Herzenssache Bühnenprojekt

Theater & Tanz

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Im Fach «Musisch-szenischer Auftritt» erweitern die Studierenden der FMS Zug im 3. Jahr der Ausbildung ihre musische Bildung, fördern aber auch ihre Auftrittskompetenz – dieses Jahr erstmals mit einem Stationentheater.

  • Das Stationentheater-Projekt war geprägt von ganz unterschiedlichen Settings. (Bild Stefan Kaiser)
    Das Stationentheater-Projekt war geprägt von ganz unterschiedlichen Settings. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Die Wilhelm-Aula der Fachmittelschule Zug versprach am Freitagabend theatrale Abenteuer: links ein flaches Podest mit blauem Sofa, rechts ein Treppenaufbau mit Notenständern, Mikros, Schlagzeug und E-Gitarren, und ganz vorne, in die ersten Zuschauerreihen verlegt, ein kleines Podestchen, ebenfalls mit Noten.

Im Publikum – zusammengesetzt aus Angehörigen und Freunden – war erwartungsvolle Erregung spürbar. In den Gängen vor der Aula huschten die jungen Darstellenden freundlich lächelnd und nervös vorbei, die meisten in Schwarz: Ihr Auftritt stand bevor – für viele der erste überhaupt. Lampenfieber inklusive. Angesagt war ein Stationentheater unter dem Titel «Perfekt».

Auf eine Vielzahl an Künsten fokussiert

Im dritten Jahr ihrer Ausbildung werden die FMS-Studierenden mit den Schwerpunkten «Soziales» und «Pädagogik» mit einer Bühnenproduktion konfrontiert. Heuer wurde diese von vier Lehrpersonen im Team geleitet: Alex Weibel und Philip Weber waren zuständig für Theaterpädagogik und Dramaturgie, Tamara Gassner für Tanz und Choreografie, Flurin Lanfranconi für Musik und Gesamtverantwortung.

Das Fach «Musisch-szenischer Auftritt» fokussiere bewusst auf eine Mehrzahl an Künsten, so Lanfranconi: Ob Tanz, Theater, Musik oder Performance, die Studierenden probieren zwischen Herbst­ferien und Weihnachten in Workshops und Blockhalbtagen bekannte und unbekannte Fähigkeiten aus. Ziel ist eine Aufführung Ende Januar, in der alles verwoben wird. «Unser Konzept ist bewusst offen», sagt Lanfranconi, «wir entwickeln aus einem zuvor gewählten Stück etwas Szenisches, dieses gibt den Halt, wir ver­ändern es aber, schreiben es um, suchen die Ausdrucksmittel, ermutigen zum Ausprobieren von Fertigkeiten, welche die Studierenden sich zunächst vielleicht nicht zutrauen.» In intensiver Probenarbeit werden Szenen bestimmt, theatrale, tänzerische oder musikalische Angebote gemacht, Reaktionen provoziert, Feedbacks erteilt. In einem Selbsterfahrungs­prozess, der von den Lehrpersonen spiegelnd begleitet wird.

Nebst dem Erwerb neuer Auftrittskompetenzen hat diese Arbeit gemäss Lanfranconi auch einen Kulturvermittlungsaspekt, «denn die Vorstellungen der jungen Erwachsenen, was etwa Theater sei, sind stark und oft einseitig von Social Media geprägt. So war ihnen beispielsweise das Konzept des Stationentheaters total fremd, und wir mussten sie ermuntern, sich an das Aneinanderreihen von Szenen an unterschiedlichen Orten heranzutasten.»

Hürden dieser Art würden bewusst eingebaut, Unsicherheit ausgehalten, denn der Weg sei das Wichtige, als gemein­same Knochenarbeit bei der Suche nach Lösungen für den Höhepunkt – die Aufführung. Lanfranconi strahlt Begeis­terung aus: Bühne simuliere so etwas wie einen Ernstfall, in dem man sich bewähren müsse. Die jungen Menschen sollen dabei nicht blossgestellt, sondern zu einem Erlebnis des «Ich kann’s» geführt werden. Das ist ihm ein Herzensan­liegen.

Anti-Perfektionismus als Programm

Das Stück «Wir sind perfekt» von Andreas Kroll, die Vorlage für das FMS-Stationentheater 2023, begann in der Aula mit der unperfekt «perfekten» Ansage von zwei Moderatoren und nahm das Publikum, in Gruppen aufgeteilt, mit in diverse Schulräume, wo in absurd-makabren Sketches der Perfektionismus-Zwang auf die Schippe genommen wurde. In wechselnden Rollen, Gendergrenzen fröhlich missachtend, karikierten die Jugendlichen das perfekte Date, einen fast perfekten Mord, den perfekten Schwiegersohn oder eine groteske Schönheitsklinik – mit Sprechakten, Choreografien, Songs und Saxofoneinlagen.

Nicht alles war perfekt auf diesem Rundgang, manchmal gab es örtlich-zeitliche Kollisionen, die Moderatorinnen mussten sich was einfallen lassen. Aber genau darum ging es – der Titel war Programm. (Text von Dorotea Bitterli)