Barocke Zuger Fassade «gerettet»
Kunst & Baukultur
Das Unwetter vom Juni 2021 hat die denkmalgeschützte Fassade des Brandenberg-Hauses an der St.-Oswald-Gasse stark in Mitleidenschaft gezogen. Nach monatelanger Restaurierung erstrahlen Putz und Malerei wieder.
Zug – Eindrucksvolle Fassadengestaltungen weist eine historische Stadt wie Zug in Fülle auf. Wollte man eines der aufwendigsten Beispiele bestimmen, so drängte sich unbestritten das Haus St.-Oswald-Gasse 15 auf. Kaum ein anderes Gebäude präsentiert seine Schauseite in so opulenter Manier – es ist flächendeckend mit barocker Trompe-l’œil-Malerei versehen, eine Gestaltung, die Dreidimensionalität vortäuscht.
Landläufig wegen der einstigen Besitzerfamilie als Brandenberg-Haus bezeichnet, kennt man das aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammende Gebäude heute auch als Claver-Haus: Seit 1905 ist es im Besitz der 1894 in Österreich gegründeten Kongregation der Missionsschwestern vom hl. Petrus Claver (kurz: St. Petrus Claver Sodalität). Auftrag der Ordensfrauen ist es, Missionen in Afrika wie und anderen Teilen der Erde zu unterstützen. Anno 1900 hielt die Ordensgründerin Maria Theresia Ledóchowska einen ersten Vortrag in der Schweiz. In der Folge installierte sie mehrere Vertretungen im Land und konnte 1905 schliesslich in Zug das alte Brandenberg-Haus erwerben. Es war fortan Schweizer Hauptsitz der Sodalität.
Sturmschäden und mehr
Von Frühling bis Herbst 2023 versperrte ein Baugerüst die Sicht auf die prächtige Fassade des Claver-Hauses an der St.-Oswald-Gasse: Putz und Malerei sind im Rahmen eines aufwendigen Prozesses gründlich gesichert und restauriert worden. Dass dies dringender als erwartet angezeigt war, ist eher einem Zufall zu verdanken, wie die Hausoberin, Schwester Regina Parokkaran, sagt: «Nach dem schweren Hagelsturm im Juni 2021 waren zig Fensterscheiben zerbrochen, und auch die alte Haustür hat stark gelitten.» Bei der gemeinsamen Schadeninspizierung des Türbereiches mit der Zuger Denkmalpflegerin Anke Köth habe man jedoch auch beim Fassadenputz etwas genauer hingeschaut, wo der Hagel ebenfalls sichtbare Spuren hinterlassen habe.
Man habe deshalb die gesamte Fassade sicherheitshalber fachmännisch überprüfen lassen wollen, fährt Schwester Regina fort. Ein wahrlich guter Entscheid, denn die auf Restaurierungen spezialisierte Firma Fontana & Fontana aus Jona SG hat darauf festgestellt, dass die erst 1999 zum letzten Mal sanierte Fassade in einem sehr kritischen Allgemeinzustand und dringend zu renovieren ist.
Unter der Bauleitung des Zugers Fredy Rickenbacher startete schliesslich der aufwendige Sicherungs- und Instandstellungsprozess. «Als Erstes festigten die Fachleute mittels Kieselsäure den Putz, unter dem sich grossflächig gefährliche Hohlräume gebildet hatten. Danach wurde er sorgfältig mit Kalklack unterspritzt», schildert Rickenbacher die Sofortmassnahmen. «Unser Glück war es, dass fast den ganzen Sommer über gutes Wetter herrschte und somit diese und alle weiteren Arbeiten zügig ausgeführt werden konnten.»
«Wunderbar gelungen»
Als im November 2023 das Gerüst abgebaut wurde, zeigte sich die denkmalgeschützte Fassade wieder vollständig intakt und mit frischer Farbfassung. «Die Arbeiten sind von Stadt, Kanton und Bund grosszügig finanziell unterstützt worden. Auch von einigen Stiftungen sind Spenden eingetroffen», sagt Schwester Regina dankerfüllt.
Für die Oberin und ihre Mitschwestern habe das Brandenberg-Haus eine besondere Bedeutung. «Allein deshalb, weil es unsere Gründerin damals persönlich gefunden und erworben hat. Ohnehin ist die Schweiz für unsere Kongregation ideell ein wichtiger Wirkungsort – die Mutter der Gründerin war Schweizerin.» Schwester Regina ist glücklich und auch stolz, wenn sie ihren Blick über die barocke Fassade schweifen lässt. «Es ist wunderbar gelungen!»
An sich sind jetzt alle Arbeiten abgeschlossen. Einzig, was die Sockelzone der Fassade betrifft, wird eventuell noch ein letzter gestalterischer Schritt vollzogen. Denn dieser Bereich hat im Lauf der Jahrzehnte sein Aussehen mehrmals verändert. Für welche Gestaltungsform man sich entschliesst, wird sich noch im Frühjahr 2024 zeigen. Voraussichtlich im April wollen die Ordensschwestern im Rahmen einer öffentlichen Feierlichkeit mit Führungen die neu renovierte Fassade an ihrem Haus einweihen. (Text von Andreas Faessler)