Ein Sprung durch den Kulturkuchen

Dies & Das

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Fast zehn Jahre lang leitete Andrea Schelbert die operativen Geschicke der IG Kultur Zug. Sie war zentrale Anlaufstelle für Künstlerinnen, Vereine und Veranstalter. Nun zieht sie zwar weiter, bleibt der ­Kultur aber erhalten.

  • Andrea Schelbert an ihrem neuen Arbeitsort: Sie ist neue Kulturbeauftragte der Gemeinde Baar.
    Andrea Schelbert an ihrem neuen Arbeitsort: Sie ist neue Kulturbeauftragte der Gemeinde Baar.
Zug – Dieser Artikel ist in der Oktober-Ausgabe des Zug Kultur Magazins erschienen (#83). Hier geht es zu weiteren Artikeln.

Wer etwas mehr über die abtretende Geschäftsfüh­rerin der IG Kultur Zug wissen will, der muss sie ­fragen. Denn Geschriebenes über sie findet sich kaum. Doch jetzt steht Andrea Schelbert, die jahrelang die Fäden im Hintergrund von Zug Kultur spann, im Fokus. Und das ist eigentlich nicht so ihr Ding.
Wir sitzen im Kafi Speck in Baar, wenige Häuser von Schelberts neuem Arbeitsplatz entfernt, draussen regnet es schon den ganzen Tag. Es ist definitiv Herbst geworden, und nach neun Jahren endet jetzt Schelberts Zeit bei der IG Kultur Zug. Das hört sich furchtbar melodramatisch an, doch das ist es nicht.
Schelbert wird Kulturbeauftragte der Gemeinde Baar, und das passt perfekt. Denn Andrea Schelbert wurde in Baar geboren und ist hier aufgewachsen. Sie lebt in Baar und engagiert sich in Baar. Seit ihrer Kindheit ist sie in der Fröschenzunft Ebel. Und vor wenigen Jahren waren ihr Mann und sie gar das Zunftmeisterpaar. Sie sei froh, durch die IG zur Kultur gekommen zu sein, sagt Schelbert. Bevor sie vor neun Jahren auf das Inserat stiess, war sie zuletzt in einer Werbeagentur angestellt, hatte in der Kommunikation und Projektarbeit gearbeitet, die Handelsschule abgeschlossen. Für die IG brachte sie damit das Handwerk mit, nicht jedoch das Netzwerk in der Kultur. «Ich kannte mich nicht aus im Zuger Kulturkuchen.» Dies hat sie in den vergangenen Jahren geändert, und die Erfahrungen, das Netzwerk, nimmt sie nun mit in die neue Stelle.

Neue Aufgaben
Die Zukunft hält frische Herausforderungen bereit. Erstmal müsse sie die Verwaltung, das ganze Gefüge und seine Strukturen kennen lernen. Sie werde ein Schwamm sein, habe sie sich vorgenommen, alles aufsaugen und dann sehen, welche Möglichkeiten sich auftun.
«Wechsel sind immer gut, man will ja nicht betriebsblind werden», sagt sie. Sie freue sich darauf, neue Ideen zu entwickeln, Strukturen aufzubrechen, und sie erhoffe sich das auch von ihrem Nachfolger bei der IG Kultur Zug,
Severin Barmettler (siehe Box).
Die 48-Jährige begann bei der IG Kultur Zug zu der Zeit, als das Zug Kultur Magazin lanciert wurde. Das sei ein Meilenstein für die IG gewesen, aber auch sehr viel Arbeit. «Das Heft zum Leben zu erwecken und stetig neu zu füllen, war kein Leichtes. Man muss immer dranbleiben», sagt Schelbert. Gerade zu Beginn habe die grosse Herausforderung vor allem darin bestanden, vieles alleine zu stemmen, sich selbst immer wieder neu zu ­motivieren und Ideen zu generieren. «Gleich­zeitig waren die Selbstständigkeit und Freiheit auch ein grosser Vorteil. Ich konnte alles selbst gestalten.»

So viele Reaktionen wie noch nie
Während der letzten Monate jedoch, in der Pandemie, habe es sich oft nur nach Funktionieren angefühlt. «Wir mussten das Heft füllen, obwohl reihenweise Veranstaltungen und Inserate wegfielen.» Schelbert ist stolz darauf, wie das Team diese Herausforderung gestemmt hat. So viele positive Reaktionen hätten sie noch nie bekommen. Dabei habe sie stärker als zuvor gespürt, welche Rolle das Heft in der Zuger Kultur eingenommen hat, «wie wichtig das Magazin für die Kulturszene auch als Plattform ist».
Sie habe sich sehr mit der IG Kultur Zug identifiziert, sagt Schelbert. «Und ich geniesse es, im Kulturumfeld unterwegs zu sein, auch wenn ich nicht ständig auf der Piste bin.»

Zeit des Generationenwechsels
In den rund zehn Jahren habe sich vieles getan. «Als ich bei der IG anfing, haben sich die Kulturinstitutionen kaum ausgetauscht. Einige sprachen überhaupt nicht miteinander. Ignorieren wäre das richtige Wort.» Heute herrsche eine ­andere Stimmung. «Ich habe das Gefühl, es hat ein Generationenwechsel stattgefunden, man geht Dinge eher gemeinsam an, ich beobachte mehr Austausch und weniger Konkurrenz­denken», so Schelbert.

Doch den Zuger*innen sei oft nicht bewusst, wie gut es ihnen in diesem Kanton gehe. «Die Bedingungen gerade für Kulturschaffende sind wirklich aussergewöhnlich. Bei Sitzungen mit Organisationen in anderen Kantonen fiel mir das immer wieder auf», so Schelbert. Auch durch seine Grösse habe Zug viele Vorteile, betont sie. Der Kulturkuchen sei überschaubar, Netzwerke und Beziehungen sind einfach aufzubauen.

Faible für Sinfonieorchester
Zudem existiere noch immer eine starke Dorfkultur, mit all ihren Theatern, Vereinen und Zünften. Ihr sei auch deshalb wichtig, dass der Kulturbegriff breit verstanden werde, dass beispielsweise Dorf- und Vereinskultur mit eingeschlossen werde und man sich nicht nur mit den Sparten beschäftige. Sie persönlich habe ein grosses Faible für Sinfonieorchester – für Hornbläser ganz besonders, für das Volumen, die Säle, auch grosse Freilichtspiele haben es ihr ­angetan.
Doch nein, es müsse nicht alles mit der grossen Kelle angerührt sein. Ganz im Gegenteil. Sie freue sich nun vor allem darauf, Einblick in die unterschiedlichsten Projekte zu gewinnen, sie zu begleiten und zu unterstützen.

(Autorin: Jana Avanzini)



Box: Zu Severin Barmettler

Die IG Kultur Zug kann mit Severin Barmettler einen neuen Geschäftsführer mit Leistungsausweis und vielschichtiger Erfahrung im Kulturbereich gewinnen.
Er wird ab 1. Dezember 2021 die Aufgaben der abtretenden Geschäftsführerin Andrea Schelbert übernehmen.

Severin Barmettler wechselt zur IG Kultur Zug vom Luzerner Theater, dort ist er seit 2017­ ­tätig. Er wurde 1987 in Emmetten/Nidwalden geboren und studierte zunächst Kontrabass am Conservatorio della Svizzera Italiana und an der Hochschule der Künste Bern. An der Universität in Zürich absolvierte er eine Ausbildung in Kulturmanagement und erlangte den Executive Master in Arts Administration. Er bringt langjährige Erfahrung im Kulturbereich mit, unter anderem als Leiter Marketing und Kommunikation beim Luzerner Theater. Barmettler verfügt aufgrund seiner beiden Rollen als Kulturmanager und Musiker – unter anderem im 21st Century Orchestra und in der Formation klangcombi – über verschiedene Perspektiven auf das Kulturgeschehen. Er ist in der Zentralschweizer Kulturszene bestens vernetzt.

Info: IG Kultur Zug
Die IG Kultur Zug ist die Dachorganisation der kulturellen Organisationen und Insti­tutionen im Kanton Zug.
Neben der Interessensver­tretung gegenüber den Behörden und der ­Öffentlichkeit bestehen die Hauptaufgaben im Betrieb des Webportals www.zugkultur.ch, der damit verbundenen Herausgabe des Zug Kultur Magazins (zehn Mal pro Jahr) und der Plattform für Kultur­vermittlung.