Traumfrau crasht in sein Leben

Literatur & Gesellschaft

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Der Zuger Manuel Gübeli hat seinen ersten Roman publiziert.

  • Manuel Gübeli. Bild: zvg
    Manuel Gübeli. Bild: zvg

Zug – Er. Das ist ein junger Typ, neurotisch, verschlossen, mit vielen Gedanken, selbstironisch bis zur geistigen Selbstkasteiung. Wobei er mit seinen Mitmenschen nicht weniger hart ins Gericht geht als mit sich selber. Etwa mit seinem Vater. Oder der Psychotherapeutin, zu deren Besuch ihn der Vater via testamentarische Verfügung zwingt.

Dieser krasse Nerd trifft im Bus auf ein wundervolles weibliches Geschöpf. Wörtlich, denn als er sich auf dem Sitz umdreht, ist er quasi Lippen-an-Lippen mit der hinter ihm sitzenden Elena. So startet der Zuger Manuel Gübeli, der 1999 bis 2010 für die Zeitung tätig war und heute als Autor und Filmemacher in Basel lebt, seinen ersten Roman.

Er. Hat ihm der Zufall zum Glück verholfen? Glück? Man muss abwarten. Zufall? Hat sie das Treffen nicht eher herbeigeführt? Und sofort schlägt sie vor, in seiner Wohnung Sex zu haben. Schliesslich breche die Welt zusammen. Man versteht, dass er Letzteres in der Aufregung überhört. Tatsächlich aber vernimmt sie ständig sich nahende Kriegsgeräusche. Die Apokalypse.

Er. Ist verliebt. Aber der Denker in eigener Sache kann nicht einfach geniessen. Will wissen, was das ist zwischen Elena und ihm. Derweil diese ihm seltsame Aktivitäten offenbart: Sie führt unaufgefordert Renovationen durch. Und zwar so, dass sie niemand bemerkt. Hülle als Kunst als Selbstzweck.

Wie es mit diesen zwei spannenden Figuren herauskommt, verraten wir nicht. Ausser, dass am Ende ein David Cronenberg grüssen lässt. Nebst der Inter­aktion zeigt der Roman die zwei Sichtweisen, sie bleibt extro-, er introvertiert. Was innere Monologe nach sich zieht. In diesen offenbart Gübeli steten Witz und philosophisches Denkvermögen. Ist es selbstironisches Understatement, wenn er seine Hauptfigur sagen lässt: «Aber hey, das kann ich: Über irgend­etwas so reden, als wüsste ich, worum es geht. Weshalb ich ununterbrochen mit Pointen davon abzulenken versuche, dass ich eigentlich keine Ahnung von irgendwas habe.»

Ohnehin lässt Gübeli öfter offen, ob in den Monologen eigene Weltanschauung auftritt. Oder wie stark er sich von seiner Hauptfigur distanziert. Macht nichts! Man darf ja etwas mitdenken. Und sich auf die schräge, tragische und provozierende Welt dieses Romans einlassen.

Manuel Gübeli: Die bestmögliche Vermutung. Aris Verlag, 190 Seiten.


(Text: Arno Renggli)