Wer Platz will, muss früh da sein

Musik

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Einmal mehr vollbesetzte Reihen am Konzert zum Jahresbeginn: Der Chor Bruder Klaus Oberwil ist fest mit dem Dorf verbunden.

  • Die Kirche Bruder Klaus in Oberwil war am Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. (Bild Stefan Kaiser)
    Die Kirche Bruder Klaus in Oberwil war am Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. (Bild Stefan Kaiser)

Oberwil b. Zug – Die Ortsansässigen wissen es: Wer in der «Musikalischen Feierstunde» einen guten Platz will, sollte mehr als eine halbe Stunde früher in der Kirche Bruder Klaus in Oberwil sein. Etwa zehn Minuten vor Konzertbeginn erfolgte ein Aufruf, man solle doch bitte etwas enger zusammenrutschen, weil viele Ankommende keinen Sitzplatz mehr fänden.

Mit der Messe in D von Otto Nicolai, dem Doppel-Violinkonzert von Antonio Vivaldi und drei kürzeren A-cappella-Chören erlebte das Publikum auch dieses Jahr erneut eine ausgezeichnete Konzertstimmung.

Musiker wachsen zu festem Ensemble zusammen

Armon Caviezel hatte den diesmal an die 60 Mitwirkende umfassenden Chor, der aus dem Chor Bruder Klaus Oberwil und einigen Zuzügern bestand, in gewohnt sehr guter Manier auf seine Aufgabe vorbereitet. Auch nach dem Wechsel der Konzertmeisterin von Romana Pezzani zu Helen Steinemann spielten wieder grösstenteils die gleichen Instrumentalisten, sodass das «Ad-hoc-Orchester» immer mehr zu einem festen Ensemble zusammengewachsen ist.

Was man nicht ändern kann: Das Podium wird jedes Jahr bis in die letzte Ecke mit den ausführenden Musikern gefüllt, so war es auch dieses Mal. Die Architektur der Kirche verunmöglicht unter diesen Voraussetzungen eine optimale Platzierung der Vokalsolisten.

Erfolg in verschiedenen Sparten der Musik

Otto Nicolai (1810–1849) hat vor allem mit der Oper «Die lustigen Weiber von Windsor» Weltruhm erlangt. Unvergessen bleibt er auch als Gründungsinitiant der bis heute international bekannten Wiener Philharmoniker. In seinem kurzen und recht unsteten Leben befasste er sich in wechselndem Erfolg mit den verschiedensten Sparten des Musikbetriebs. Neben dem Erfindungstalent für Melodien und Harmonien fand Nicolai auch den notwendigen Ernst zum Schaffen einer bis heute als vollgültig empfundenen Messekomposition. Armon Caviezel unterstützte dies durch eine geschickt abgestufte Dynamik und eine meist angemessene Tempowahl. Einzig Anfang und Schluss des Gloria kopierten zu stark die sehr raschen Tempi der professionellen Aufnahmen; so waren einzelne Ungenauigkeiten fast unvermeidlich.

Nicht nur nach dem Aufwand für die Vorbereitung, sondern ebenso für die eigentliche Interpretation leistete der Chor den Hauptanteil. Der umfangreiche und teilweise auch schwierige Notentext wurde sicher beherrscht.

Obwohl das Problem der Überalterung auch am Oberwiler Chor nicht spurlos vorbeigegangen ist, gelang die allermeiste Zeit eine tadellose Intonation, wie sie nur mit intensiver Stimmschulung durch eine grosse Zahl von gut geleiteten Proben erreicht wird. Nicht voll kompensieren liess sich die deutliche Untervertretung der Männerstimmen; dem Chorbass hätte man insgesamt gerne nach der Tiefe etwas mehr Volumen gegönnt. Die im Programmheft ausführlich vorgestellten vier Vokalsolisten traten von der Komposition her meist als Quartett auf. Trotz individuell guter Gestaltung, vor allem durch die Oberstimmen, entstand aber nicht immer ein homogener Gesamtklang.

Prägnante Aussprache und geschickte Klangbalance

Überzeugend wirkten die unbegleitet vorgetragenen Chorsätze von Armin Caduff (*1949), Gion Duno Simeon (1906–2000) und Max Reger (1873–1916). In drei erweiterten Strophenliedern erfreute nicht zuletzt eine prägnante Aussprache.

Zum Konzertbeginn waren die Streicher unter sich: Im Konzert a-Moll von Antonio Vivaldi beeindruckte eine geschickte Klangbalance zwischen den beiden Violinsolistinnen und dem häufig ohne Generalbass spielenden Orchester. Die beiden ausgezeichneten Solistinnen Helen Steinemann und Regula Dodds sind beide als Schwestern der Familie Müller in Baar ­aufgewachsen. Der intensive Schlussapplaus in der zum Bersten gefüllten Kirche Bruder Klaus wurde mit der Zugabe des traditionellen Abendlieds nach jeder Chorprobe verdankt. Ja, Bevölkerung und Kirche von Oberwil stehen zu ihrem Chor. (Jürg Röthlisberger)