Neuauflagen in rund 60 Ländern vertrieben worden.

Mit diesen Lettera-Editionen traf das Zuger Trio um Walter F. Haettenschweiler den Nerv der Zeit, denn die Nachfrage nach kreativen Neuerungen auf dem Gebiet der Typografie war gross. Haettenschweilers Schmalfette Grotesk wurde später von Microsoft in die Kartei der Systemschriften aufgenommen. Heute erwächst ein neues Interesse an diesen nach wie vor zeitlosen, charakteristischen Gebrauchsschriften.

«Haetti» ganz privat

Jetzt zeigt das Museum für Gestaltung in Zürich erstmals eine monografische Gesamtschau zu Walter F. Haettenschweilers Leben und Werk, welches weit über die Typografie hinausreicht. Die grosse, thematisch in sieben Abschnitte eingeteilte Ausstellung «Haettenschweiler von A bis Z» am Standort Toni-Areal ist aufwendig und sehr sorgfältig konzipiert.

Beginnend mit seinen frühen Jahren, führt der Rundgang über die Schriftgestaltung hin zur Auftragsgrafik – zwei Themenbereiche, denen besonders viel Augenmerk zuteilwird. Hier wird die Entstehung von Lettern, Grafiken und Logos von der Inspirationsquelle über das Entwurfsmuster bis hin zum fertigen Resultat mit originalen Exponaten aus dem umfangreichen Fundus dokumentiert.

Intimer und privater wird es schliesslich mit Haettenschweilers – von vielen liebevoll «Haetti» genannt – persönlichen Gegenständen aus seinem Atelier und einer Art Nachbildung desselben mit originalen Ausstattungselementen. Mit Videobeiträgen von und mit Haettenschweiler selbst wie auch mit seinen Lernenden und Nachkommen wird der sympathische multidisziplinäre Zuger Künstler posthum nah- und fassbar. Ein weiterer Themenkreis innerhalb der Ausstellung ist Haettenschweilers Schaffen im Zusammenhang mit sogenannter Sekundärarchitektur und Kunst am Bau. Ab 1973 wurde dies zu einem zusätzlichen Standbein – Signaletik, Farbgebung, Baugrafik und Raumgestaltung bildeten den neuen Werkbereich.

Die Kunst als Ausgleich

Auch diese Arbeiten sind heute noch vielerorts präsent und wahrnehmbar, unter anderem die Wandmalereien und Piktogramme im Zuger Schulhaus Herti, im Hallenbad ebenda oder im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Marc Rich + Co. Bemerkenswert ist zudem die hölzerne Figurengruppe mit Jesus und seinen Jüngern an der Nordwand in der Reformierten Kirche Zug.

Als Ausgleich zu seinen Auftragsarbeiten betätigte sich Haettenschweiler als freier Künstler – Malerei, Zeichnung, Plastik, Collage, Objekte ... Auch in diesem Bereich zeigte er sich als ausserordentlich vielseitig. Die gegenseitige Befruchtung dieses Tätigkeitsfeldes und desjenigen der Gebrauchsgrafik wird im Œuvre ablesbar. In der Ausstellung ist erstmals eine repräsentative Auswahl an persönlichen Kunstwerken aus dem Nachlass Haettenschweilers – ein Jahr vor seinem Tod hat er in Zug noch eine eigene Galerie mit allerlei Kuriositäten eröffnet – für das breite Publikum zu sehen.

Vom Betrachtenden zum Haptischen

Die facettenreiche Gesamtschau im Toni-Areal repräsentiert nicht nur das enorme Schaffen des Zugers, sondern wird ergänzt mit interaktiven Optionen für das Publikum, welche über die erwähnten Videopräsentationen hinausgehen. In einer Logowerkstatt etwa lassen sich Haettenschweilers Wortmarken und Signete vergrössern, verkleinern, ausdrucken und neu interpretieren, indem sie auf unterschiedliche Arten zusammengefügt werden. Mit dieser Vorgehensweise pflegte der Zuger selbst zu arbeiten.

Der grossen Haettenschweiler-Ausstellung im Toni-Areal sind zwei Jahre intensiver Planung vorausgegangen. Hauptakteure dabei waren insbesondere Walter F. Haettenschweilers Nachkommen. Für seine Tochter Sasha Haettenschweiler ist es ein Moment grosser Freude und «überwältigend», das Schaffen ihres Vaters nun so übersichtlich ausgelegt und dargestellt zu sehen – und die Erinnerungen an ihn werden so noch lebendiger. «Mein Vater war ein warmherziger Mensch, der seine Arbeit ernst nahm und mit Leidenschaft ausführte», so Sasha Haettenschweiler. «Diese Charakterzüge kommen jetzt auch in dieser Ausstellung zur Geltung. Das berührt mich sehr, und es freut mich zutiefst, dass die Allgemeinheit nun das Lebenswerk von meinem Vater betrachten kann.»

Gemäss Sasha Haettenschweiler wird im kommenden Frühjahr unter dem Titel «Universum Haetti» in der Stadt Zug ein zehntägiges, lokalbezogenes Hommage-Projekt an ihren ­Vater durchgeführt – anlässlich seines 90. Geburtstages. Details dazu werden zu einem späteren Zeitpunkt folgen. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

«Haettenschweiler von A bis Z», die Ausstellung im Museum für Gestaltung am Standort Toni-Areal, Pfingstweidstrasse 96 in Zürich, läuft bis 19. Februar 2023. www.museum-gestaltung.ch