Im Gleichschritt finden sie ihr Glück
Theater & Tanz
Im Lokal der Skippy Dancers gibt es kein Sommerloch. Im kleinen Übungslokal üben eher ältere Frauen und Männer Line Dance und das mit Verve.
Steinhausen – Das Steinhauser Industriequartier Sumpf wirkt am Abend jeweils wie ausgestorben. Doch da ist plötzlich aus der Ferne Countrymusic zu hören. Die Quelle ist schnell gefunden: das Übungslokal der Skippy-Dancers. Dort lassen sich Frauen und Männer trotz hochsommerlicher Temperaturen in die Geheimnisse des Line Dance einführen.
Wie viele Tanzformen hat auch diese ihren Ursprung in Nordamerika. Es handelt sich dabei um eine choreografierte Abfolge von Schritten, die zur Musik passen, die im Hintergrund zu hören ist. Countrysongs kommen am häufigsten als Klangteppich zum Einsatz. Doch wie Felix Beckert versichert, eigne sich auch Popmusik. Der 51-Jährige, den in der Szene alle Skippy nennen, ist der Leiter der Tanzschule, die seinen Übernamen trägt.
Wie viele verschiedene «Line»-Tänze es gibt, ist kaum eruierbar. Es dürften, so Beckert, gut und gerne über 2500 sein. Es geistern aber auch höhere Zahlen herum. Beckert selber sagt jedoch bescheiden: «Ich habe so um die 150 Tänze im Kopf.» Und das, obwohl er schon lange in der Szene aktiv ist. In diesem Business ist etwas sehr hilfreich. «Wenn ich ein Musikstück höre, weiss ich, wie ich dazu tanzen kann», sagt Beckert. Der Grund: Line Dance setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen, die zusammengenommen einen Tanz ergeben. Häufig ist dabei eine Folge von acht Schritten, ehe das nächste Modul zum Tragen kommt.
Ein Drehbuch als Hilfsmittel
Beckert hat dabei für seine Kursteilnehmer für die verschiedenen Tänze, die Namen wie «Chattahoochee», «Love Trick», «Walk the Line» oder «Beer for my Horses» tragen, jeweils ein Faktenblatt zusammengestellt, auf der das Drehbuch der Schritte und Bewegungen genau aufnotiert ist. Und ohne üben kommt kein Segen. Das bestätigt auch der Baarer Ruedi Eckstein, der zu Hause immer wieder das Tanzbein schwingt. Aber noch lieber tanzt der Rentner in der Gruppe. Für ihn ist der Kursbesuch eine gute Möglichkeit, «um unter die Leute zu kommen».
Line Dance selber bezeichnet Eckstein «als anspruchsvoll». Der Rentner lernt aber schnell. Vor einem Jahr hat er mit Line Dance begonnen und hat heute schon 60 Tänze im Kopf. Bei den Skippy-Dancers ist er ein Exot, denn Männer sind in diesem Segment der Freizeitgestaltung krass in der Minderheit. Felix Beckert denkt, dass rund 90 Prozent seiner Kundschaft weiblichen Geschlechts sind. Doch Probleme hat er damit nicht. Der Umgang der Kursteilnehmer ist freundschaftlich, ja fast schon familiär. Viele begrüssen sich mit drei Wangenküssen.
«Es macht einfach grossen Spass»
Doris Strickler aus Menzingen kommt jedenfalls immer gerne ins «Training». Sie schätzt, dass «ich allein tanzen kann und trotzdem zu einer Gruppe gehöre». Unter den Teilnehmerinnen ist sie dabei eine der jüngeren. Viele Frauen, welche die Kurse im Lokal der Skippy Dancers besuchen, sind eher dem älteren Semester zuzurechnen. Sie schätzen wie die Baarerin Monika Frei die Abwechslung vom Alltagstrott: «Es macht ganz einfach grossen Spass.» Frei vergisst aber nicht anzufügen, dass jeder, der Line Dance betreibt, nicht nur körperlich gefordert wird. Fast noch wichtiger als die Kondition sind Konzentration und Koordination. Die Teilnehmer müssen komplexe Schrittformen im Kopf haben. Jedenfalls wird zwischen den Übungen kaum ein Wort gesprochen und nicht immer hilft ein Blick zur Nachbarin. Elementar ist, dass keiner aus dem Takt fällt. «Du braucht bei diesem Tanz auch das Hirn», sagt Gabriella Dossenbach aus Baar. Für die 53-Jährige ist Line Dance zu einem wichtigen Anker im Wochenablauf geworden. Derzeit besucht sie zwei Kurse und nimmt sich auch noch die Zeit, am Wochenende im Dancing Duke in Sihlbrugg dem Line Dance zu fröhnen.
Bei den Skippy-Dancers können Anfänger sich sukzessive von Kurslevel zu Kurslevel «emportanzen». Beckert bietet Kurse auf zwölf Stufen an. Pro Level, so sagt er, werden acht bis zehn Tänze vermittelt. Da gibt es noch viele Stufen zu erklimmen. Und Line Dance scheint im Trend zu sein. Beckert unterrichtet derzeit 160 Kursteilnehmer. Tendenz steigend. Es gibt auch immer wieder Schnupperkurse für Neulinge. Zudem eröffnet Beckert im Kanton Schwyz noch zwei Lokale.
Und mittlerweile ist diese Tanzrichtung auch Bestandteil des kantonalen Angebots «Sport über Mittag». Die Ideen für neue Tänze dürften Felix Beckert eh nicht ausgehen. Auf seinem Laptop sind 2000 Musikstücke gespeichert. (Marco Morosoli)
HinweisMehr Informationen zu den Skippy Dancers finden Sie unter www.skippy-dancers.ch.