Das Kunsthaus Zug macht Lust auf Farbe

Kunst & Baukultur

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Mit der aktuellen Ausstellung setzt das Kunsthaus Zug den Fokus auf ein einziges übergeordnetes Element. Dies erlaubt eine ganz neue Art der Gegenüberstellung unterschiedlicher Werke, die ansonsten kaum «zusammenfinden» würden.

  • Es kuratiert der Chef persönlich: Matthias Haldemann, Direktor Kunsthaus Zug, im Schauraum mit den «roten» Werkgegenüberstellungen. Bild: Stefan Kaiser
    Es kuratiert der Chef persönlich: Matthias Haldemann, Direktor Kunsthaus Zug, im Schauraum mit den «roten» Werkgegenüberstellungen. Bild: Stefan Kaiser

Zug – Kreativität und Art der Schwerpunktsetzung bei Ausstellungskonzepten kennen kaum Grenzen. Es gibt zahllose Herangehensweisen, eine Werkgruppe zu erschliessen und gezielt in einen Kontext zu stellen. Die Wege dahin können komplex und anspruchsvoll sein, manche funktionieren jedoch auch auf denkbar einfache und niederschwellige Weise.

Für die aktuelle Ausstellung «Lust auf Farbe» im Kunsthaus Zug hat Direktor Matthias Haldemann, der hier zugleich als Kurator verantwortlich zeichnet, einen alleinstehenden, übergeordneten Schwerpunkt gewählt – der Titel schickt es voraus: Die gezeigten Werke definieren sich in Art und Anordnung in erster Linie über die Farbe und in zweiter Linie über mehrere mit der Farbe im Kontext stehende Aspekte, wie Kontrast, Intensität, Stimmung – oder aber Umfeld und Ort in Natur und Universum, wo sie auftreten.

Auf «Augenhöhe» mit Spitzenwerken

Von ihrem vorherrschenden Farbton ausgehend, werden rund 100 malerische und plastische, abstrakte und gegenständliche Werke ganz unterschiedlicher Stile und Technik aus der hauseigenen Sammlung gezeigt – einige von ihnen sind bisher selten oder noch nie öffentlich präsentiert worden, auch Neuzugänge sind vertreten. Das erlaubt ungewohnte, vielleicht auch gewagte Anordnungen und Gegenüberstellungen. Hier hängen respektive stehen Gemälde und Skulpturen weniger einflussreicher Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart neben Originalen von Klimt, Cézanne oder Schiele – aufgrund des Ausstellungsthemas auf «Augenhöhe» und nicht in deren «Schatten».

«Für einmal soll die herkömmliche museale Ordnung mit hierarchischen Strukturen durchbrochen werden», führt Matthias Haldemann dazu aus. Farbe als übergeordnetes Thema werde zum allverbindenden Element, sie sprenge auch Grenzen, drücke Gegensätze aus oder stehe für Ordnung. «Es war nicht zuletzt auch ein Ausloten, inwieweit sich die direkte Gegenüberstellung von inhaltlich und bezüglich ihrer kunsthistorischen Bedeutung so unterschiedlicher Werke verträgt. Ferner wird unsere Sammlung auch oder gerade mit Projekten dieser Art lebendig gehalten, und ermöglicht einen einfacheren Zugang zur Materie.»

Frage nach Wert und Bedeutung wird obsolet

Das Resultat spricht für sich, denn es funktioniert. Und das eine nimmt dem anderen nichts. So finden sich beispielsweise fast sämtliche Grünabstufungen in Gustav Klimts «Gartenlandschaft mit Bergkuppe» in anderen Gemälden im Raum irgendwo wieder und schaffen einen Fixpunkt, was wiederum in einem grossen Ganzen resultiert und somit die Frage nach Wert und Bedeutung der Kunstobjekte obsolet werden lässt. Das Konzept zeigt anschaulich auf, wie breit und vielfältig sich die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsthema gestaltet.

Diese Bezüge definieren sich in einigen Räumen in zweiter und dritter Linie auch über Inhalt und abstrakte Punkte. Wo Gelbtöne als Farben des Lichts vorherrschen, finden sich weitere Bezugspunkte zu Exponaten, die sich wiederum vorderhand mit dem Thema der Sonne und damit noch eine Stufe weiter mit Aspekten wie Leben und Tod definieren – und nicht mehr mit dem zugrunde liegenden Farbton. So bleibt für die Art der Gegenüberstellung erweiterter Raum, und es treten symbolische, kognitive, soziopolitische, technische, ökonomische und weitere Aspekte ins Licht – ohne dass sich der Schwerpunkt jedoch zu weit vom eigentlichen Ausstellungsthema entfernt.

Jedem der neun Schauräume im Kunsthaus Zug liegt ein vorherrschender Farbschwerpunkt zugrunde. So erschliesst sich einem nach und nach ein weites, vielschichtiges Spektrum, ja ganze Farbuniversen öffnen sich, losgelöst vom sonst massgeblichen Fokus auf Linie und Form. Die Gedanken- und Interpretationsspirale dreht sich weiter zu wichtigen Diskussionspunkten wie Durchdringung und Systematisierung von Farbe, was beispielsweise bei Paul Klee und seiner Auseinandersetzung mit seinerzeit aufkommenden neuen Farblehren besonders zum Ausdruck kommt.

Farbe als emotional sinnliche Komponente

Oder die Suche mancher Künstlerinnen und Künstler nach dem emotionalen Moment in ihrem Werk, für dessen Ausloten sie den Weg über die Farbe wählten. So wird die Ausstellung «Lust auf Farbe» nicht nur ein Erlebnis für das Auge, sondern geht auch mit einer ausgeprägt sinnlichen Komponente einher.

Mit dem Aspekt der Farbe als Herangehensweise zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Ausstellung kann durchaus ein breiteres Publikum angesprochen werden, weshalb auch ein Farblabor zum Konzept gehört. Hier kann der Grundfrage «Was ist Farbe?» auf experimentelle Weise nachgegangen werden. Unterschiedliche Farb- und Wahrnehmungsphänomene können aktiv erkundet und getestet werden. Mit unterhaltsamen optischen Übungen kann das eigene Farbsehen besser erfasst werden. Diese spielerisch-empirische Komponente der Ausstellung richtet sich sowohl an das erwachsene wie auch an das kindliche Publikum. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

«Lust auf Farbe» im Kunsthaus Zug, bis 10. September. Weiteres zur Ausstellung sowie zum Begleit- und Vermittlungsprogramm unter www.kunsthauszug.ch.